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PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

Titel: PR NEO 0039 – Der König von Chittagong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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geschehen war, und bedeutete ihr dann, seine Hand zu ergreifen.
    Sie zögerte, gehorchte aber. Kakuta kehrte mit Ariane zum Ort der Auseinandersetzung zurück. Die Spur war deutlich in der Spiegelung seiner Gläser zu sehen.
    »Woher weißt du, dass er uns zu Wuriu bringen wird?«
    »Auch ich erkenne gewisse Gerüche, und dafür benötige ich nicht einmal eine besonders gute Nase. Ich rieche eine Lüge, sobald ich ihr begegne.«
    »Du glaubst ihm nicht, obwohl du ihn derart unter Druck gesetzt hast?«
    »Er ist ein harter Junge. Einer, der alle möglichen Lügen erfinden würde, der sich dreht und windet, der jeden Vorteil nutzt und der nur dann die Wahrheit sagt, wenn man ihm richtig zusetzt. Und das wollte ich nicht. Nicht hier.«
    »Du hast etwas an dir, was mich manchmal erschreckt. Eine Art von Härte, die ich bei keinem anderen Menschen kennengelernt habe.«
    »Ich hatte eine ausgezeichnete Schule.«
    Aus mehreren Fenstern lugten neugierige Nasen hervor. Die Menschen ahnten, dass hier Dinge geschahen, in die sie sich besser nicht einmischten.
    Ihr »Hase« hatte mittlerweile einen Vorsprung von etwa zehn Minuten. Kakuta nickte Ariane zu, sie setzten sich in Bewegung. Zu viel Vorsprung würde dem Chittagonger die Gelegenheit geben, Fallen zu errichten oder sich der Hilfe anderer Schläger zu versichern.
    Es ging durch viele Gassen. Es war offensichtlich, dass der Hase das Ziel verfolgte, seine Spur zu verwischen. Zweimal hatte er Wohnungen aufgebrochen, um sich auf der anderen Seite durch schmale Fenster ins Freie zu quetschen, dreimal hatte er seinen Weg über Dächer fortgesetzt.
    »Er ist nicht schlecht«, sagte Kakuta mit widerwilliger Bewunderung.
    »Aber nicht so gut wie wir.«
    Der Infrarotspürer gab den Vorsprung ihres Opfers mit nur noch sieben Minuten an. Sie hatten mehrere Abkürzungen genommen, und nun, da sie sich offenem Gelände nahe des Meeresufers näherten, erkannten sie die eigentliche Stoßrichtung des Chittagongers.
    »Es geht also wieder mal hinab zu den Werften«, brachte Ariane das Offensichtliche auf den Punkt.
    »Was unsere Aufgabe nicht unbedingt erleichtert.« Kakuta sah sich um. »In jedem dieser Wracks könnten sich Gegner verstecken.«
    »Ich vermute mal, dass sich Gnao nicht lumpen lässt.« Ariane zog ihn neben sich. Sie traten auf eine offene Fläche, von Unkraut überwachsen, die die Grenze der Stadt zu dem Werftgelände markierte. »Wenn dich deine Leute als den wichtigsten Warlord der Stadt bezeichnen und dein Reich als Free State of Chittagong, hast du ganz gewiss keinen Minderwertigkeitskomplex. Wo würdest du dich an Gnaos Stelle niederlassen?«
    Kakuta nickte. Er verstand, worauf seine Begleiterin hinauswollte. »Im größten Wrack der Werften beziehungsweise im größten Teil eines Wracks. Was mit der Richtungsangabe des Infrarotspürers übereinstimmen würde.«
    »Mit der meiner Nase ebenfalls.«
    Gemeinsam blickten sie auf einen Metallkoloss, der im Smog nur schattenförmig im Hintergrund des Geländes erkennbar war, in einer Entfernung von etwa zehn Kilometern. Selbst auf diese Distanz wirkte das halbe Schiff monströs. Der ehemalige Kreuzfahrer war in der Mitte auseinandergeschnitten worden. Er hatte fünfzehn oder mehr Decks. Manche Teile des Schiffs waren in sich zusammengebrochen, andere ragten weit aus dem Wrack heraus – wie Eingeweide, die aus einem Leib quollen.
    Kakuta hielt einen kleinen Jungen auf, klimperte mit den Münzen in seinem Hosensack und fragte: »Wie heißt das Riesending dort vorne?«
    »Das ist die ALL URE.«
    »Und wem gehört die ALL URE?«
    »Das weißt du nicht? Dort wohnen die Gnao. Die Schatten!«
    Das war kein Bengali, ebenso wenig ein Begriff aus einer anderen bekannten Sprache. Gnao war ein Dialektwort, ein Slang, den der Translator erst jetzt verstand und seiner Bedeutung entsprechend übersetzte. So ausgefeilt die Translatortechnik auch sein mag – sie hat ihre Grenzen.
    Er schnippte dem Kleinen eine Münze zu. Der fing sie geschickt auf und lief weiter, mit einem breiten Grinsen in seinem Gesicht. »Die Schatten«, wiederholte Kakuta nachdenklich. »Damit ist ja wohl alles klar.«
     
    Sie entschieden sich gegen ein verdecktes Vorgehen. Das Versteckspiel musste ein Ende haben. Es war offensichtlich, dass Gnao bloß mit ihnen spielte, sie in die Irre führte, sie austestete.
    Warum? Wollte er sie in sein Domizil locken und ihnen dort den Garaus machen? Oder hatte er Wuriu gefangen genommen, um Lösegeld zu erpressen?
    Nein. In

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