PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis
Leute an den Tischen saßen.
»Nein, warte«, bat Marco. »Anderswohin können wir immer noch gehen. Die Musik gefällt mir.«
Er lauschte. Es waren eher ungewohnte Klänge für sein Ohr: sparsam eingesetztes Schlagzeug, ein Standbass, der gezupft wurde, was er noch nie gesehen hatte, und eine Gitarre, alles ohne technische Mätzchen live dargeboten. Er hatte den Eindruck, dass die Musik in ihrer sanften, unaufdringlichen Art das Flair der Umgebung perfekt widerspiegelte. Sie war irgendwie. angemessen.
Carmen gab nach. Sie fanden einen freien Tisch im Außenbereich, von dem aus das Podium mit den Musikern aber gut zu sehen war, und bestellten eine große Paella mit einheimischen Schnecken und Käferlarven und dazu Rummixgetränke. Viel mehr gab die Speisekarte auch nicht her.
In den gigantes von Extebosch lebten mehrere osobajo-Familien, die sich an die Menschen gewöhnt hatten und sehr zutraulich waren. Einer der etwa einen halben Meter großen Bären kletterte von einem der breiten gigantes-Äste herab, sah sich neugierig um und schien an Carmen Gefallen gefunden zu haben. Er tapste heran, setzte sich unweit von ihrem Stuhl auf die Hinterbeine und betrachtete sie aufmerksam mit seinen großen Augen. Er wirkte wie ein Hund, der um Aufmerksamkeit bettelte. Carmen lachte vergnügt und kraulte ihn hinter den Ohren. Das schien ihm sehr zu gefallen. Er rekelte sich und brummte zufrieden. Nach einer Weile reichte es ihm, und er trollte sich. Carmen hatte wieder Zeit, sich um andere Sachen zu kümmern.
Der Gitarrist war ein gut aussehender Mann Ende zwanzig, schlank und mit einem Wuschelkopf von langen schwarzen Rastalocken. Er spielte ausgezeichnet. Manchmal präsentierte er sich auch als Sänger, der mit warmer, sanfter Stimme poetische Liebeslieder zum Besten gab.
Die gegenüber dieser Art von Musik anfangs so reservierte Carmen schmolz förmlich dahin. Marco bemerkte es mit einer Mischung aus Amüsiertheit und ein wenig Eifersucht. Sie klatschte am lautesten von allen, sobald ein Song beendet war, was von den Musikern auf dem Podium nicht unbemerkt blieb. Der Gitarrist lächelte, verbeugte sich in ihre Richtung und warf ihr eine Kusshand zu. Irgendwann war das Repertoire der Band erschöpft, oder sie hielt sich an einen vorher vereinbarten Zeitrahmen. Der Gitarrist und Sänger bedankte sich beim Publikum für die freundliche Aufmerksamkeit und den Applaus. Die Mitglieder der Band packten ihre Sachen und machten einem untersetzten, kugelköpfigen Pianisten Platz, der sogleich flott in die Tasten haute. Er schien für heißere Rhythmen zuständig zu sein, und etliche Paare erhoben sich, um zu tanzen.
Der Musiker mit den Rastalocken unterhielt sich mit einer etwa gleichaltrigen Frau, gertenschlank, flachbrüstig und etwas kantig in den Konturen, das Haar kurz geschnitten, in der Mitte gescheitelt und grün gefärbt. Obwohl sie ein Kleid mit einem bunten Blumendekor trug, sah sie eher wie ein Junge aus. Die beiden tauschten einen intensiven Kuss aus. Dann nahm er sie bei der Hand. Gemeinsam schlenderten sie zu dem Tisch hinüber, an dem Carmen und Marco saßen.
»Hat euch unsere Musik gefallen?«, fragte der Gitarrist freundlich.
»Ihr wart großartig«, himmelte Carmen ihn an. »Du besonders.«
Marco beschränkte sich darauf zu nicken.
»Ich heiße Raol Zingerosc«, stellte sich der Musiker vor. »Und das ist Rumela Gomez, meine derzeitige Lebensgefährtin.«
»Setzt euch doch«, bat Carmen.
Marco murmelte etwas Ähnliches.
Die beiden kamen der Aufforderung gern nach. Das Gespräch entwickelte sich mühelos. Wie sich herausstellte, war Raol zweiter Exportleiter der Hacienda und Mitglied im consetscho , während Rumela als Sekretärin in der Exportverwaltung arbeitete.
Man bestellte weitere Rummixgetränke, diesmal etwas gehaltvollere, es wurde munter geplaudert und viel gelacht.
Rumela wirkte anfangs etwas zurückhaltend, hatte ihre großen, tiefen Augen aber überall. Sie schien alles um sich herum förmlich in diese großen Augen zu ziehen. Marco spürte ihren Blick immer wieder auf sich, aber sie schaute schnell wieder weg, sobald er in ihre Richtung sah. Wenn es doch zu einem etwas längeren Blickkontakt mit ihr kam, spürte er eine Art Prickeln auf seiner Haut. Es durchrieselte ihn. Diese Augen waren so bodenlos tief, und in ihnen glühte wilde Leidenschaft wie feurige Lava unter der Asche eines Vulkans. Und ihr Körper, so wenig ausgeprägt weiblich er auch wirkte, hatte ohne Frage eine starke
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