PR Kosmos-Chronik 01 - Reginald Bull
ausgewaschenen Wände überwinden.
Noch immer kein zweiter Thermoschuß, der die Position der Schiffbrüchigen verraten hatte. Auch über Helmfunk meldete sich niemand. Ich vernahm nur knappe Kommentare des Landungstrupps.
Ich hatte mir die an der Basis etwas massigere linke Felsnadel ausgesucht, weil dort die Tiere besonders aufgeregt schienen, und landete etwa zwanzig Meter über der Hügelkuppe auf einem schmalen Felsband. Prompt wandten sich etliche Vierbeiner mir zu. Das Kratzen und Schaben ihrer offenbar klauenbewehrten Beine, das die Außenmikrophone des Raumanzugs auffingen, klang zunehmend bedrohlicher. Nicht weit entfernt polterten Steine über die Felsflanke und rissen einige Tiere mit sich, die es geschafft hatten, den steilen Hang zu bezwingen.
Ein gellender Aufschrei ließ mich herumfahren. Es war der Todesschrei eines Menschen.
In den Schlagschatten der anderen Felsnadel wehrte sich eine humanoide Gestalt gegen mehrere Angreifer. Nur Sekunden dauerte der Kampf, ich sah die menschliche Silhouette in einem fahlen Blau aufleuchten, das sich rasend schnell zu intensivem Feuer steigerte. Wer immer das Opfer gewesen war, es verbrannte von innen heraus, wahrend es schlaff wie eine Puppe in die Tiefe stürzte. Weitere Menschen lösten sich aus den Schatten und versuchten, vor den Tieren in die Höhe zu fliehen.
Auch mich hatten die Biester fast erreicht. Ich riß den Strahler aus dem Holster und feuerte nach unten, aber die Vierbeiner absorbierten die tödliche Energie, schienen sie sogar gierig aufzusaugen. Den ersten nach mir tastenden Rüssel trat ich wütend zur Seite. Ein flüchtiges blaues Aufblitzen umfloss mein Bein, konnte den Raumanzug aber nicht durchdringen.
Der Antigrav trug mich weiter in die Höhe.
»Nicht die Thermostrahler!«, hörte ich eine Warnung im Helmfunk. »Schaltet um auf Desintegratormodus, das hält die Viecher auf Distanz.«
»Wo bleiben die Flugpanzer? Herrgott, wie lange dauert das?«
Die Shifts würden nicht kommen. Zumindest nicht sofort. Ungläubig starrte ich zur Kaulquappe hinüber. Sie war bis über die Bodenschleuse in den Untergrund eingebrochen und in bedrohliche Schräglage geraten. Armdicke Wurzelstränge wogten am Rumpf empor und woben ein dichter werdendes Geflecht Schon drangen die ersten Strunke in die Düsenöffnungen der Ringwulsttriebwerke ein.
»Starten!«, brüllte ich, aber der Pilot hatte schon vorher reagiert. Sonnenheiße Korpuskelwellen brachen aus den Düsen hervor und fluteten als Feuerwalze auseinander. Ihr Fauchen und Dröhnen steigerte sich zum ohrenbetäubenden Orkan, sekundenlang sah es sogar so aus, als würde das Beiboot sich zögernd aufrichten, doch trotzten die Pflanzen nicht nur den energetischen Schubkräften, sondern sie zogen die Kaulquappe zunehmend tiefer hinab Nach allen Seiten peitschte die Glut, wahrend der Untergrund zu brodeln begann. Im dem Bereich wurde das fluoreszierende blaue Leuchten intensiver, als hätten die Triebwerksenergien es zu raschem Wachstum angeregt.
Landestützen knickten ein und splitterten, mehrere Düsenkammern im Ringwulst rissen auf, aber die befürchtete Explosion blieb aus. Der Pilot hatte den Gewaltstart im letzten Moment abgebrochen.
Die Kaulquappe sank, wahrend die Pflanzen sich unaufhaltsam über den Rumpf schoben. In wenigen Minuten würde von dem Beiboot nichts mehr zu sehen sein. Deshalb also waren keine Wrackteile der EX-411 geortet worden.
» … was ist los bei euch?« Verzerrt und kaum verständlich erklang Oberst Nissets Stimme im Helmempfänger. »Wir messen starke Entladungen.« Die Verbindung brach zusammen. Zugleich registrierte ich erleichtert, daß einige Schotten im oberen Kugelbereich des Beibootes geöffnet wurden. Die ersten Crewmitglieder verließen das sinkende Schiff.
Die Vierbeiner mit Wasserläufern zu vergleichen war gar nicht so falsch gewesen. Der Boden in diesem Bereich des Planeten schien die Konsistenz von Treibsand zu haben, in dem die Kaulquappe unaufhaltsam versank.
Einige Tiere hatten mich fast erreicht. Ich streckte sie mit dem Desintegrator nieder. Andere drängten nach, schoben sich über die zuckenden Leiber ihrer Artgenossen hinweg und griffen, ohne zu zögern, an.
Eine Handvoll Sterne fiel vom Himmel Gedankenschnell wurden sie größer, ich konnte Triebwerksfahnen erkennen, und schließlich fegten Jäger über uns hinweg. Der donnernde Schall brandete erst Sekunden später heran. Ich sah die schlanken Maschinen in weitgezogenen Kurven zurückkehren
Weitere Kostenlose Bücher