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PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

Titel: PR NEO 0039 – Der König von Chittagong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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diesem Fall hätten wir längst eine Forderung zugestellt bekommen.
    »So einen riesigen Kasten habe ich noch nie gesehen!« Ariane schüttelte den Kopf, immer öfter, je näher sie sich der Wrackhälfte der ALL URE näherten. »Ich frage mich, wo der Heckteil abgeblieben ist.«
    »Wahrscheinlich wurde er bereits zerlegt.« Kakuta tastete nach seinem Kombistrahler und aktivierte die Paralysewirkung. Er wies Ariane an, es ihm gleichzutun. »Denk daran: Gnao weiß allem Anschein nach über mich Bescheid. Womöglich nutzt er Sandhyas Fähigkeiten, um mich zu neutralisieren. Du bist ein unbeschriebenes Blatt für ihn. Du musst mir den Rücken freihalten und darauf achten, was er vorhat. Warne mich, solltest du Gefahr riechen. Ich bringe uns in Sicherheit, sobald es brenzlig wird.«
    »Verstanden.«
    Andere Gestalten gingen neben ihnen her. Schatten, wenn man so wollte. Frauen und Männer in grauer oder schwarzer Bekleidung. Sie unterschieden sich in ihrem selbstbewussten Auftreten deutlich von anderen Chittagongern. Sie gaben sich nicht einmal die Mühe, ihr Treiben geheim zu halten. Manche von ihnen grinsten grimmig, andere winkten ihnen, sich zu beeilen und nur ja nicht den falschen Weg durch ein Lager zu nehmen, in dem Teile ausgeschlachteter Schiffe fein säuberlich gestapelt und geordnet wurden. Das Geklimper kleiner wie großer Hämmer war ebenso allgegenwärtig wie das Zischen von Schweißbrennern.
    »Bist du bereit?«, fragte Kakuta.
    »So bereit, wie man nur sein kann. Es stinkt übrigens grauenhaft hier. Nach Mord und Totschlag.«
    Sie näherten sich einer letzten Reihe von Blechstapeln. Dahinter war nichts mehr, nur noch offene Fläche. Sie würden freien Blick auf die ALL URE haben. Mehrere Menschen waren links und rechts der Haufen zu erahnen. Sie hielten Hieb- und Stichwaffen in der Hand, machten aber keine Anstalten näher zu kommen.
    Kakuta atmete tief durch. Er hatte sich wie immer einige Fluchtpunkte ausgesucht, allesamt innerhalb seiner Reichweite.
    Nur noch wenige Schritte. Einen Stapel umrunden. Gut aufpassen, um sich nur ja nicht an den scharfkantigen Blechen zu schneiden. Der schillernden Öllache ausweichen.
    Die Wolken verzogen sich, die Sonne lachte unversehens auf sie herab. Vor ihnen ragte die ALL URE in die Höhe, die, wie Kakuta nun an verwitterten Schriftzeichen erkannte, ALL URE OF THE SEAS hieß, die Verlockung der Ozeane.
    Davor ragte ein etwa zwanzig Meter hoher Blechhaufen hoch. Unbrauchbarer Müll war übereinandergestapelt worden, und bei näherem Hinsehen erkannte Kakuta so etwas wie ein System, das diesem Berg eine gewisse statische Sicherheit gab. Und das war gut so, denn davor saß ein Mann auf einem Müllthron, die Beine weit von sich gestreckt, die Arme locker über die Lehnen gelegt. Er saß da, feixend, und winkte sie mit laschen Handbewegungen näher.
    »Willkommen im Free State of Chittagong«, sagte er. »Schön, dass wir uns wiedersehen.«
    Tako Kakuta hatte alle Mühe, seine Überraschung zu verbergen. Er verbeugte sich höflich. »Ich freue mich ebenfalls, Bruder Andreas.«
    »Ein Mann mit Manieren. Wie schön!« Er lächelte weiterhin. »Ich darf Sie nun bitten, Ihre Waffen zu senken und an meine Mitarbeiter zu übergeben.«
    Kakuta fühlte einen Druck am Hinterkopf. Ein Waffenlauf, kühl und schmerzhaft.
    Sein Fluchtreflex sprach an. Er tastete rasch nach Arianes Hand, konzentrierte sich – und entspannte sich wieder. Sein Herz schlug heftig, als er das Flackern eines Schutzschirms sah, das plötzlich den offenen Platz in Form einer Halbkugel einhüllte.
    Hochtechnologie in den Händen eines Warlords ... Kann es denn noch schlimmer kommen?
    »Sie sind ein vernünftiger Mensch. Das gefällt mir, Tako Kakuta.« Das Grinsen des vermeintlichen Missionsbruders wurde breiter. »Ich muss mich übrigens dafür entschuldigen, dass ich Ihnen vorgestern einen falschen Namen genannt habe. Ich heiße André. André Noir.«

8.
    Ein neuer Freund
     
    John Marshall lief seine Lieblingsrunde. Sie zog sich ein Stück abseits des Lakeside Institute um das Südufer des Goshun-Sees. Er mied die Begegnung mit anderen Menschen. Er joggte stets am Abend, wenn es die meisten Bewohner des Geländes ruhiger angehen ließen. Betrieb er in den Morgenstunden Sport, begegnete er oftmals anderen Joggern wie Ariane Colas. Sie hatte sich ihm bereits mehrmals angeschlossen und ihn mit Nichtigkeiten vollgequatscht, die einem jungen Mädchen nun mal durch den Kopf gingen. Zu jeder anderen Zeit hatte

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