PR Andromeda 02 - Die Methanatmer
Medikamente gelangt sein mochte, der Tefroder hatte offenbar eine Unmenge starker Beruhigungsmittel oder noch Schlimmeres geschluckt.
Perry Rhodans Gedanken schweiften zurück in die Zeit, als er auf dem Mond den notgelandeten Forschungskreuzer der Arkoniden entdeckt und mit Hilfe der hochstehenden Technik die Menschheit geeint hatte. Damals war ihm der Weg zu den Sternen wie eine Verheißung erschienen, und noch heute trat er dafür ein. Aber dieser Weg war mit Dornen gespickt. Es gab kein Zurück, keine Kapitulation vor den tödlichen Herausforderungen. Eines Tages, davon war der Terraner überzeugt, würde die Menschheit ihr Ziel erreichen. Dieses Ziel hieß für ihn friedliche Koexistenz aller Völker. Aber vielleicht war dann auch die Evolution zu Ende.
Trümmer versperrten ihm dem Weg. Heftige Explosionen hatten einen weiten Deckabschnitt in eine Albtraumlandschaft verwandelt. Stahlplatten waren wie von der Faust eines Riesen eingebeult worden, während die Zwischendecke mit allen Versorgungsleitungen herabgebrochen war. Eine starke Hitzeeinwirkung, noch immer deutlich zu spüren, hatte das Konglomerat verbacken und unpassierbar gemacht. Bis jetzt wusste wohl niemand, ob unter den Trümmern Tote begraben lagen. Dass der Frachter nicht noch größere Schäden davongetragen hatte, grenzte schier an ein Wunder.
Rhodan benutzte einen Antigravschacht, um das übernächste Deck zu erreichen. Verblasste Leuchtschriften zeigten ihm den Weg zum Hauptladeraum. Die ILKIN hatte schon vor dem Angriff der brennenden Schiffe nicht mehr zu den modernsten Frachtern gehört.
Der Raum maß weit mehr als 100 Meter in der Tiefe und war fast ebenso breit. Mit 20 Metern Deckenhöhe konnte er sperrige Güter aufnehmen. Gut und gern die halbe Fracht war verstaut gewesen, als die Kastuns den Planeten Cyrdan überfallen hatten. Zwischen den riesigen Containern, die zum Teil mit dicken Stahltrossen gesichert waren, lagen an die 1000 Flüchtlinge. Sie gehörten zu den wenigen, die nicht nur ihr nacktes Leben, sondern sogar Teile ihres Besitzes gerettet hatten. Auch hier roch die Luft stickig und abgestanden. Eine geborstene Abwasserleitung hatte eine weite Fläche mit Fäkalien überschwemmt.
Laretha Mongath stand in der Nähe des Personenschotts inmitten einer Traube von Tefrodern.
Rhodan konnte sie nicht sehen, hörte aber ihre raue Stimme. Die Kommandantin schlug soeben vor, das Neugeborene Cyrdan zu nennen. Als Zeichen der Hoffnung und nie versiegender Erinnerung.
Erst, als sich der Terraner vernehmbar räusperte, wurde die Menge auf ihn aufmerksam. Überrascht riss Laretha die Augen auf, zugleich fuhr sie sich mit einer Hand über das millimeterkurz geschorene Haar.
»Sieh an!«, sage sie laut. »Wir haben hohen Besuch.« Ein Grinsen überzog ihr Gesicht. »Das bedeutet, wir sind in Sicherheit?«
»Wir brauchen etwas erfahrenere Leute in der Zentrale«, antwortete Rhodan ausweichend. »Oder wollen wir nicht auf Ka-Tygo landen?«
Die Kommandantin lachte glucksend, ihr schwerer Busen wogte heftig. »Ich musste den werdenden Vater kaltstellen«, sagte sie. »Mit seiner Nervosität hätte er alle angesteckt.«
Mittlerweile waren die Umstehenden zur Seite gewichen. Eingewickelt in einen Berg von Folien lag eine junge Tefroderin am Boden. Die Strapazen waren ihr anzusehen, aber ebenso das Glück, das sie empfand. Liebkosend drückte sie ihr erst wenige Minuten altes Baby an sich.
Erst jetzt bemerkte Rhodan Raye Corona, die soeben die Nachgeburt mit einer Vielzahl blutverschmierter Tücher in einer stabilen Transportbox verschwinden ließ. Die junge Ärztin warf dem Terraner einen bedeutungsvollen Blick zu. »Manchmal gibt es Freude im größten Leid«, sagte sie. »Ich hätte nie geglaubt, dass ich jemals unter solchen Umständen neuem Leben auf die Welt verhelfen würde.«
»Hoffentlich wird die kleine Cyrdan unter besseren Umständen aufwachsen.« Die Frachterkommandantin streckte sich. »Worauf warten wir noch, Terraner? Ich will endlich auf Ka-Tygo landen und die Verantwortung für diese Tausende von Leuten abgeben. Eigentlich war ich mit meinem Leben, wie es bislang war, ganz zufrieden.«
Sie verließen den Hangar. Bevor sie die Zentrale erreichten, blieb Laretha Mongath stehen. »Dein Schweigen macht mich nervös, Perry.«
Rhodan suchte ihren Blick. »Du weißt besser als ich, was du tun musst. Ich denke, du hast längst erkannt, dass sich auch dein Leben grundlegend verändern wird.«
Die Frau zog die Brauen hoch.
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