PR Ara-Toxin 04 - Die Eiserne Karawane
Mann.
Diesmal will ich nichts anderes als in seinen Schädel blicken.
Es gelingt mir, obwohl wir in einem Nichts vorüber sind und der Mann schon weit hinten am Horizont untergeht.
Sein Schädel war leer, hohl und leer und abgrundtief.
Ich wende mich zum Kommandantensessel und rufe vergnügt und erleichtert: »Er ist leer, er ist ganz leer!«
Im Kommandosessel sitzt nur noch einer: Ustrocca Boyhdac, der Ur-Vater, der erste Führer der Karawane Syolocc. Er ist alt, überalt. Er sieht mich an; die Lichtaugen sind blind, die Aurenaugen glänzen matt. Er betrachtet mich und lächelt mit schiefem Mund. Etwas zäher, gelber Schleim tropft heraus.
Er fragt: »Hast du ihn gesehen?«
»Ja«, sage ich.
Ustrocca Boyhdac sagt: »Wenn du ihn wieder siehst, halte die Karawane an.«
»Warum?«, frage ich. »Er ist hohl!«
»Wenn du ihn wieder siehst, halte die Karawane an. Mit ihm wird sich alles wenden.«
Ich sitze allein in der Kanzel der Lok, auf dem Kommandostuhl. Ich sehe aus dem Stirnfenster. Der Rauch der vier Seitenschlote pafft unten an mir vorbei. Der Mann ohne Panzer kommt in Sicht.
Beide Lokführer sehen mich an. »Was sollen wir tun, Karawanenführer?«
Ich will ihnen sagen, dass ich nicht der Karawanenführer bin, sondern nur Orontiu Pleca, der Karawanensteward.
Aber ich sage: »Halt!«
Und die Karawane steht still.
Unter dem befleckten Himmel
»Orontiu Pleca!« Ich hörte Glötco Hölundas Stimme laut, deutlich und sehr nah, hielt die Augen aber geschlossen.
»Du bist wach, das weiß ich, und ich weiß, dass du weißt, dass ich weiß, dass du wach bist!«
»Ich schlafe«, erwiderte ich, »und kann dir deswegen nicht in den Irrgarten deiner Argumente folgen. Außerdem habe ich gerade eben einen Traum, dem ich gern noch ein wenig nachhängen würde.«
»Es ist nicht mehr weit bis zur Karawanserei«, sagte Glötco, ganz nah, ich spürte ihre Wärme. »Zwei oder drei Stunden noch. Die Karawane bremst schon ab, und der Karawanenführer steht in Fernsprechverbindung mit einem Karawanenlotsen.«
»Lautrec Divyrrt ist Opfer einer Beschäftigungstherapie«, murmelte ich mit immer noch geschlossenen Augen. »Oder, noch schlimmer, er fällt auf eine pure Abzocke herein. Pycchur hat gar nicht so viele Einkehrwillige, dass sie dafür einen Lotsen beschäftigen müssten. Die Gebühr wird ein noch größeres Loch in unsere Kasse reißen.«
»Kaum denkbar.« Ich hörte Glötco förmlich grinsen.
Die meisten Karawanen fuhren Pycchur nur in Notfällen an. Zu abgelegen, hoch im äußersten Norden auf einer Halbinsel von Trell-cou. Weder die Karawansereibewohner noch ihre Gäste standen im Ruf, ein mobiles Leben zu führen. Manche hatten sich aus allen Karawanen abgemeldet und dem Land förmlich aufgepfropft. Sie lebten seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten dort. Verwurzelt wie Pflanzen.
Es war mir ein Rätsel, was Lautrec Divyrrt dort suchte. Was war ihm so plötzlich eingefallen? Wurde er einfach altersschrullig? Oder hatte es etwas mit unserem ominösen Gast zu tun? Kurz nachdem wir die Landbrücke zwischen Inicco und Trellcou hinter uns gelassen hatten, nach dem Zwischenstopp auf freier Strecke, die Ausläufer des Herbstfeuers von Inicco im Nacken, war der Befehl zur Kursänderung gekommen.
Eigentlich hatten wir weiter an den Nordausläufern des Konchols-Gebirges fahren und den Großen Nordsüdpass nehmen wollen, um die Karawanserei Typellci anzulaufen, die Sternenkarawanserei.
Es wäre mir lieber gewesen, auch um Glötcos Willen. Aber ich war nicht der Karawanenführer, sondern nur einer der Stewards.
In Typellci hätten wir eine erstklassige Gebäramme anheuern können, ein legales Organ, gynäkologisch überwacht und gepflegt. Stattdessen hatte mich Lautrec Divyrrt an einen gewissen Stycc Trapsco verwiesen, der in Pycchur wirken sollte - wirken als was auch immer.
Warum wurde ich das Gefühl nicht los, dass alles sei meine Schuld? Vielleicht war ich seit der Befruchtung einfach überempfindlich.
»Orontiu Pleca! Widme dich mir, oder ich poliere meinen Panzer in deiner Gegenwart!«
Das wäre freilich erniedrigend.
Ich schlug also ein Lichtauge und ein Aurenauge auf. »Ja?«
Glötco lächelte mich an. Ihre Jugend und Schönheit erschreckte mich wie jedes Mal. Ich wandte den Blick ab, reckte den Kopf und schaute aus der Luke. Wir fuhren immer noch durch die Glaswüste, die sich an der Küste des Foynacc bis zur Karawanserei erstreckte.
»Du wirst vorsichtig sein, nicht wahr?«, fragte sie.
»Sehr
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