PR Ara-Toxin 02 - Die Medo-Nomaden
Prid-Reuyl irgendwie von Ara-lon wegzubringen. Der Überläufer hatte die Wahrheit gesagt. Hier braute sich etwas zusammen, das seine kühnsten Vorstellungen bei Weitem übertraf.
Vielleicht, dachte Bowitz, nur vielleicht kann ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Aber darauf kam es ihm jetzt nicht mehr an. Ja, er wollte überleben. Ja, seine zweite Verantwortung war Prid-Reuyl, der sich ihm anvertraut hatte. Ja, er musste den TLD über das informieren, was hier auf Aralon vor sich ging.
Aber genauso wichtig war für ihn. Der Verräter durfte nicht ungestraft davonkommen.
Er würde ihn besuchen.
Und er wusste auch, wie er an ihn herankommen konnte. Wenn er sich sogar Zutritt in abgeschirmte Bereiche der Pindarron-Klinik verschafft hatte, war das eine der leichtesten Übungen für ihn.
Bowitz fragte sich, wie weit er gehen würde, und widmete sich wieder den Gleiterkontrollen.
Strahlender, kaum wahrnehmbar ins Grünliche schimmernder Sonnenschein begrüßte uns, als wir den vierten von sieben Planeten der gelben Sonne Kesnar im Kugelsternhaufen M 13 betraten - oder Thantur-Lok, wie ihn die Arkoniden und damit auch die Aras nannten -, 38 Lichtjahre von Arkon und 34.012 Lichtjahre von Sol entfernt. Sofort verspürte ich ein gewisses Unbehagen, einen leichten Druck auf Körper und Kopf, eine Schwere in den Knochen und Gliedern, fast so, als hätte ich drei Marathonläufe hintereinander absolviert.
Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Mein Körper reagierte keineswegs mit instinktiver Ablehnung auf die Gefahr, in die ich mich begab. Bei einem mittleren Sonnenabstand Aralons von 163,9 Millionen Kilometern und einem Durchmesser von 12.518 Kilometern betrug die Schwerkraft 1,08 Gravos, also knapp zehn Prozent mehr als die der Erde, und darauf musste mein Körper sich erst einstellen.
Ich wusste aus Erfahrung, dass das ziemlich schnell vonstatten gehen würde, mahnte mich jedoch, gerade in der ersten Zeit vorsichtig zu sein. Diese 0,08 Prozent hörten sich nicht bedeutend an, doch de facto hatte mein Gewicht beziehungsweise meine Masse sich damit um fast ein Zehntel erhöht, und gemeinsam mit dem neuen Körper, den man mir verpasst hatte, musste ich mit einer deutlichen Beeinträchtigung meiner Grundfitness rechnen.
Es war angenehm warm, aber keineswegs zu heiß. Die Aras verstanden nicht nur zu leben, sie wussten auch potenzielle Klienten richtig zu behandeln: Vom ersten Augenblick an herrschten beste Bedingungen. Die Wetterkontrolle verhinderte, dass ein Todkranker in strömendem Regen den Planeten betrat, von dem er sich die letzte Rettung versprach. Das wäre einem möglichen Geschäft doch ziemlich abträglich gewesen. Also regnete es rund um die großen Raumhäfen nur in den verkehrsarmen Nachtstunden.
Ich schaute unauffällig zurück. Aerz-Naumi trottete mir hinterher wie ein folgsames Hündchen. Ich fragte mich, ob nicht allein schon sein Gesichtsausdruck verraten würde, dass etwas nicht mit ihm stimmte. Zhana hatte gute Arbeit geleistet: Der Drogencocktail, den der Mediker geschluckt hatte, machte mich zum Zentrum seines subjektiven Universums. Ich war der Mittelpunkt seines Denkens, sein gesamtes Interesse galt meinem Wohlergehen. Die wahrscheinlich nicht ganz legale Mischung ließ ihm keine andere Wahl.
Ich musste unter der ungewohnten Schwerkraft nicht weit gehen. Ein Transfergleiter erwartete uns keine 50 Meter entfernt. Beflissentlich öffnete uns ein dezent, aber geschmackvoll gekleideter Ara die Tür. Ich nickte ihm so huldvoll zu, wie ich es vermochte, und bestieg das Fahrzeug. Aerz-Naumi folgte mir. Allmählich verwunderte mich, dass er nicht hechelte oder vor Freude, in meiner Nähe zu sein, leise jaulte.
Der Gleiter hob ohne jede Wartezeit ab. Sanfte, beruhigende Musik durchdrang mich und kribbelte in meinen Knochen. Mit einem Mal hatte ich mein gewohntes Gewicht wieder, oder sogar noch eine Spur weniger. Sensoren im Gleiter hatten festgestellt, unter welchen Gravo-Verhältnissen ich normalerweise lebte, und die Schwerkraft, die ich gewohnt war, minimal verringert. Natürlich wurde ich bevorzugt behandelt; dass mein Begleiter an aralonsche Verhältnisse angepasst war, interessierte nicht, denn schließlich war ich der zahlungskräftige Klient.
Die maximal 15 Kilometer zum Abfertigungsgebäude legte der Gleiter in drei Minuten zurück, also mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 300 Kilometern, Start und Landung inbegriffen. Klienten mussten nicht warten; sie wurden nicht nur gut,
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