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PR Lemuria 06 - Die längste Nacht

PR Lemuria 06 - Die längste Nacht

Titel: PR Lemuria 06 - Die längste Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Laut der Enttäuschung löste sie ihre Lippen von seinen, blickte ihn ungläubig an. »Du denkst zu viel an den Krieg. Ich bin auch noch da, und ich ...« Was immer sie noch sagte, es wurde zum unverständlichen Murmeln, als Levians Hände sich in ihr Haar wühlten.
    »Lass es gut sein, Erghena, ich komme in Gedanken nicht von den Bestien los.«
    »Ich will dich nicht mit den vierarmigen Monstern teilen! Begreifst du das denn nicht? Ein paar glückliche Minuten, Levian, nur wir beide und ohne diese Bestien! Verlange ich damit wirklich zu viel?«
    Ihre Begegnung wurde so intensiv wie lange nicht mehr. Wild drängte Erghena sich ihm entgegen und klammerte sich wie eine Ertrinkende an seinen Hals. In diesen wenigen Minuten gab es nur noch sie beide, kein Gewitter, keine Großstadt, in der sich die Flüchtlinge gegenseitig auf die Füße traten, in der Levian die geräumige Wohnung nur erhalten hatte, weil er als Wissenschaftler für das Große Tamanium wichtig war. Einige Tamräte hatten ihm bereits nahegelegt, über einen der Sonnentransmitter in die Zweite Insel zu fliehen.
    Der lauter werdende Donner ließ Erghena innehalten. Sie erstarrte. Levian registrierte, dass das Beben ihres Leibes zum angsterfüllten Zittern wurde.
    Ein zweites explosionsartiges Dröhnen in unmittelbarer Nähe. Das
    Fenster klirrte vernehmlich, dann schien das ganze Gebäude zu schwanken.
    »Das ist kein Gewitter mehr!«, flüsterte Levian tonlos.
    Sekundenlang hielten sie sich noch hilflos umklammert, während draußen ein nicht enden wollendes Stakkato losbrach. Ganz weit weg waren nun auch die Sirenen zu vernehmen.
    Raumalarm!
    Im Salventakt rollten das Dröhnen und die stärker werdenden Erschütterungen heran. Alles schwankte.
    »Janok!«, brüllte Erghena. Irgendwie schaffte sie es, nicht nur auf die Beine zu kommen, sondern sich trotz der heftigen Bebenwellen quer durch den Raum zu bewegen.
    Auch Levian kam jetzt hoch. Er versuchte gar nicht erst, sich vollständig anzuziehen. Der nächste Stoß warf ihn gegen die Wand; er spürte, wie Elle und Speiche seines linken Unterarms splitterten, dann durchflutete ihn eine Woge der Übelkeit. Hinter ihm zerplatzte die Fensterfront mit einem peitschenden Knall. Geschossgleich wirbelten die Splitter durch den Raum, vorwärtsgepeitscht von einer sengenden Hitze. Aber da hatte Levian schon den Korridor erreicht.
    Infernalischer Lärm brach über ihn herein. Mit unglaublicher Präzision mussten die Angreifer aus dem Hyperraum gefallen sein und die Wachflotte ausgeschaltet haben, zweiunddreißig schwer armierte Schlachtschiffe neuester Bauart. Kugelraumer, die selbst dem Teufel trotzen würden. Aber die schwarzhäutigen Bestien waren nicht der Teufel...
    ... sie waren schlimmer.
    Auch im Kinderzimmer war das Fenster zerborsten und der Boden von Splittern übersät. Die Nacht hatte sich blutig rot gefärbt, Feuerstürme tobten durch die Straßenschluchten.
    Thermo- und Impulsstrahlen zogen lodernde Spuren der Vernichtung. Nur in der Ferne schlug den Bestien noch schwaches Abwehrfeuer entgegen.
    Ein Schatten jagte vorbei, ein raumtauglicher Kampfgleiter. So nah, dass Levian fürchtete, die wabernde Triebwerksglut könnte das Gebäude erfassen.
    Weitere Gleiter folgten. Insgesamt waren es zwei Dutzend oder mehr. Sie konnten nur aus den unterirdischen Depots aufgestiegen sein, eine letzte Streitmacht, die den Bestienraumern außer ihrer Wendigkeit aber nicht viel entgegenzusetzen hatte. Levian glaubte, die Verzweiflung zu spüren, mit der die Piloten in den Tod flogen. Sie konnten das Verderben nicht aufhalten.
    Urplötzlich ein greller, sich in weiteren Explosionen ausweitender Glutball. Thermosalven rissen die Formation der Gleiter auf. Halb geblendet, sah Levian zwei Schatten abdrehen, steil in die Höhe ziehen und miteinander kollidieren. Sie verglühten nicht, sondern brachen einfach auseinander, und die Wrackteile folgten einem neuen Kurs.
    »Raus hier!«, brüllte er.
    Erghena hatte das Kinderbett fast erreicht. Von dem Lärm aus dem Schlaf gerissen, schluchzte Janok jämmerlich. Aber darauf konnte Levian keine Rücksicht nehmen. Er handelte instinktiv, umklammerte Erghenas Handgelenk und riss sie mit aller Kraft mit sich. Die Frau taumelte, sträubte sich - es war ihm egal. Nur weg hier, raus aus der Wohnung, bevor... Ein berstendes Splittern und Krachen begleitete den ersten Einschlag eines der Gleiterfragmente. Vielleicht ein oder zwei Stockwerke höher, Levian konnte es nicht erkennen.

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