PR Ara-Toxin 05 - Die Trümmerbrücke
Muskelfaser sich zusammenziehen und wieder ausdehnen, schnellte die Rampe empor. Schwerelos. Zeitlos. Nur noch bloßer Wille, eingepackt in einen Körper, der trotz allem noch zur Höchstleistung fähig war.
Federnd kam er auf, schnellte sich weiter. und spürte einen Schlag zwischen die Schulterblätter, einen mörderischen Schmerz, der ihm die Luft aus den Lungen trieb und blutige Schleier vor seinen Augen wogen ließ. Irgendwo der Gedanke, dass der Roboter ihn getroffen hatte. Er strauchelte, streckte instinktiv die Arme vor, um den Sturz abzufangen und sich abzurollen. Obwohl er wusste, dass es zu spät dafür war, konnte er nicht anders, es war ein Reflex.
Der Aufprall ließ seine Arme nachgeben, sie konnten den Schwung des Körpers nicht auffangen. Die Waffe wurde Tifflor aus der Hand geprellt und schlitterte durch den Korridor.
Das letzte Blinken im Display erlosch.
Zu spät.
Julian Tifflors Schädel hallte wider vom Dröhnen im Alarmstart abhebender Raumschiffe. Mit lodernden Impulstriebwerken rasten sie in den Himmel empor, und erst lange Augenblicke später schlug die Hitzewoge über ihm zusammen.
Doch etwas daran war falsch.
Er versuchte, sich zu konzentrieren, die quälende Unruhe zu ignorieren, die ihn gefangen hielt.
Hunger und Durst, Hitze und Kälte konnten ihm nichts anhaben, wenn er es nicht zuließ. Sie bedeuteten Schwäche. Empfindungen, die ihn behinderten, die ihm den Weg zur Vollkommenheit verwehrten. Erst wenn er die Schwäche überwand, den Fehler der fleischlichen Existenz, war es ihm gestattet, die höchste Stufe der Vollkommenheit zu erringen. Hitze war Feuer, war hektische Bewegung, sie verzehrte das Leben, ließ es aufsteigen als Rauch und Asche, Dünger für Unvollkommenes.
Aus irgendeinem Grund lebte er noch.
»Tiff.!«
Ein Kaleidoskop schlaglichtartiger Erinnerungen brach über ihn herein. Fragmente weniger Augenblicke. Aber seine Anspannung wich, und er spürte den Boden unter sich, rollte herum, weg von dem Roboter, dessen nächster Schuss sein Schicksal endgültig besiegeln würde. Sein Blick jagte über den Boden, fand seinen Strahler, der bis an die Seitenwand gerutscht war, mehrere Meter die Rampe aufwärts, und er stemmte sich hoch, unglaublich geschmeidig, in Gedanken eine Schlange, die sich blitzschnell ihrem Ziel näherte und zustieß.
»Minister Tifflor!«
Er hielt abrupt inne. Fand zu sich selbst zurück, zu seinem Dasein in Erdenschwere. Talosh, die fünfte Stufe der Upanishad, die Meditation, die sich über die Körperlichkeit erhob, verblasste schlagartig.
Was blieb, war Veränderung, war der tobende Schmerz in seiner Schulter. Mühsam krümmte er die Finger der rechten Hand, öffnete sie wieder, kam zugleich schwankend auf die Beine.
»Ich wusste, dass du einen Aufpasser brauchst!«, sagte Zhana. Sie stand zwei Schritte vor ihm, die Arme leicht angewinkelt und in jeder Hand einen schweren Kombistrahler.
Tifflors Blick fraß sich an ihr fest. Ein Hauch von Spott, fand er, umspielte ihre vollen Lippen. Ihre Nasenflügel bebten leicht, sie atmete schnell. Und in ihren roten Augen schimmerte wieder jene Un-ergründlichkeit, die ihn fragen ließ, wer Zhana wirklich war.
Eine Söldnerin.
Aber auch eine Frau, hochexplosiv in jeder Beziehung.
Hinter ihr standen mehrere Aras. Sie sicherten nach allen Seiten. In ihren schweren Kampfanzügen erschienen sie nicht mehr wie Individuen, sondern fast schon wie Maschinen. Leben bewahren um jeden Preis, für jeden Preis - und Leben nehmen. Wo lagen diese Extreme näher beieinander als bei den Aras?
Einer von ihnen kniete neben dem Toten nieder. Der Desintegratorschuss hatte nur die Hälfte des Körpers übrig gelassen. Der Rest war verweht, zu Staub geworden. Nicht mehr als Atome, die von der Luft davongetragen wurden. Ein irrwitziger Gedanke: Genfetzen, die irgendwann von den Kindern dieser Welt eingeatmet und assimiliert wurden. Der Anstoß für eine spontane Mutation, eine bessere Zeit?
Tifflor verdrängte die Gedanken. Er ging auf den Katsugo-Roboter zu, der quer auf der Rampe lag, hingestreckt, als habe ein mörderischer Hieb ihn gefällt, die Arme noch ausgestreckt und ein Bein angewinkelt. Beinahe menschlich wirkte der Koloss in dieser Haltung. Vor allem unverwundet. Als müsse er sich in der nächsten Sekunde wieder erheben und das Töten fortsetzen.
Tifflors irritiert suchender Blick fand endlich den Einschuss. Ein Loch, das nicht dicker war als sein kleiner Finger, war in die Rückenverkleidung
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