PR 2694 – Todeslabyrinth
übernahm die Antwort. »Sham wird etwas Wunderbares zuteil, Henri. Falls er zustimmt. Es ist allein seine Entscheidung. Chourtaird ermöglicht ihm lediglich die Wahl, aber er zwingt ihn nicht, und er tut ihm auch nichts an. Es hat nichts mit den Sayporanern direkt zu tun, was hier geschieht.«
» Wir werden sein Gehirn nicht nutzen, falls du das annehmen solltest«, fügte der Konsul hinzu.
»Aber ... wozu das alles ...«
»Du kannst alles erfahren – wenn du mitkommen willst.« Anicee zeigte zum ersten Mal ein Lächeln, und die ablehnende Haltung ihrer Mutter gegenüber entspannte sich.
»Mitkommen? Wohin?« Henrike runzelte die Stirn. Sie war die Erste Terranerin, sie konnte nicht einfach irgendwohin mitkommen. Sie hatte Termine, sie musste regieren, die Ordnung aufrechterhalten. Für Privates blieb keine Zeit, das war nun einmal so, ihr Aufenthalt hier war schon »gestohlen«.
Dennoch ... sie hatte die Frage gestellt. Warum wollte sie es wissen, wenn sie anschließend die Antwort gar nicht zu erfahren wünschte? War das nur eine Floskel gewesen, weil sie wegen der Leichenschändung empört gewesen war?
»Es ist nur ein kleiner Ausflug mit einem Transitparkett«, fügte Anicee hinzu. »Kaum der Rede wert. Du bist wahrscheinlich schneller wieder zurück, als du abgereist bist.«
»Kannst du dich an Aiden Cranstoun erinnern?«, fragte Chourtaird.
»Aber sicher, er befindet sich hier in der Klinik«, antwortete Henrike. »Er war Besatzungsmitglied der BOMBAY und ist der Zwillingsbruder von ...« Ihre Augen weiteten sich. »Von Zachary Cranstoun«, fügte sie erbleichend hinzu. »Wir ... wir reisen nach Faland?«
»Du kommst also mit?«, fragte Anicee, und es klang erfreut.
Henrike wurde erst in diesem Moment bewusst, dass sie »wir« gesagt hatte. Also war bereits die Entscheidung gefallen, sie kam mit. Letzte Chance, und sie sollte sie nicht vermasseln. Einmal über den eigenen Schatten springen. Terra kam auch für ein paar Stunden ohne sie aus.
Und es war letztendlich eine politische Entscheidung – sie musste erfahren, was die Sayporaner vorhatten und was ... Anicee dabei für eine Rolle spielte, ihre Tochter. Sie war von Bedeutung als Mitglied des Umbrischen Rates, noch dazu als Sprecherin. Es war ein schrecklicher, bizarrer Moment gewesen, damals, als der Umbrische Gong das erste Mal erklungen war und Anicee ihrer Mutter deutlich gemacht hatte, dass sie und die übrigen jungen »Sayterraner« nun das Kommando über das Solsystem übernahmen.
Ein schwerer Schlag, der zwischen ihnen bis zu Shamsurs Tod Funkstille bedeutet hatte. Verändert oder nicht, Henrike hatte schwer daran zu tragen, was ihre Tochter ihr angetan hatte.
Doch diese Gefühle durften jetzt keinen Vorrang haben. Anicee war immer noch ihre Tochter, eine junge Frau, die Ordnung war wiederhergestellt, und ... nun, sie sollten wieder miteinander reden. Der Zeitpunkt, da Anicee für immer gehen würde, rückte unweigerlich näher.
Es ging schließlich im Moment um alles, und neben ihr stand Chourtaird, der das Gehirn ihres Mannes – Exmannes – gestohlen hatte. Zu welchem Zweck, das war ihre Aufgabe zu erfahren und nicht nur als Angehörige.
»Ja«, antwortete sie. »Ich komme mit, weil ich es nicht zulasse, dass ihr einfach das Gehirn eines Menschen entnehmt und entführt, ich will wissen, wohin und warum. Das betrifft das ganze Volk, und ich bin die Erste Terranerin.«
»Aiden und Zachary waren sogenannte egozentrische Telepathen«, nahm Anicee den Faden wieder auf, ohne auf diese kleine Spitze einzugehen. »Sie konnten untereinander die Gedanken austauschen, wenn auch mit keinem anderen.«
Henrike Ybarri wusste, dass Aidens Zwillingsbruder auf Faland in dem »Totenhirn« beigesetzt worden war. Shamsur hatte auf bizarre Weise Kontakt zu ihm erhalten. Zachary war noch bei Bewusstsein, am Leben, was auch immer. Dadurch hatte Shamsur bedeutende Informationen erhalten, die er Reginald Bull mitgeteilt hatte und dieser wiederum der Ersten Terranerin.
»Ihr wollt mit Aiden dorthin, um Kontakt zu Zachary aufzunehmen?«
»Das ist der Plan.« Anicee nickte, und auch Chourtaird wandte die menschliche Geste an.
»Dann ...«, Henrike flüsterte nur noch, »dann könnten wir vielleicht auch erfahren ... ob ... ob Shamsur noch lebt ... und dort ist?«
»Ja«, bestätigte der Konsul. »Ich hoffe, dass wir den Kontakt zu meinem Ziehsohn aufnehmen können. Ich werde dir unseren Plan gern unterwegs erläutern, und sicher werden wir alle an
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