PR 2707 – Messingträumer
mahnte er sich. Vermeintliche Ähnlichkeiten waren wie ein Deckmantel für das, was den Unterschied ausmachte, Tarnkappen für das Wesentliche.
Wenn er nur begreifen könnte, was dieses Wesentliche der Messinghauben war.
»Rhodan da Zoltral also«, sagte die Arkonidin. »Und Viccor Bughassidow.« Sie fixierte die beiden Männer kurz. Yonder mit dem Hund an der Leine übersah sie mit einiger Nonchalance.
Die Angesprochenen nickten kurz.
»Mein Name ist Announ da Zoltral«, stellte sie sich vor. Ihre Stimme hatte etwas von einer Glasscherbe, klar und scharfkantig.
»Danke für den Empfang«, sagte Rhodan. »Wir wollen dich nicht lange aufhalten.«
»Zu spät«, sagte sie und winkte ab. Aber ihre Augen glitzerten spöttisch auf. Sie warf erst Bughassidow, dann Yonder, zuletzt Samart einen prüfenden Blick zu. »Garantierst du, dass alle deine Begleiter stubenrein sind?«
Rhodan hüstelte.
Announ fragte: »Darf ich euch etwas anbieten? Immerhin könnten wir ja die Rückkehr eines verlorenen Sohnes in den Schoß des Kelches der Zoltral feiern.«
Rhodan überhörte die Anzüglichkeit.
Bughassidow aber lachte leise und wies mit dem Kinn auf die anwesenden Männer. »Der Schoß des Kelches wird doch nicht demnächst wegen Überfüllung schließen müssen?«
»Ich weiß deine Sorge zu schätzen«, sagte die Arkonidin gelangweilt. »Lauter hochbegabte Prachtkerle übrigens.«
»Und so agil. Und tatendurstig«, lobte Bughassidow mit ätzendem Hohn.
»Sie haben es nicht nötig, im Schweiße ihres Angesichts für Gut und Geld zu sorgen«, sagte Announ. »Von derartigen Bagatellen sind sie entlastet.«
»Von solchen Bagatellen, wie das Leben eine ist?«, entfuhr es Rhodan.
»Oh! Du meinst: Unter den Messinghauben lebten sie nicht?« Announ lächelte, schmallippig wie eine Kaiserin auf einer uralten Münze. »Im Gegenteil. Sie leben mehrere Leben.«
Rhodan schüttelte unwillig den Kopf.
»Hast du je einen Messingtraum erlebt?«, fragte Announ.
»Nein«, sagte Rhodan. »Und das werde ich auch nicht. – Aber wir sind nicht hier, um Kulturkritik zu üben.«
»Ach?«, staunte Announ. »Warum sonst?«
»Unser Fall ist ein wenig vertraulich«, sagte Rhodan. »Wenn wir es diskret halten könnten?«
»Du wirst dich doch nicht wieder verheiraten wollen?« Announ schnippte mit den Fingern. Mit einem leisen und gleich wieder verhallenden Summen errichtete sich ein akustisches Dämpfungsfeld um die Arkonidin und ihre Gäste.
Samart knurrte leise.
Rhodan sagte: »Wir suchen ein Plasmahirn. Ein raumnavigatorisch betriebsfähiges Plasmahirn. Im MAK waren wir bereits.«
»Ich kann euch keines verkaufen. Plasmahirne sind frei und unveräußerlich und ...«
»Announ«, unterbrach Rhodan die Arkonidin. »Lassen wir das. Du kannst deinen Spaß mit genügend Männern treiben. Mit deinen Favoriten. Ich will nichts kaufen. Ich brauche schlicht deine Hilfe. Kannst du mir sagen, wo ich das Plasmahirn finde?«
Announ lachte kaum hörbar. Dann drehte sie sich wortlos um und bedeutete Rhodan und den andren beiden, ihr zu folgen.
*
Der Antigravschacht des Hauses führte tief unter Bodenniveau. Sie landeten auf seiner Sohle. Announs Finger tasteten über ihren Multikom. Die Bodenplatte öffnete sich wie eine Linse, ein zweiter, engerer Schacht wurde darunter sichtbar. Licht flammte darin auf. Announ ließ sich vom Antigravfeld erfassen; sie folgten ihr und sanken weiter in die Tiefe.
Der Saal, der sich am Ende vor ihnen öffnete, war groß und schmucklos. Im Raum verstreut standen einige leere Liegen. Das Plasmahirn befand sich unter sechs Kuppeln; die Kuppeln waren wie mit Messing verkleidet.
Rhodan fluchte innerlich.
»Es träumt«, erklärte Announ da Zoltral. »Es ist der große Spieler, eine der Hauptattraktionen der Siedlung.«
»Ist das Plasmahirn ansprechbar?«, fragte Rhodan.
»Es schläft. Ich kann es nicht wecken«, sagte Announ. »Jedenfalls nicht von hier aus.«
»Von wo aus sonst?«
»Jemand müsste in seinen Traum steigen und versuchen, dort seine Aufmerksamkeit zu finden«, sagte Announ.
Sie blickte von Rhodan zu Bughassidow, von Bughassidow zu Yonder. Schließlich schaute sie wieder Rhodan an. Sie lächelte fragend. »Nun?«
Rhodan schloss kurz die Augen. Dann nickte er. »Was muss ich tun?«
»Träumen«, sagte Announ und wies mit dem Arm auf eine der Liegen. Aus den Tiefen des Saals glitt ein Medoroboter herbei.
Showtime
26. Juni 1514 NGZ, 21.00 Uhr
Sie befanden sich in Beathans Arena.
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