PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen
er zu der immer noch verblüfften Frau. »Und während der Konfrontation mit dem Kugelschiff hast du Ruhe bewahrt. Du bringst alle notwendigen Voraussetzungen mit, um die große Verantwortung zu tragen, die auf dem Schiffskommandanten lastet.«
»Ich...« Dalianta räusperte sich. »Danke, Zwölfter. Das ist eine große Ehre für mich.«
»Wie die anderen Exodus-Schiffe, die ihr in den kommenden Jahren folgen, wird die AKAN HATA auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Je höher die Geschwindigkeit, desto schwerer ist sie zu orten - inzwischen haben wir die Fluktuationen im Energiefluss zu einem fast perfekten Ortungsschutz genutzt. Dem Feind wird es sehr, sehr schwerfallen, euch auf dem Weg zu den Sternen zu orten, und das ist auch gut so. Während eurer Reise vergeht die Zeit an Bord langsamer: Für jedes Jahr in der fliegenden AKAN HATA vergehen hundert auf Lemur. Das Schiff wird sein Ziel erst in Jahrhunderten erreichen, in Jahrzehntausenden nach lemurischer Zeitrechnung, und während dieser Zeit ist es deine Aufgabe, die Sicherheit der Menschen an Bord zu gewährleisten.«
Daliantas Gesicht zeigte neue Verwirrung, aber Deshan begann zu ahnen, was Paronn beabsichtigte, und Ehrfurcht erfasste ihn. Er fühlte sich wie jemand, der am Rand einer gewaltigen Schlucht stand und in die Tiefe blickte, aber in diesem Fall war es eine Schlucht der Zeit, und ihre Tiefe wurde in Jahrtausenden gemessen.
»Du wirst beobachten, wie eine Generation der anderen folgt«, fuhr Paronn fort, »wie Menschen an Bord der AKAN HATA geboren werden und wieder sterben, ohne jemals einen Planeten gesehen zu haben. Und schließlich, wenn ihr das Ziel erreicht, sollst du die letzte Generation auf eine neue Welt begleiten und ihr beim Aufbau einer planetaren Gesellschaft helfen.«
»Aber...« Dalianta suchte nach den richtigen Worten. »Ich bin noch keine vierzig Jahre alt, und wenn der Flug Jahrhunderte dauert, wie du sagst... «
Levian Paronn holte ein zweites Objekt hervor, eine Kette, an der ein eiförmiger Gegenstand hing. Er legte sie Amelga Dalianta um den Hals.
»Als Zwölfter Heroe Vehraato schenke ich dir Unsterblichkeit, Kommandantin Amelga Dalianta.«
Das »Observatorium«, wie es Bewohner und Besucher der Mondstation nannten, befand sich auf der Kuppe eines niedrigen Hügels. Die Decke war transparent, ebenso ein großer Teil der Wände, und dadurch bot sich den Beobachtern ein spektakulärer Blick ins All und über Suens Landschaft. Mehr als hundert Personen hatten sich an diesem Tag im Observatorium eingefunden, unter ihnen natürlich auch Levian Paronn und Deshan Apian. Ihre Aufmerksamkeit galt nicht etwa dem blauweißen Planeten Lemur, der dicht über dem Mondhorizont hing, sondern einem röhrenförmigen Objekt, das am dunklen Himmel Apsus Licht reflektierte: die AKAN HATA.
Ein Raunen ging durch die Menge der Zuschauer, wie ein kollektiver Seufzer, als sich an den Flanken des dreieinhalb Kilometer langen Schiffes grauweiße Fangfelder bildeten. Wenige Sekunden später setzte sich die AKAN HATA in Bewegung und glitt langsam über das tintenschwarze Mondfirmament.
»Wir grüßen Lemur und alle Lemurer«, tönte die Stimme der Kommandantin Amelga Dalianta aus dem Lautsprecher. »Wir sind die Ersten, und weitere werden uns folgen. Wir bringen die Menschen zu den Sternen!«
Jemand begann zu klatschen, und innerhalb weniger Sekunden wurde daraus ein donnernder Applaus. Die AKAN HATA beschleunigte, verließ die Mondumlaufbahn und entfernte sich vom System Lemur-Suen. Es würde nicht lange dauern, bis sie auch das Apsu-System hinter sich zurückließ.
»Er hat begonnen«, sagte Levian Paronn laut und stolz. »Der Exodus hat begonnen.«
Deshan Apian - Lemuria 4564 dl(51836 v. Chr.)
»Warum hat er uns eingeladen?«, fragte Deshan Apian neugierig und stützte sich schwer auf den Gehstock. Der Schmerz im Rücken machte sich erneut bemerkbar. »Herbon Amodt hat vor einem Jahr auch die restliche Kooperation mit den Sternensuchern eingestellt. Er ist ein erklärter Gegner von uns.«
Von uns. Deshan zählte sich längst dazu. Er stand der Entwicklung nicht mehr als Unbeteiligter gegenüber, als neutraler Beobachter, sondern bekannte sich zu den Sternensuchern. Das hatte ihm die Kritik einiger anderer Chronisten eingebracht, aber seiner Meinung nach waren die alten Prinzipien durch die Entwicklungen während der letzten Jahre relativiert worden. Der Konflikt in der lemurischen Gesellschaft spitzte sich immer mehr zu und
Weitere Kostenlose Bücher