PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere
verfluchte Computerstimme forderte ihn auf, einen Raumanzug anzulegen.
»Ich will keinen SERUN«, keuchte er. »Ich will sterben!«
Langsam, kraftlos sank er am Außenschott entlang zu Boden. Schon auf den Knien, schlug er noch mit der flachen Hand gegen den kalten Stahl. Er wimmerte und weinte und rollte sich zusammen.
»Du bist krank, sehr krank«, sagte Carfesch. »Erinnerst du dich an deinen Albtraum? Du hast versucht, dich umzubringen.«
Abrupt richtete Saedelaere sich auf. Ein Schwindelgefühl wollte ihn wieder auf die Liege zwingen. Seine jähe Erleichterung, dass Carfesch lebte, mischte sich mit Panik. »Das Cappin-Fragment reagiert unkontrolliert«, ächzte er. »Vom Loolandre scheint eine starke hyperphysikalische Strahlung auszugehen. Der Gewebeklumpen tobt wie irr durch meinen Körper.«
»Dann ist es riskant, den Flug fortzusetzen.«
Umkehren? Das wäre er Carfesch schuldig gewesen. Zweifellos wurde das Risiko größer, je weiter sie sich dem Loolandre näherten. Aber wie groß mochte die Chance sein, noch einmal unbemerkt den Kordon der Wachschiffe durchstoßen zu können? Und falls sie entdeckt wurden, mussten die Besatzungen nicht annehmen, sie hätten den Loolandre nicht nur erreicht, sondern wären in das Armadaherz eingedrungen? Zweifellos würden sie das kleine Schiff dann erst recht vernichten.
»Es könnte gefährlich für dich werden«, warnte Carfesch.
»Das haben wir von vornherein gewusst.«
»Ich meine das tödliche Risiko, das allein dich betrifft: das Cappin-Fragment.« Als Alaska schwieg, fügte Carfesch nach einer Weile hinzu: »Du gehst das Risiko bewusst ein? Suchst du nach einer Rechtfertigung, dass der Totenbleiche nützlich sein kann?«
»Ich weiß es nicht. Aber das Fragment ist endlich aktiv geworden. Vielleicht findet es eine Möglichkeit, mich zu verlassen. Oder es bleibt bei mir ... «
»Du hoffst, dass es in dein Gesicht zurückkehrt?«
»Wir werden jedenfalls nicht abbrechen — nicht wegen mir.«
Bis auf wenige Kilometer hatte sich das kleine Raumschiff der gigantischen Wand genähert und flog über die endlos öde, monotone Ebene hinweg. Die Oberfläche wirkte schrundig und von blasenartigen Erhebungen und Einbrüchen durchsetzt, die an Krater erinnerten. Trotz der gewaltigen Masse hatte die Außenseite keine Atmosphäre gebunden.
Während Carfesch nach einer Schleuse Ausschau hielt, versank der Transmittergeschädigte wieder ins Grübeln. Er fragte sich, warum ausgerechnet er für dieses Unternehmen ausgewählt worden war. Hatten die Wissenschaftler hyperphysikalische Strahlungen beim Loolandre angemessen und ihn deshalb in den Einsatz geschickt? An Bord der BASIS begegnete man ihm mit einer unverkennbaren Scheu. Schon mit der Maske hatte er als Einzelgänger gegolten, aber mittlerweile war vieles noch schlimmer geworden. Es war sicher kein Zufall, dass er eher Kontakt zu so rätselhaften kosmischen Wesen wie Kytoma und Callibso gefunden hatte als zu den Menschen in seiner Nähe.
Der Loolandre war gigantisch. Nach einer Zeit lang monotonen Flugs über die endlose Wand hinweg tauschte Carfesch mit Alaska den Pilotensessel.
Saedelaere fragte sich immer drängender, ob man ihn zum Loolandre geschickt hatte, um eine Entscheidung zu erzwingen. Weit voraus entdeckte er eine ungewöhnliche Formation, einen offenbar tief in die Wand hinabreichenden Krater. Zugleich breitete sich ein schwacher Nebelfleck aus. Er blinzelte verwirrt, schaffte es aber nicht, die Hand zu heben und die Augenwinkel zu massieren. Du musst sofort landen!, schien ihm der Nebel zuzuraunen.
Zu spät fuhr Carfesch herum und versuchte noch, die Kontrollen zu beeinflussen. Da stürzte das kleine Raumschiff schon dem Loolandre entgegen und schlug in einer harten Landung am oberen Kraterrand auf.
Schon nach kurzer Zeit stand fest, dass das Beiboot nie wieder fliegen würde. Für eine Reparatur fehlten schlicht die Mittel.
»Wenn es hier wirklich etwas gibt, was dich gerufen hat«, stellte Carfesch fest, »sollten wir uns daranmachen, diesen Jemand oder dieses Etwas aufzuspüren.«
Sie zogen ihre SERUNs an. Für Alaska war der Raumanzug so gut wie eine Maske. Niemand würde es nun sehen können, falls ihn das verdammte Cappin-Fragment wieder transparent erscheinen ließ.
Die Schleuse war verklemmt und nicht zu öffnen. Mit einem Desintegrator bahnten sie sich einen Weg durch die Schiffszelle. Draußen herrschte die schon bekannte Helligkeit. Woher das Licht kam, war nicht zu erkennen.
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