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PR Ara-Toxin 04 - Die Eiserne Karawane

PR Ara-Toxin 04 - Die Eiserne Karawane

Titel: PR Ara-Toxin 04 - Die Eiserne Karawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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sprengen. Auf der Ebene schlichter Praxis wäre Unsterblichkeit verderblich: Die nicht mehr sterbenden Individuen würden wie eine Seuche, wie eine unausrottbare Epidemie über das Universum kommen. Denken Sie in den simpelsten Potenzschritten: Aus einer Milliarde würden in wenigen Jahren zwei, vier, acht und so weiter; hundert Milliarden in einem Jahrhundert, 50 Billionen in zwei Jahrhunderten, dann 100 Billiarden, dann Trillionen, Trilliarden!« Er spie die Zahlen aus. »Ein Kosmos, der in wenigen Jahrzehntausenden an einem biontischen Brei erstickt. In wenigen Jahrzehntausenden sage ich, und warum sage ich es, als wären die Jahrzehntausende ein kleiner Schiss? Weil für einen Unsterblichen jede Zeitspanne zu einem Nichts schrumpft. Unsterblichkeit«, fasste er zusammen, »ist eine Krankheit zum Tode, hinwiederum ein Paradox. Denkbar, aber in der Praxis unmöglich.«
    Er schaute sich melancholisch um und wies auf die Kulisse des Gebirges. »Sehen wir es aus der Perspektive der Berge: Für sie leuchten wir nur kurz auf, für sie ist unser Leben nichts als eine Explosion von Selbstbewusstsein, Freiheit, Ingenium.« Er hustete. »So. Genug theoretisiert. Geht und lebt. Wer mag, soll noch bis auf den Gipfel aufsteigen. Wer nicht.« Er klatschte in die Hände, ein Kasten unterhalb seiner Antigravsänfte öffnete sich, und einige hand-große Roboter schwebten auf Prallfeldkissen heraus, um der Gesellschaft Cocktails und Milchweinsuppen anzubieten.
    Tatsächlich waren es nur Meharro und Trantipon, die sich an den Aufstieg machten.
    Auf dem Gipfel stand der steinerne Stuhl. Trantipon wollte ihn Meharro überlassen, doch der lehnte ab: »Setz dich, Trantipon.«
    Trantipon war übel vor Anstrengung; er hatte stechende Kopfschmerzen; das Atmen fiel ihm schwer. Meharro stand da, atmete ruhig, betrachtete das Panorama aus Fels und Granit. »Was sagen wir zu dieser Predigt?«, fragte er.
    Trantipon injizierte sich ein Aufbaumittel, brauchte aber dennoch über eine Minute, bis er sich so weit gefasst hatte, dass er antworten konnte: »Gefasel.«
    »Warum?«
    »Die Prämisse ist lächerlich. Warum sollte die Unsterblichkeit über alle kommen, und warum sollte sie sich vererben? Sie muss doch nicht notwendig Teil des reproduktionsbiologischen Zellprogramms werden.«
    Meharro lachte und sagte in seinem merkwürdigen Singsang: »Ganz unrecht hat er nicht. Es spielt theoretisch ja keine Rolle, ob sich die Unsterblichkeit im Jahrzehntausendtakt oder im Zeitraum von Milliarden ausbreitet. Der Effekt wäre identisch. Natürlich müsste sich, wer immer unsterblich ist, dieser Gefahr bewusst sein und Konsequenzen ziehen: sich isolieren, Einkapselung suchen. -Stell dir das vor!«, rief er plötzlich.
    »Was?«
    »Sieh es aus der Perspektive der Berge. Stell dir vor, wie du alterst, stirbst, verwest, abgetragen wirst. Und der Berg übersteht dich.«
    »Ja.«
    »Stell dir nun vor, wie du den Berg überstehst. Wie du siehst, wie er unter dem Wind und dem Regen glatt wird, wie er abgetragen und verweht wird. Stellst du es dir vor?«
    »Ja.«
    »Nein!«, schrie Meharro plötzlich. »Nein, das tust du nicht. Du redest nur, und das genau hat Supante bezweckt: Dass die Unsterblichkeit zu einem bloßen Gerede wird, zu einer Idee für den nächsten Small Talk: Darf ich euch Cocktails und Milchweinsuppen kredenzen, ihr Idioten?«
    Trantipon sah ihn ratlos an.
    »Warum macht er uns so einverstanden mit den Regeln des großen Spiels? Warum sollen wir zum Tod Ja, so ist es gut sagen, nur weil die Evolution ihn in ihrer ahnungslosen Weisheit erfunden hat? Denk nach!«
    »Weil er.«
    Meharro lachte laut auf. »Gerade hast du es noch gewusst, Tranti-pon. Die Stichwörter lauten: Isolation. Einkapselung.«
    »Weil er will, dass wir wie alle. weil nur er allein. weil er allein.«
    »Jetzt sag es endlich!«
    Trantipon nickte und stand langsam von seinem steinernen Stuhl auf. »Weil er bereits unsterblich ist. Er allein.«
    »Ja«, sagte Meharro leise.
    »Und er wird uns niemals in sein Wissen einweihen.«
    »Das kann er nicht. Es ist nicht sein schierer Egoismus. Es ist auch gegen seine Überzeugung. Wenn nicht nur er allein unsterblich ist, sondern ein Zweiter es wird, dann ein Vierter, ein Billionster.«
    Sie schwiegen.
    »Was würdest du tun, um unsterblich zu werden?«, fragte Tranti-pon endlich.
    »Wozu würdest du unsterblich sein wollen?«, erwiderte Meharro.
    »Ich weiß nicht«, gestand Trantipon ein. »Es wäre ein Zeitgewinn. Wofür auch

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