PR Lemuria 02 - Der Schläfer der Zeiten
erbarmungswürdig aus: Die blutgetränkten Binden hingen an ihr herunter, und sie blutete aus den Fingerspitzen und allen Körperöffnungen. Ihre Haut bot ein erschreckendes Muster aus Weiß, Schwarz und Rot. Sie kippte nach hinten, schlug gegen eine Maschinenabdeckung und rutschte langsam besinnungslos zu Boden.
Schreiend und mit einem irren Tanz auf der Stelle leerte Lumena sein Bolzenmagazin. Hollun hatte sich in der Deckung bis zu einem Versteck rechts von ihm vorgearbeitet, verließ den Sichtschutz und traf Lumena von der Seite. Klappernd fiel die Armbrust gegen ein Pult und feuerte weiter, bis der letzte Bolzen das Führungsrohr verlassen hatte und in einen Tiefstrahler einschlug, der knallend barst und einen Hagel scharfzackiger Kunststofftrümmer nach unten schickte.
»Aufhören!«, rief Kalymel und lief zu den Para-Muties. »Es ist vorbei. Armbrüste weg!«
Er senkte die Waffe, klinkte den Scheinwerfer im Gurt ein und rannte auf das Steuerpult zu. Bevor er den Blick auf die Bewusstlosen richtete, sah er auf den Schirm. Dort zeichnete sich im Licht der näher kommenden Sonne ein flirrender konvexer Kreis ab. Die Fangfelder, die sich zwischen den Projektoren spannten, waren nicht zu sehen, aber die Neutrinoeffekte bildeten wirbelnde Muster und schnell vergängliche Strukturen. Kalymel war sicher, in dem riesigen Kreis ein Gesicht aus Strudeln, Wirbeln und Farben zu erkennen, das zu Fraktalen zerfloss und sich langsam in den Lichtschauern auflöste. Der Alarm riss plötzlich ab, das Zischen und Pfeifen aus dem beschädigten Tank hatte aufgehört. Nur das Brummen der Absorber und das Geräusch der Ventilatoren blieb.
Macaire war vor Kalymel bei den Bewusstlosen, betrachtete sie ei-nige Atemzüge lang schweigend und schüttelte dann bedauernd den Kopf.
»Ob sie es überleben werden?«, fragte er sich laut. »Bringen wir sie nach draußen. Wir sollten den Naahk verständigen.«
Eine halbe Stunde lang mühten sie sich schwitzend damit ab, die schlaffen Körper bis zur Plattform vor dem Lift zu schleppen und flüchtig zu versorgen. Dann rief Kalymel den nächsten Knoten des Gespinsts, der eine Schaltung zu Atubur Nutai herstellte.
Der Kopf des Kommandanten erschien auf dem Schirm, müde, mit Schweiß auf der Stirn und erschöpft blinzelnd. Sein Blick ging an Kalymels Schulter vorbei zu den bewegungslosen Körpern. Nach einigen schweren Atemzügen sagte er: »Ich sehe, dass ihr die Kranken von weiteren sinnlosen Aktionen abgehalten habt. Die K-Konzentration ist auf einen ungefährlichen Wert gesunken. Der Kommandant dankt euch im Namen des Rates und der Besatzung.« Er richtete einen langen, dunklen Blick auf Kalymel, der sich umsah und nach Tragen oder ähnlichen Gerätschaften suchte. »Wartet auf den Lift. Ich werde ihn aktivieren, damit ihr die drei in die Krankenstation zurückbringen könnt. Meine Geräte zeigen keine weiteren Schäden - du, Kalymel, sollst danach die Anlage auf mögliche Schäden untersuchen. Ich melde mich wieder.«
»Ich brauche die genauen Werte, Naahk«, sagte Kalymel. »In Ordnung. Später. Ich finde sie im Gespinst. Wir bringen sie hinaus.«
Er schaltete sein Funkgerät an und rief die Krankenabteilung von Süd-Grün. Sie sollten Tragen bereitstellen und alles vorbereiten, um die Kranken schnell versorgen zu können.
Nacheinander hoben sie die schweren Körper hoch, auf deren Haut das Blut trocknete. Das ehemals weiße Haar war schmutzig, voller Staub und Schweiß und verkrustetem Blut. Als sie Amias vor dem Lift wieder zu Boden gleiten ließen, sahen sie die Lichter und hörten den Lift, der aus scheinbar unergründlicher Tiefe aufwärts ratterte.
Zu den tragischen Rätseln des Lebens in der OVIR gehörten die Formen des Gebrests, die sich über Jahre hinzogen und sich auf unterschiedlich schmerzhafte und letztlich tödliche Weise zeigten. Die Haut der Para-Mutanten - bei diesen drei Halbleukors war die Krankheit am weitesten fortgeschritten - zeigte plötzlich dunkle Stellen, die schnell größer und blutrot wurden und wässriges Blut abzusondern begannen. Ungefähr nach zehn Tagen versiegte das Plasma, und die handtellergroßen Blutmale verschwanden langsam. Innere Organe schienen nicht betroffen zu sein; die Male schmerzten nicht mehr oder weniger als »normale« Wunden dieser Größe. Die Krankheit schien überwunden.
Aber dann, meist nach langer Zeit, sickerte unerwartet helles Blut aus Nase und Ohren, später aus den Fingerspitzen, und die Nägel oder Krallen
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