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PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche

PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche

Titel: PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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ein weiteres Mysterium, das ihn wochen- und monatelang zermürbt hatte. Wie sollte man die Jenseite erreichen können, wenn doch zwischen der höchsten Vulkanklippe und dem Firmament über tausend Meter lagen?
    Antwort: Völlig losgelöst, befreit von allen irdischen Widernissen. Innerhalb der Rauchsäule. Butterweich absinkend - in Wahrheit: hinauf-, ohne einen Finger rühren zu müssen.
    Boryk glitt durch die Schleier dahin. Die Leichtigkeit, die seinen Körper erfasst hatte, griff auch auf seinen Geist über. Er fühlte sich beschwingt, abgehoben, traumwandlerisch. In Ermangelung eines Spiegels konnte er seinen Gesichtsausdruck nicht überprüfen, doch er war ziemlich überzeugt, dass dieser dem entrückten Grinsen seines Lieblingsvaters Fosse nach einigen Krügen Starkmost alle Ehre gemacht hätte.
    Der Korridor hingegen, in dem er sich unbestimmbare Zeit später wiederfand, übte eine ernüchternde Wirkung auf Boryk aus. Immer noch war er schwerelos, schwamm durch die unnatürlich reine, geruchsfreie Luft. Aber rings um ihn spannte sich Haut, als befände er sich in einem fluoreszierenden Darm. Aus purem Licht bestehende Zotten griffen nach ihm, und in ihn hinein. Betatschten, begrapsch-ten ihn auf widerliche Weise, wühlten in ihm herum, kehrten sein Innerstes nach außen. Sie verursachten keine körperlichen Schmerzen, jedoch das Gefühl, vollkommen bloßgestellt zu werden, ohne sich im Mindesten dagegen wehren zu können.
    Irgendwann endete die Tortur, und der grässliche Korridor wurde wieder zu einer Rauchsäule, in der Boryk abwärts glitt. Die Demütigung des eben Erlebten klang noch in ihm nach, sodass er sich nicht richtig darüber freuen konnte, sein Ziel erreicht zu haben.
    Denn zweifellos befand er sich nun auf der Jenseite, in der Hölle. Die neblige Säule setzte ihn auf einem Gipfel ab. Ringsum erhob sich eine zerklüftete Gebirgskette, ganz ähnlich den Vulkanklippen drüben im Himmel. Doch am Fuße der Berge breitete sich nicht der Garten Ehedem aus, sondern...
    Ein See, gewaltig in seinen Ausmaßen. So weit Boryk sehen konnte, umgab das Wasser den Gebirgsstock auf allen Seiten. Vom Horizont trennte es nur ein Streifen Sandwüste. Am Firmament strahlte eine Sonne, die ihm ein klein wenig heller als die große Leuchte seiner Heimat vorkam. Das mochte aber auch Einbildung sein.
    Hütten standen an den Ausläufern der Berge, am Seeufer und auf Pfählen im See selbst. Sie waren bewohnt, denn es stieg Rauch aus den Schornsteinen auf. Auch konnte er kleine Gestalten ausmachen, überwiegend weibliche, wie ihm schien. Boryk hätte sich am liebsten kopfüber von der Klippe zu ihnen hinuntergestürzt. Doch etwas sagte ihm, dass er zwar hier oben sehr wenig wog, spätestens unten in der Ebene aber wieder sein volles Gewicht zurückerhalten und sich alle Knochen im Leib brechen würde.
    Beim Abstieg ermähnte er sich immer wieder zu Besonnenheit und Wachsamkeit. Vielleicht streunten ja auch hier halbwilde Tiere herum, die ihren Besitzern nur sehr eingeschränkt gehorchten, so wie drüben die Baggerbestie. Gottlob erwies sich seine Vorsicht als unbegründet, er bemerkte nichts Gefährliches. Er entdeckte auch keine Eingänge in den Berg, keinerlei Spuren, die darauf hin-deuteten, dass hier oben jemals Menschen ansässig gewesen wären. Die Felslandschaft wirkte vollkommen unberührt, jungfräulich, trostlos. Nicht einmal nennenswerten Wind gab es.
    Als er, viele Stunden später, lang nach Sonnenuntergang, endlich das Ufer des Sees erreichte, war er rechtschaffen müde. Einzig der Stolz darüber, das große Abenteuer bis hierher bestanden zu haben, hielt ihn noch auf den Beinen. Und die Angst, seine alte, allergrößte Angst. Vor dem, was als Nächstes auf dem Programm stand.
    Kampf gegen die Höllenbewohner, Raub ihrer Frauen, und dann...
    Die beiden Monde am Firmament standen schon ganz nah beieinander. Es musste kurz vor Mitternacht sein. Nichts rührte sich bei den Hütten am Ufer. Wie ausgestorben lagen die Gärten, Felder und Wiesen da, spiegelglatt die Oberfläche des Sees.
    Und jetzt? Boryk war ratlos, wie er weiter vorgehen sollte. Er konnte ja nicht gut an irgendeine Tür klopfen und rufen: »Hallöchen, schönen Abend zusammen, vom Himmel hoch, da komm ich her, macht's euch was aus, liebe Leute, wenn ich kurz einige eurer Mädchen raube, damit diese mich endlich entjungfern?«
    Andererseits...
    Warum eigentlich nicht? Was konnte ihm passieren? Er besaß schließlich die Macht, ihnen seinen Willen

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