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PR 2695 – Totenhirn

PR 2695 – Totenhirn

Titel: PR 2695 – Totenhirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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weiterzuschleichen, hin zu den nächsten Wänden.
    Chimao benötigte eine Weile, bis er sich gefangen hatte. Sein Buckel juckte, und er ließ seinen Kopf noch tiefer hängen, sodass der Tragemantel weit über den Boden schleifte. In den Taschen fühlte er beruhigende Moossteine. Er ließ sie über die empfindlichen Handballen gleiten, immer wieder. Was für ein Mann! Was für ein energisches Wesen Pirlo Mnacem doch hatte! Er war in der Tat ein Pandi.
    »Und nun?«, fragte Bara Ttamia.
    Ihn ekelte vor ihrer Nähe. »Du hast den Stellvertreter gehört. Wir gehen ein letztes Mal an die Wand und memorieren die Epistel. Wir konzentrieren uns auf unsere Stärken. Sobald wir zu einer Einheit gefunden haben, machen wir uns auf den Weg in die Beschaulichkeit.«
    »Warum bist du so seltsam, Chimao? Eben glaubte ich noch, dass du gegen Pirlo Mnacem revoltieren würdest. Und kaum richtete er sich auf, bist du erschlafft und hast seine Anweisungen widerspruchslos hingenommen.«
    »Konntest du es denn nicht spüren?«
    »Was sollte ich fühlen?«
    »Er ist ein Pandi. Ich habe ihn getestet und meine Vermutung bestätigt bekommen. Nichts und niemand kann ihn aufhalten. Er wird uns von unserem Unglück erlösen und zurück in die Heimat bringen. Dies ist unsere letzte Schlacht.«
    »Das mag sein. Aber aus anderen Gründen, als du vielleicht annimmst.«
    »Wir können nicht verlieren. Nicht mit ihm an unserer Seite.«
    »Hör endlich auf mit diesem Unsinn!« Bara Ttamia rieb über ihre Drüsennippel als Zeichen ihrer Verachtung. »Deine Epistel-Litaneien machen uns alle verrückt, ebenso wie dieser Glaube an einen Erlöser.«
    Chimao sagte nichts. Ihm fehlten die Worte wie so oft. Er war ein viel zu schwacher Anführer, um die Frauen seiner Siebenergruppe zufriedenzustellen.
    Aber sie würden es sehen! Er würde recht behalten. Pirlo Mnacem würde sie heil zurück nach Dosanth bringen.
     
    *
     
    Alarm!
    »Die Furcht gehört allein den Dosanthi«, sagte Chimao. »Die Furcht macht die Dosanthi schwach, aber auch stark.«
    »Okená!«, murmelten die Frauen der Siebenergruppe die rituelle Endformel. Sie fassten sich an den Händen, rieben sich gegenseitig die Häute an den Schultern, stampften mit den Beinen auf. Es waren archaische Riten – aber sie halfen, einander auf die kommenden Stunden einzustimmen.
    Sie tapsten durch die Gänge der GONZACK. Durch grässliches Licht, vorbei an anderen Mitgliedern ihres Volkes. Manche von ihnen wirkten noch desorientiert, andere hatten sich bereits in das Agalaria gebracht, in den Zustand der Erregung.
    Chimao wich einem Mann aus, der beinahe die gesamte Breite des Ganges einnahm. Monficht war moosdumm, aber sein Calanda war beeindruckend stark. Er und die anderen Mitglieder seiner Siebenergruppe galten als beherzte Kämpfer, die im Alleingang ganze Besatzungen schwerer Kampfschiffe neutralisiert hatten.
    Chimaos Frauen wankten hinter ihm her. Sie waren nur mäßig erregt und gaben damit ein Spiegelbild seines Zustands ab. Er erreichte seine Höchstleistungen erst im Verbund, in der Beschaulichkeit; und selbst da war er bestenfalls unterer Durchschnitt.
    Sie verließen den Bereich der Wohnkaverne, ihr geschütztes Umfeld. Alles wirkte widerlich. Das Licht, die kahlen Gänge, der Geruch. Da war ein Xylthe, der sich an ihnen vorbeidrängte, gefolgt von zwei Badakk. Wesen, mit denen sie sich arrangiert hatten, deren Ziele sie aber nicht oder nur kaum verstanden. Es schmerzte, ihnen so nahe zu sein, und mit dem Schmerz kam die Wut.
    Chimao schnaufte tief durch. Das Calanmur hatte gut angesprochen bei ihm; diese letzten Minuten der Sammlung, da er sich mit Aggressionen vollgesaugt und in engstem Kontakt mit dem Dosedo gestanden hatte. In seinem Kopf pochte und hämmerte es. Er stieß ein heftiges Schnaufen aus, seine Frauen taten es ihm gleich.
    Ringsum wurde es laut. Atmen, röcheln, geifern, fauchen. Sich von den anderen anstecken lassen. Bereit machen für die Arbeit, für den Kampf.
    Chimao hasste die Badakk und die Xylthen. Schlimmer war bloß noch die Verachtung, die er für QIN SHI empfand. Man hatte ihnen während der letzten Tage Filme gezeigt, immer wieder, in denen der Betrug des mächtigen Wesens dokumentiert war. Wie es sie verlockt und allmählich in seinen Dienst gezwungen hatte, wie es ihre Gaben genutzt und wie es sie immer tiefer in eine Abhängigkeit getrieben hatte. So weit, dass sie beinahe vergessen hatten, wie es zu Hause war, in den heimischen Kavernen, umgeben von prächtigem

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