PR 2699 – Das Neuroversum
bemerkte geistesabwesend, dass seit geraumer Zeit das Jaulen von Alarmsirenen durch die Zentrale von MIKRU-JON hallte. Nun mischte sich ein weiterer Ton in das nervenzerfetzende Crescendo.
Eroin Blitzers Weltenschiff! Der Alarm galt dem zuvor perfekt getarnten Weltenschiff, das nun seine Tarnung aufgab und auf die LEUCHTKRAFT zuhielt.
Was hat Blitzer vor?, fragte sich Rhodan. Will er die Kosmokratenwalze rammen, wie zuvor TAFALLA es getan hat?
Das Weltenschiff erreichte die LEUCHTKRAFT, schien sie zu berühren. Ein grelles Licht blitzte auf, nahm Rhodan kurz die Sicht. Als es erlosch – oder die Holofilter sich darauf eingestellt hatten –, hatte Sholoubwas Wunderwerk sich zur Hälfte über die kobaltblaue Walze geschoben. Die beiden Schiffe schienen sich an dieser Stelle zu überlappen, aber die Bilder, die die Ortung lieferten, waren nicht eindeutig, blieben seltsam verschwommen.
Blitzer hat seine Entscheidung getroffen!, dachte Rhodan dankbar und erstaunt zugleich. Er hat zwischen Loyalität und Freundschaft gewählt!
»Dieses Energiechaos kann ich nicht mehr entschlüsseln!«, brüllte Nemo Partijan durch die Zentrale. »Hier ist auch MIKRU-JON überfordert! Ist der Pedopolschirm aktiviert?«
»Ist aktiviert!«, bestätigte Mikru.
»Schalte den Alarm aus!«, sagte Rhodan. »Wir wissen, was passiert!«
Mikru kam dem Wunsch nach, und Stille legte sich über die Zentrale. Doch sie zerrte genauso an Rhodans Nerven wie der Lärm zuvor.
»Mikru«, befahl Rhodan leise, aber entschlossen, »fahr die Kompritormlader auf höchste Leistung hoch. Und mach die Dimensionstransmitter einsatzbereit!«
Er würde sich diese Chance nicht entgehen lassen. Wie auch immer Delorians Pläne aussahen, wenn er die aussichtsreiche Gelegenheit bekam, die LEUCHTKRAFT kampfunfähig zu machen, würde er sie nutzen. Zerstören konnten sie die Kosmokratenwalze wohl kaum, aber das war nicht in seinem Sinne. Nicht nur, dass Alaska an Bord war, er musste zudem die langfristigen Folgen seiner Aktionen bedenken. Die Kosmokraten würden es nicht einfach hinnehmen, wenn man eins ihrer Schiffe vernichtete ...
»Wir haben sie!«, flüsterte Delorian. Sein Gesicht war zu einer starren Maske geworden, so stark konzentrierte er sich auf das, was die Holos zeigten. »Wir haben die LEUCHTKRAFT in die Knie gezwungen! Und sie ist bewegungsunfähig!«
Rhodan dachte an Alaska. Wenn das Kosmokratenschiff durch den Beschuss doch vernichtet werden sollte?
Aber Alaska hatte seine Entscheidung getroffen. Er hatte sich für Samburi Yura geopfert; sein Leben war verwirkt.
Sechzig Stunden, dachte Rhodan. Vielleicht war Alaska ihm sogar dankbar, wenn er diese Frist verkürzte, dem grausamen Warten auf den Tod ein Ende machte.
Rhodan warf einen Blick auf das Kaninchen. Es war noch unter seinem Energieschirm gefangen, bekam wohl als einziger Anwesender in der Zentrale von MIKRU-JON nicht mit, was mit der LEUCHTKRAFT geschah.
»Danke, DAN!«, sagte Delorian leise.
Rhodan räusperte sich. Vor ihnen lag schutzlos die Kosmokratenwalze mit ihrer irisierenden Oberfläche. »Wir müssen es zu Ende bringen«, hörte Rhodan sich sagen. »Das Schiff darf nicht von hier wegkommen! Aber versucht, es nicht zu vernichten!«
»Samburi, Ennerhahl, konzentriert euch auf die untere Abschlusskuppel«, rief Delorian. »Feuer frei!«
Rhodan dachte an Alaska. Er wollte die Augen schließen, konnte es aber nicht. Gebannt starrte er auf die Holos.
Und wartete. Und wartete.
Die Sekunden zogen sich endlos lange dahin.
Schließlich bündelten alle Schiffe, die kleine SYZZEL, die TOLBA, die Lichtzelle und das Weltenschiff, ihre Waffen und richteten sie auf das von Delorian bezeichnete Ziel aus.
Jetzt ist es so weit!, dachte Rhodan. Jetzt!
Die Strahlen schlugen in die Walze der Kosmokraten ein.
Und gingen wirkungslos hindurch.
*
Fassungslos starrte Delorian auf das unversehrte Schiff: »DAN hat die LEUCHTKRAFT abgeschaltet! Sämtliche Aggregate müssen außer Funktion sein!«
»Perry! Das Raum-Zeit-Gefüge um uns verändert sich geradezu dramatisch!«, rief Mikru.
Rhodan ignorierte sie. Ihm wurde abrupt klar, wo der Denkfehler seines Sprösslings lag.
»Das changierende Wabern auf der Oberfläche der Walze muss zur baulichen Essenz des Schiffes gehören«, sagte er. »Der Diffusor-Effekt ist stets in Funktion, auch ohne die Energieversorger!«
Delorian sah ihn an. »Du meinst ...«
»Das Schiff braucht im Gegensatz zu all unserem Technikverständnis
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