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PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche

PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche

Titel: PR Lemuria 04 - Der erste Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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gewesen sein.
    Kurz erwog Boryk, zurück zum See Geneset zu gehen und um Verzeihung zu bitten, Sühne anzubieten, Tilgung der Schuld, soweit das irgend möglich war. Doch er verwarf die Idee rasch. Er hatte den Genesern ja ihre Erinnerung an die Orgie genommen, auch das eine Sünde für sich. Sie waren Opfer, die nicht einmal wussten, welch Unrecht ihnen widerfahren war. Wenn er vor sie hintrat, würden sie ihm wahrscheinlich gar nicht glauben. Dieser hässliche Gnom, dieses schwächliche Bürschchen sollte sie alle in Bann geschlagen haben? Sie würden ihn für einen Aufschneider halten, für einen närrischen Angeber. Um seine Behauptungen zu beweisen, hätte er erneut seine unheimliche Macht einsetzen müssen. Das aber wollte er nicht; hätte es auch derzeit gar nicht gekonnt, nicht in diesem erbärmlichen Zustand.
    Den ganzen Tag haderte Boryk mit sich, überhäufte sich mit Selbstvorwürfen. Er vermeinte, sterben zu müssen, so sehr hatte ihn der Kater in seinen Schaufelpranken. Den Freitod zu suchen, sich in eine Schlucht zu werfen, erschien ihm auch nicht richtig, da feige. Falls er einen Rest von Selbstachtung bewahren wollte, durfte er sich seiner Verantwortung nicht entziehen, sondern musste auf andere Weise Buße tun.
    Schließlich setzte er den Aufstieg fort. Etwas Besseres fiel ihm nicht ein. Er schleppte sich, halb betäubt vor Kopfschmerzen, zum höchsten Gipfel, vertraute sich der Rauchsäule an. Landete im Korridor, ließ die grässliche Durchleuchtung über sich ergehen.
    Und registrierte erst nach einigen Sekunden, dass das geisterhafte Licht abrupt erloschen war und sich unmittelbar neben ihm eine Tür öffnete, die er zuvor nicht einmal bemerkt hatte.
    Eine unsichtbare Hand zog ihn hinein. Er schwebte einen Gang entlang, der von ovalem Querschnitt war, ähnlich manchen Stollen im Silbernen Berg. Ein Teil der Wand glitt zur Seite, eröffnete einen weiteren Durchgang. Boryk wurde von der Geisterhand in einen großen Raum geschoben, fast so hoch wie die Höhle, in der das vertikale Dorf errichtet worden war. Diese Halle aber war so gut wie leer, wenn man von seltsamen Bildern und vielen kleinen Lichtern an den Wänden absah. Ein einziges Möbelstück befand sich ziemlich genau in ihrem Zentrum, eine Art schwebendes Sofa, doch etwa vier Meter breit.
    Auf dem Sofa ruhte eine Riesin.
    Sie sah aus wie eine zu mehr als doppelter Größe aufgeblasene Menschenfrau, war undefinierbaren Alters und in einen dünnen, fleckigen, verschlissenen Morgenmantel gehüllt. Sie wirkte bis auf den unverhältnismäßig kleinen Kopf sehr füllig; Speckwülste hingen von ihren nackten Schenkeln. In der einen Hand hielt sie ein Zauberbrettchen, in der anderen eine bauchige Flasche mit einer roten Flüssigkeit.
    »Ich hatte schon befürchtet, es würde überhaupt keiner mehr kommen«, sagte sie, gedehnt und etwas undeutlich, als wäre sie beschwipst. »In den Biosphären pfeift man, scheint's, immer öfter auf meine Gebote.« Sie lachte gellend auf, führte die Flasche zum Mund und saugte Flüssigkeit durch das Röhrchen. »Und die paar, die in letzter Zeit doch durch den Scanner gegangen sind, besaßen nicht einen Hauch von Parabegabung. Da wirst du verstehen, mein Junge, dass wir über dich ganz außerordentlich erfreut sind.«
    Boryk verstand gar nichts. Aber er nickte sicherheitshalber so heftig, dass er in der Schwerelosigkeit einen Salto drehte, bis ihn die unsichtbare Hand wieder stabilisierte.
    »Wer... bist du?«, fragte er.
    »Ich bin deine Schöpferin. Die, die alles geschaffen hat. Himmel und Hölle, die ganze Welt. Gefällt sie dir?«
    »J-ja. Ja, sicher. Sehr!«
    »Das ist würdig und recht. Ich habe einen Designpreis dafür bekommen. Einen Wettbewerb gewonnen, unter Tausenden Teilnehmern! Nicht zuletzt wegen der originellen Konzeption mit den zwei Biosphären, hat die Jury gemeint. Darum durfte ich sie bauen, die Welt, und höchstpersönlich als Kommandantin an Bord gehen und sie auf Kurs bringen. Man hat mir sogar ein irrsinnig wertvolles Geschenk gemacht, damit ich während des ganzen langen Fluges über sie wachen kann.«
    Die Riesin klopfte auf ihre Brust, wo sich unter dem dünnen Stoff eine Art Amulett abzeichnete. »Aber ich war keine gute Wächterin. Oder ich hatte schlicht und einfach Pech, was weiß ich. Es lebt niemand mehr, der mich kritisieren oder anklagen könnte. Niemand. Nur ich.«
    Tränen rannen ihre Wangen hinunter. »Sie sind alle tot, alle gestorben wegen der Seuche, die wir nicht in

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