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PR 2694 – Todeslabyrinth

PR 2694 – Todeslabyrinth

Titel: PR 2694 – Todeslabyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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Sie tut es nicht aus Pflichtgefühl, sondern es ist eine impulsive Geste, und für einen Moment ist sie wieder mein kleines Mädchen. Ich weiß, sie kann nicht mehr weinen, doch ich kann spüren, dass irgendwo tief in ihr die Liebe zu mir lebt und dass sie in diesem Moment bewusst Liebe empfindet. Ich hoffe, sie wird das nicht vergessen und mitnehmen auf ihre Reise.
    Ich gräme mich nicht, dass sie anders ist, denn so wird sie vielleicht Bedauern empfinden, aber keine Trauer, und das ist gut. Sie soll nun nach vorn blicken und sich auf ihr Leben als Sayterranerin konzentrieren, ohne den Ballast und die Emotionen der Vergangenheit. Sie ist so jung und nun praktisch neugeboren. Zeit für einen Neuanfang, als Erste eines neuen Volkes.
    Ich bin stolz auf meine Tochter, ich werde es immer sein.
    Und ich weine auch nicht, darüber bin ich hinaus. Wir halten uns fest.
    Doch auch dieser Moment schwindet.
    Zeit, zu gehen.
    »Es ist kein Abschied auf immer«, flüstert sie in mein Ohr. »Wir werden uns in Wirklichkeit näher sein denn je. Glaub daran. Meine Wünsche begleiten dich.«
    Sie sagt noch ein bisschen mehr in der Richtung, und das ist so viel Trost, dass ich vollständig davon erfüllt werde. Ich bin glücklich.
    Dann geht sie, und ich schließe die Augen.
     
    *
     
    Mein Name ist Shamsur Routh.
    Sie haben es noch einmal geschafft, mich aufzuwecken, mich hochzurütteln. Ich konnte zusammenhängend denken! Ich weiß nicht mehr, wann ich das letzte Mal dazu in der Lage gewesen bin. Wirklich! Sie lachten, also Palko und dieser Mediker, dessen Namen ich immer vergesse, als ich das äußerte, und sagten, mein Kurzzeitgedächtnis sei völlig im Eimer, es wäre nämlich erst ein paar Stunden her.
    »Und was habe ich verpasst?«, wollte ich wissen, da meinten sie: »Nichts. Aber jetzt, jetzt streng dich an, sonst verpasst du wirklich etwas.«
    Und so wäre es auch gewesen.
    Aber ich war klar, ich war aufmerksam.
    Denn ich erhielt das schönste Geschenk: Anicee war da! Ich habe sie gesehen, wirklich und leibhaftig. Ich habe sie im Arm gehalten. Wie sehr ich sie liebe.
    Und wie dankbar ich für ihre letzten Worte bin. »Dein Tod soll nicht umsonst sein.«
    Das ist ein wunderbarer Trost für mich. Egal, ob sie es aufrichtig gemeint hat oder nicht. Es tat mir schon leid, dass sie nicht geweint hat. Diese Fähigkeit nicht mehr zu haben nimmt viel von dem, was menschlich ist. Sie will mich nicht verlieren, aber sie ist gefasst. Anicee behauptete sogar, sie kenne vielleicht eine Lösung für meine Rettung. Ich habe sie nicht korrigiert, soll sie sich doch dieser Illusion hingeben, wenn es ihr den Abschied erleichtert. Sie ist so jung. Da sind solche Selbstlügen gestattet.
    Ich bin dankbar, dass ich ein letztes Mal klar sein durfte. Dass ich in der Lage war, Abschied zu nehmen.
    Nun habe ich meinen Frieden.
    Ich hadere nicht, ich zürne nicht.
    Schöne Worte, nicht wahr? Stammen aus einem sehr alten Roman, den ich mal während einer Recherche zur historischen Literatur aufgetrieben hatte. Hat mich damals ein halbes Jahr beschäftigt, und am Ende wurde dann doch nichts draus. Aber es blieb einiges an Aphorismen, Zitaten und Phrasen hängen, mit denen ich dann angeben konnte.
    Und dies ist also das Ende, der abschließende Eintrag. Ich werde gleich die letzte Archivschachtel verschließen, die dann einsam durch den Leerraum dahintreiben wird, ohne jemals irgendwo anzudocken.
    Ich bin durch alle Phasen gegangen und nehme mein Schicksal an.
    Aus meinem Roman wird nun nichts mehr.
    Lebt wohl.
     
    *
     
    Nacht lag über der Wüste Gobi, über Terrania, über dem Goshun-See. Mächtige Gebäude ragten hoch in den Himmel hinauf. Eines davon war relativ neu und ein Haus der Heilung.
    Die meisten Zimmer lagen im Dunkeln, auf einer Etage jedoch war in einem Raum alles hell erleuchtet.
    Zwei Menschen darin beugten sich über einen Sterbenden. Sie sprachen leise und schnell, ohne sich dabei anzusehen.
    »Sein Herz schlägt immer langsamer. Sollen wir ...?«
    »Nein. Es ist so weit. Wir lassen ihn in Frieden gehen.«
    »Saram ... ich bleibe bei ihm.«
    »In Ordnung, Palko. Danke!«
    »Er schläft so ruhig und friedlich.«
    »Ja. Vielleicht wacht er sogar noch einmal auf. Das Schlimmste hat er jedenfalls überstanden. Er muss nicht mehr leiden.«
    »Was ist, wenn seine Tochter zurückkommt? Ich glaube, sie und dieser Chourtaird hecken etwas aus. Kaum hat sie das Zimmer verlassen, da hat sie schon Kontakt aufgenommen und sich auf den Weg zu dem

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