PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen
zwang praktisch alle, Stellung zu beziehen, so oder so.
Paronn sah aus dem Fenster des Lifts, der an der Seite des Verwaltungsturms noch oben glitt. Sein Blick reichte über das Gelände des Raumfahrtzentrums hinweg, das längst zu einem Teil von Marroar geworden war.
»Amodt ist eine Marionette der Ersten«, erwiderte Paronn ruhig. »Durch ihn kontrolliert sie das Raumfahrtsolidar. Es ist ihr nicht gelungen, ein Verbot der Sternensucher und des Projekt Exodus durchzusetzen. Vielleicht hat sie ein Einsehen und beabsichtigt, uns neue Zusammenarbeit anzubieten.«
»Glaubst du das wirklich?«, fragte Deshan skeptisch.
»Nein.« Paronn wandte sich vom Fenster ab und sah den alten Chronisten an. »Vielleicht handelt Amodt auf eigene Faust. Für wahrscheinlicher aber halte ich, dass die Erste irgendetwas ausheckt. Was auch immer geschieht: Bleib in meiner Nähe.«
»Erwartest du etwas?«
Der wie ein Vierzigjähriger aussehende und weit über hundert
Jahre alte Paronn zuckte mit den Schultern. »Solange man miteinander spricht, besteht Hoffnung.«
Im obersten Stock des Turms hielt der Lift an, und die Tür öffnete sich. Ein junger Bediensteter wartete dort auf den Zwölften Heroen und seinen Chronisten, gekleidet in eine kupferrote Uniform.
»Bitte folgt mir.«
Der junge Mann führte sie durch einen langen Korridor, vorbei an Büros, in denen die Administratoren und ihre Gehilfen gerade die Arbeit für diesen Tag beendeten. Deshan erinnerte sich an die Zeit bei Impetus: Damals hatten Levian Paronn und seine Ingenieure oft rund um die Uhr gearbeitet.
Vor einer breiten Tür blieb der Bedienstete stehen, öffnete sie und deutete eine Verbeugung an. »Dirigent Amodt erwartet euch.«
Die beiden Besucher traten ein, und Deshan gewann sofort den Eindruck von zu viel Luxus. Die Wände des großen Büros waren mit dunklem Edelholz getäfelt, und der Boden bestand aus honiggelbem Marmor. Vitrinen zeigten maßstabgetreue Modelle der Raumschiffe, die das Raumfahrtsolidar zu den inneren und äußeren Planeten geschickt hatte, und hinzu kamen Bilder verdienstvoller Raumfahrer, Techniker und Verwalter. Das Licht kleiner Richtlampen fiel auf Gemälde und Skulpturen. Der Zweck eines etwa einen Meter breiten und gut zwei Meter hohen Spiegels an einer Wand blieb Deshan rätselhaft. Fand Herbon Amodt Gefallen daran, sein Spiegelbild zu betrachten? War er in sich selbst verliebt?
Der kleine, untersetzte Dirigent kam hinter dem ebenfalls aus Edelholz bestehenden Schreibtisch hervor, lächelte übertrieben freundlich und streckte die Hand aus. »Wohlergehen euch, Levian Paronn und Deshan Apian. Es ehrt mich, dass ihr gekommen seid. Bitte nehmt Platz.« Er deutete auf zwei Sessel und kehrte hinter den Schreibtisch zurück.
Paronn und Deshan setzten sich.
»Nach deinen letzten Erklärungen in Marroars Medien erstaunt mich deine Einladung ein wenig«, sagte Paronn, der offenbar sofort zur Sache kommen wollte. »Du hast praktisch keine Gelegenheit ausgelassen, das Projekt Exodus der Sternensucher als unerhörte Ressourcenvergeudung zu kritisieren.«
Deshan sah mit den Augen und hörte mit den Ohren des Chronis-ten, der gelernt hatte, auf alle Details zu achten. Er musterte Herbon Amodt, bemerkte das gelegentliche Zittern der buschigen Brauen und beobachtete, wie seine fleischigen Hände über den Schreibtisch tasteten, als suchten sie irgendwo nach Halt. Der Dirigent des Raumfahrtsolidars versuchte, ruhig und beherrscht zu wirken, verriet sich aber nicht nur mit seinem unsteten Blick. Deshan erkannte seine Nervosität.
»Vielleicht habe ich mich hier und dort zu krass ausgedrückt«, erwiderte Amodt. »Aber du hast recht, Paronn. Ich halte das Projekt Exodus tatsächlich für eine Verschwendung wertvoller Ressourcen. Genau darüber wollte ich mit dir reden.«
Er griff nach einem Stift, drehte ihn hin und her. »Drei Schiffe habt ihr inzwischen gebaut und zu den Sternen geschickt, nach der AKAN HATA... «
»... die HENTECK AVRAM und die GELMA UATH«, sagte Paronn.
»Von den Materialkosten einmal ganz zu schweigen: Fast sechzigtausend Menschen haben Lemur verlassen. Diese Arbeitskräfte fehlen unserer Wirtschaft, und die Folge ist ein geringeres Wachstum unseres ökonomischen Potenzials. Es droht sogar eine Stagnation, die alle wirtschaftlichen Pläne über den Haufen wirft. Euer Projekt Exodus fordert einen Preis, den wir alle bezahlen müssen, nicht nur die Sternensucher. Wie viele Schiffe sollen noch gebaut werden?«
»Einige
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