PR Kosmos-Chronik 02 - Alaska Saedelaere
Bedürfnis nach körperlicher Nähe ignoriert hatte. Nach einer Weile hatte er sie zur Seite geschoben und war wortlos ins Bett gegangen.
Jetzt zeigte ihm das Küchenterminal eine lapidare Notiz: Ich muss nachdenken. Liv.
Die Automatik registrierte Alaskas suchende Körperdrehung. »Es ist neun Uhr acht Standardzeit«, verkündete die angenehm modulierte Stimme. »Im Großraum Terrania bestätigt die Wetterkontrolle steigende Temperaturen. Das Hoch von sechsundzwanzig Grad Celsius wird um dreizehn Uhr Ortszeit erreicht. Für den späten Nachmittag ist Sprühregen vorgesehen; die Dauer von vierzig Minuten ... «
»Aus!«, unterbrach der Transmittergeschädigte. »Was ist als Frühstück erhältlich?«
Liv hatte die Wohnung vor einer Stunde und vier Minuten verlassen. Das Aktivitätsprotokoll verzeichnete, dass sie kurz zuvor über die Bildwand die Flugzeiten der Interkontinentalverbindungen abgerufen hatte. Sie hätte die Nachweise löschen können, das aber wohl nicht für notwendig gehalten.
Alaska zuckte mit den Achseln und widmete sich der Vorratsanzeige. Mehrere Bestellvorgänge waren generiert, bedurften aber manueller Bestätigung. Er schob sie beiseite, schaltete um auf den zentralen Versorgungs-Service und orderte einige Spezialitäten. Terranischer Schinken gehörte ebenso dazu wie gesottene Puppenhüllen der Riesenschmetterlinge von Rigel IV und mit Spurenelementen versetzter venusischer Schaumwein. Knapp einhundertfünfzig Solar zahlte er für den ungewohnten Luxus. Eigentlich hatte er Liv während dieses Frühstücks endlich erklären wollen, dass er Terra in zwei Tagen für immer verlassen würde. Jetzt aß er allein.
Seit zwölf Stunden lag ihm die Buchungsbestätigung vor. Eine Passage auf einem modernen Kreuzfahrer oder einem der Linienflüge zu erhalten wäre weitaus einfacher gewesen, als gut vierzigtausend Lichtjahre an Bord verschiedener Frachter zurückzulegen, darunter zwei robotgesteuerte Erztransporter. Doch Alaska hatte Wert darauf gelegt, mit wenig Besatzungsmitgliedern konfrontiert zu werden.
Sein vorläufiges Ziel lag nahe dem galaktischen Zentrum. Dort würde er sich nach den Gegebenheiten orientieren, die er vorfand.
Während er frühstückte, lief der Prägeimpuls für die ID-Chips ein. Er kontrollierte die Daten über die Bildschirmwand: Schiffsnamen, Flugrouten, Abflughäfen ...
Seine wenigen Habseligkeiten waren rasch zusammengesucht und verstaut.
Die handschriftlichen Notizen von Mimas hatte Alaska schon eingesteckt, holte sie aber doch noch einmal hervor und las in aller Ruhe. Anschließend warf er die Folien in den Abf allvernichter. Sie hätten ihn nur immer wieder daran gehindert, mit der Vergangenheit abzuschließen.
Er, dessen Leben in letzter Zeit in geordneten Bahnen verlaufen war, stand vor einem Scherbenhaufen. Er fragte sich, was aus ihm geworden war. Sein größter Fehler war gewesen, die Sicherheit der Klinik gegen die vermeintliche Freiheit in Terrania einzutauschen.
Ab übermorgen gehört das alles der Vergangenheit an, dachte er.
Am frühen Nachmittag generierte der Servo eine Eilmeldung. Vom Bioscan zielgenau projiziert, leuchtete die holografische Wiedergabe auf.
Ich habe die Überraschung für dich, Alaska, las er. Befinde mich auf dem Rückweg von Tokio.
»Die Nachricht löschen. Speicherung wird nicht benötigt.«
Liv würde selbst überrascht sein, sobald er ihr eröffnete, dass dies ihr letzter gemeinsamer Tag war. Was immer sie nach Tokio geführt hatte — er fand keine logische Gedankenkette, die es ihm vorab verraten hätte —, seinen Entschluss änderte das nicht. Vielleicht hatte alles so kommen müssen, dann gab es keinen Grund für Vorwürfe oder Entschuldigungen. Irgendwann hatte er gelesen, dass der Mensch seiner Bestimmung nicht entfliehen könne. Den Satz hatte er zuerst mit einem Achselzucken abgetan, mittlerweile schien es ihm, als steckte doch ein Körnchen Wahrheit darin.
Es war kurz nach 16 Uhr, als Alaska die Städteverbindungen abrief. Je nachdem, welches Transportmittel Liv genommen hatte, musste sie sich entweder schon wieder in Terrania aufhalten oder im Verlauf der kommenden Stunde eintreffen.
Sie wird mich dafür hassen, dass ich bis zuletzt geschwiegen habe, sagte sich der Transmittergeschädigte. Mit jeder Minute wuchs seine Unruhe. Die Situation war neu für ihn und auf gewisse Weise unwirklich.
Werd nicht nervös, ermahnte er sich. Heute und morgen noch, dann bist du deinem Traum näher als jemals zuvor. Dass er
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