PR Action 28 Das Venusgehirn
nur einen Bruchteil der Räumlichkeiten.
Ein Teleporter, überlegte Jegorow, während er die Scheibe beschleunigte und durch den ins Festungsinnere führenden Radialgang steuerte, könnte sie in rasendem Tempo durcheilen. Allerdings gab es Teleporter auf der Venus allenfalls in der Para-Akademie von Port Teilhard, und den dort ansässigen Schülern war der Zutritt zur Hinterlassenschaft der Arkoniden ebenso untersagt wie Normalsterblichen.
Er kreuzte einen der Ringgänge, die die kreisförmige Anlage in Sektoren gliederten, und lauschte. Totenstille umgab ihn. An die gespenstische Automatik, die bei seiner Annäherung das Licht ein- und hinter ihm wieder abschaltete, hatte er sich schon lange gewöhnt. Sein Kom-Armband schlug an und wiederholte die Standardmeldung.
»Zwischenfall in der Arkonidenfes-tung! Eindringlingsalarm!« Das war ungewöhnlich, und ... es war auch unmöglich, wie die Überprüfung der Protokolle gezeigt hatte.
»Hast du mich registriert?«, fragte Je-gorow verunsichert. »Meldest du mir mein eigenes Eindringen? Sonst ist nämlich niemand hier.«
Abgesehen vielleicht vom Geist in der Maschine, fügte er in Gedanken hinzu.
Vielleicht hätte man nicht nur die alte Positronik abschalten sollen, sondern auch die wenigen autarken Einrichtungen, die weiterhin ihren Dienst versahen. Und den ganzen Berg versiegeln, obwohl das Jegorow seinen Job gekostet hätte. Ein Multifunktionsarmband, das mehr als der Kommunikation und medialen Zwecken diente, wäre praktisch gewesen, um nach Lebenszeichen zu orten. Leider war so ein Gerät für einen Privatmann kaum erschwinglich. Er nahm sich vor, einen Antrag auf Finanzierung an die Bürohengste in Port Venus zu stellen.
Die Scheibe raste durch die Gänge der Festung. Mehrmals wechselte Jegorow die Ebenen und nahm stichprobenartige Kontrollen vor, wobei er sich dem eigentlichen Kern der Anlage immer weiter näherte. Er entdeckte keine Auffälligkeiten. Trotzdem wiederholte sich die Warnmeldung in der folgenden halben Stunde zweimal.
Handelte es sich um einen Fehler in den aktiven Positronikelementen? Im Zentrum der Station war ein kleines Kontingent Wartungsroboter unterwegs, simple Maschinen, die nur für einfache mechanische Arbeiten geeignet waren. Da es noch nie zu einer Fehlfunktion gekommen war, bestand ihre Tätigkeit aus Reinigungsarbeiten.
Schließlich gelangte Jegorow an das riesige Zentralgebäude, das fast über die gesamte Festungshöhe reichte. Er verharrte an der Mündung zu einem umlau-f enden Kreiskorridor. Licht flammte auf und beleuchtete den anschließenden Sektor.
Ein 200 Meter breiter, unbebauter Streifen lag vor ihm. Nur Metallkuben mit zwanzig Metern Kantenlänge ragten aus dem Boden wie die Spielwürfel eines Titanen und behinderten die Sicht. Den Stahlplastikzylinder, das mit dem Posi-tronikkem identische Zentralgebäude, das wie eine überdimensionale Konservendose aussah, umgaben in verschiedenen Höhen umlaufende Galerien, von denen Stege zu anderen Sektoren führten.
Ein paar hundert Meter weiter zu den Seiten hin war es dunkel. Auch nach oben hin verlor sich das Gebäude in Dunkelheit. Für Jegorow sah es so aus, als verlöre sich die gewölbte graue Wand in einem gleichfarbigen Himmel.
Er fuhr den Antigrav hoch und überwand die freie Strecke bis zur Zylinderwand. In diesem Bereich war er schon oft gewesen, deshalb bereitete es ihm keine Mühe, das nächste in den Kembe-reich führende Schott zu finden. Er gab seine ID-Kennung ein und kontrollierte die positronische Arretierung. Sie war nicht betätigt worden. Er öffnete die Tür einen Spalt weit. Sollte er hineingehen und sich drinnen umsehen?
Dazu war später Zeit. Er entschied, zunächst eine Runde um das Herzstück der Anlage zu fliegen, als ein Geräusch seine Aufmerksamkeit erregte. Es war das typische »Plopp«, das beim Sprung eines Teleporters entstand.
Wladimir Jegorow fuhr herum. Er starrte in die flimmernde Abstrahlmün-dung eines Kombistrahlers.
*
Kugel von vom. Kugel von hinten. Kugel aus spitzem Winkel von halbhoch kommend. Borram hatte sein Reflextraining vernachlässigt, wie er alles vernachlässigt hatte, seit sein Bruder zu Saquola übergelaufen war.
Dabei sollte er keinen Tag mit seinen Übungen aussetzen. Kontinuität war so wichtig wie Willensstärke, das war einer der Grundsätze, mit denen Professor Nathaniel Gifford die Zwillinge geimpft hatte.
Er hätte uns gegen die Einflüsterungen eines Gegners wie Saquola impfen sollen, dachte
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