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PR 2695 – Totenhirn

PR 2695 – Totenhirn

Titel: PR 2695 – Totenhirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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mehrmals Kontakt zu seinem verstorbenen Zwillingsbruder Zachary. Es gilt nun auszuloten, ob er das Geistesgebilde in unserem Sinne beeinflussen und von unseren Problemen überzeugen kann.«
    »Unser Schicksal soll von diesem Mann da drin abhängig sein?«
    »Und von deinem Mündel, Oberst.« Henrike Ybarri wirkte so, als wollte sie noch etwas sagen, hielt aber dann inne und überlegte. Erst nach einer Weile fuhr sie fort: »Du weißt besser als ich, dass der Durchgang zum Standarduniversum löchrig wird und wir stündlich damit rechnen müssen, dass QIN SHIS Truppen in die Anomalie überwechseln.«
    »Ja.«
    Henrike Ybarri wandte ihm nun erstmals das Gesicht zu, seit sie den Überwachungsraum betreten hatten. »Wir sind in großen Nöten. Wir wurden in die Ecke gedrängt, haben uns von Gegnern vor sich hertreiben lassen. Du als Stratege wirst mir sicherlich sagen können, welche Taktik man in derartigen Situationen anwendet.«
    »Den Angriff«, antwortete Ankersen, ohne nachzudenken.
    »Ganz richtig. Wir haben gar keine anderen Optionen mehr. Reginald Bull setzt am Durchgang zum Standarduniversum alles auf eine Karte. Und wir hier«, sie deutete unbestimmt in Richtung des Krankenzimmers, »stochern im Dunkeln umher und suchen nach Lösungen für unsere Probleme.«
    »Ich verstehe.«
    »Es tut sich etwas«, mischte sich der Bordarzt in die Unterhaltung ein. »Aiden ist eingeschlafen. Er hat die Phase der REM-Latenz mehr oder minder übersprungen und befindet sich bereits in einer Traumphase. Das ist nicht normal ...«
    »Normal ist bei Aiden und seinem Bruder gar nichts.« Ybarri trat näher an das Beobachtungsfenster. »Wie geht es Anka?«
    »Gut«, mischte sich Ankersen ein. »Er ist ruhig und konzentriert. Und er ist bei Cranstoun.«
    »Ich möchte gern eine Diagnose vom behandelnden Arzt.«
    »Du kannst dem Oberst ruhig vertrauen.« Pernemas grinste schief. »Er kennt sein Mündel weitaus besser als ich. Aber zu deiner Beruhigung: Ich messe Ruhewerte an. Hilvards Hirn ist auf niedrigem Niveau aktiv. Alles deutet darauf hin, dass er mit Aiden Cranstoun geht.«
    »Wohin sie wohl reisen?«, fragte die Terranerin.
    »Mir wäre wichtiger zu wissen, ob sie zurückkehren werden.« Ankersen legte beide Hände an die dicke Glasscheibe, die ihn vom Behandlungszimmer trennte. Am liebsten wäre er hinübergegangen und hätte sein Mündel begleitet. Doch dieser Weg blieb ihm verwehrt. Hilvards geistiger Horizont kannte kaum Grenzen. Seine Vorstellungskraft war bislang von keinem Hindernis gestoppt worden.
    Was aber, wenn sich das Totenhirn als zu groß und als zu gewaltig erwies?
     
    *
     
    Ein Traum:
    Aiden trieb durchs Nichts. Weg vom Schiff, weg von Menschen, hinein in schreckliche Leere.
    Falsch. Da war etwas. Jemand. Ein Begleiter. Er roch samten, aber auch blau. Aiden dachte nach und bemerkte, dass er falsch assoziierte. Wie immer, wenn er seinen Bruder suchte. Diese Welt ohne Raum und Zeit war schwer zu begreifen, selbst für ihn.
    Zachary war irgendwo hier draußen. Es erforderte viel Kraft, ihn zu finden. Er lag unter Schichten um Schichten anderer Gedankenträger begraben. Sie träumten und hofften und liebten und hassten und taten und machten in ihren Erinnerungen. Sie waren wie Fäden eines riesigen Wollknäuels. Nur ein winziges Stück davon gehörte Zachary. War Zachary.
    Sein Begleiter ermunterte Aiden, breiter ins Schwarz vorzudringen. Oder tiefer. Es war einerlei, wie man's nannte. Er war eindimensional, war bloß ein Gedanke, der von einem anderen unterstützt wurde.
    Zeit ... Was spielte sie in diesem Zustand für eine Rolle? War sie eine Randerscheinung, ergab sie irgendeinen Sinn? Aiden beschäftigte sich nicht mit diesen Fragen. Er trieb dahin und suchte nach diesem Etwas, das ihn mit seinem Bruder verband.
    Da waren lose Fetzen. Sie trieben an ihm vorbei. Manche umschmeichelten ihn und befühlten neugierig seine Gedankenwelt. Sie wollten wissen, wer und was er war. Er ließ den Kontakt zu. Er war weder beängstigend, noch belästigte er ihn. Vielleicht gehörten diese Treibfelder zu anderen Geschöpfen, vielleicht waren sie aber auch Lebewesen, die diesen Nicht-Raum und diese Nicht-Zeit bevölkerten.
    Der andere neben ihm reagierte anfänglich panisch auf die Berührungen. Sie ängstigten ihn. Doch bald schon erkannte er die Harmlosigkeit der Fetzen und blieb in Aidens Nähe.
    Sie tauschten sich aus, stützten sich gegenseitig. Der andere trug einen Namen, an den er sich nicht erinnerte, und er wusste,

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