Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis

PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis

Titel: PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Joachim Alpers
Vom Netzwerk:
Baumästen und Zweigen siedelten. Es waren unzählige Arten mit immer wieder überraschenden Formen und Farben. Sie waren dabei keineswegs Parasiten, sondern erzeugten Substanzen, die sie an die Bäume abgaben. Ohne diese Substanzen waren die Bäume nicht lebensfähig. Und von den Symbionten partizipierten überdies unzählige Insekten, Raupen, Schmetterlinge, Spinnen, Käfer, Schnecken, Vögel und Kleinsäuger, die ihrerseits mit ihrem Kot oder nach ihrem Tod mit ihrer Körpersubstanz die gigantes nährten.
    Sorgen machte Marco, dass besonders auf Holchuin viele der Pflanzen kränkelten. Er war sogar schon auf abgestorbene Symbiontenwälder gestoßen, kahl und grau, ohne den geringsten Rest von pflanzlichem und tierischem Leben. Ein trauriger Anblick, der ihn erschütterte. In der Umwelt musste sich irgendein Stoff entwickelt haben, der in diesen wunderbaren und perfekten Kreislauf eindrang und die Lebensgemeinschaft zum Absterben verurteilte. Was konnte das sein? Er hätte gern mit jemandem gesprochen, der über ein größeres Fachwissen verfügte, kannte aber niemanden. Und Carmen war daran nicht sonderlich interessiert. Sie hielt es für ein örtlich und zeitlich begrenztes Phänomen, wie es in der Natur nun mal vorkam.
    Zum ersten Mal wurde Marco in vollem Umfang bewusst, dass es auf Remion keinen Ansprechpartner für seine Sorgen gab. Die Haciendas, ob ländlich oder städtisch, waren weitgehend autonom. Die wenigen übergeordneten Gremien konnte man nur erreichen, wenn man zuvor die Verantwortlichen einer einzelnen Hacienda überzeugt hatte. Selbst dann war fraglich, ob sich der padre oder die madre im nächst höheren Rat durchsetzen konnte. Und manchmal fragte sich Marco, was denn überhaupt passieren würde, wenn der Oberste Rat das Problem tatsächlich zur Kenntnis nahm und für wichtig erachtete. Es fehlte ein geeignetes Instrumentarium, um auf Probleme zu reagieren, die alle angingen.
    Die dreizehnte Station ihrer Wanderschaft war die Hacienda Extebosch, eine reiche und gut entwickelte Genossenschaft von mehr als 17.000 Menschen. Sie parkten den altersschwachen Schweber, den sie auf der Hacienda Trois Chapeau als Prämie für ihre Arbeit erhalten hatten, am Fuße eines gigantes-Waldes, wie sie ihn größer und üppiger niemals zuvor erblickt hatten. Erstaunt bemerkte Marco, dass diese Riesenbäume hier offenbar nicht eigenständig wuchsen, sondern vielfältig miteinander verknüpft waren und ein einziges großes System bildeten. Das hatte er bisher noch nie gesehen. Entweder waren hier auch die gigantes untereinander eine Symbiose eingegangen, oder der viele Kilometer lange Wald bestand aus einem einzigen uralten Baum, dessen bodennahe Äste sich immer wieder neu abgestützt und dabei Wurzeln geschlagen hatten.
    Die Hacienda selbst war eine Baumstadt und unübersehbar mit ihrem schreiend bunten Glas und den farbig lackierten Trägern aus Terkonitstahl. Marco konnte von seinem Standort nur einen kleinen Teil der Hacienda einsehen, die sich tief in den Wald hineinzog, aber er verstand das Prinzip sofort. Man war sehr behutsam mit dem Wald umgegangen. Die Hacienda ruhte auf einer Stahlkonstruktion, die sich nicht auf dem Baumsystem, sondern auf dem Boden abstützte, den verschlungenen Linien der meterdicken Äste folgte und sich langsam in die Höhe schraubte. Es war ein bizarres Konstrukt mit großen und kleinen Baumhäusern, Lauf- und Transportbändern, schmalen Straßen, die sich serpentinenhaft verspielt wie die Fahrspuren einer Achterbahn in die Höhe schraubten, und einigen dicken Stahlsäulen, die senkrecht nach unten verliefen und Verbindung zu den Transportwegen am Boden und einem Gleiterhangar hatten. Es bedurfte keiner großen Fantasie, um zu vermuten, dass es sich dabei um Antigravschächte für den Personen- und Warentransport handelte.
    Marco verliebte sich auf der Stelle in diese überaus bunte und seltsam anmutende Hacienda. »Ist das nicht schön?«, fragte er Carmen.
    »Ja«, stimmte sie zu, »und ohne Frage die eigenwilligste Hacienda bisher.«
    Ein schwerer Lastgleiter bewegte sich gemächlich aus dem Hangar und nahm Kurs auf die Straße, auf der Marco und Carmen aus dem Süden gekommen waren. Der Fahrer bemerkte die beiden, reckte den Daumen empor und präsentierte ein breites Grinsen, als er sie passierte.
    »Und freundlich scheinen die Exteboscher auch zu sein«, fügte Carmen hinzu.
    Die Einschätzung erwies sich als durchaus richtig. Sie wurden überaus liebenswürdig aufgenommen

Weitere Kostenlose Bücher