PR NEO 0040 – Planet der Seelenfälscher
Theologe, Physiker oder Philosoph genug, um sich eine fundierte Meinung darüber zu bilden, was und was nicht möglich war.
»Ich verstehe, dass man sein Weltbild nicht von einem Augenblick auf den nächsten umwerfen kann«, sagte Taivor. »Aber stellen Sie sich trotzdem kurz vor, es gäbe Seelen. Alles, was ein Wesen ausmacht, sein Charakter, seine Empfindungen, seine Erinnerungen, all dies stecke in der Individualsignatur. Wir wissen nicht, ob sie ohne Körper fähig ist, die Welt um sich wahrzunehmen. Aber welches Recht gibt uns das, sie einzusperren? Versetzen Sie sich in die Lage eines Bewusstseins, das man speichert, dem man verwehrt, weiterzuziehen, das Qualen leidet, sie aber nicht äußern kann, weil ihm der Leib fehlt. Können Sie das?«
»Besser, als Sie glauben.« Goratschin wusste nicht mehr, ob er während der Jahre im Koma etwas empfunden hatte, aber die Frage war ihm nicht neu. Er hatte sie sich oft genug selbst gestellt. Hast du die Welt um dich gespürt? Warst du dir der Gefangenschaft im eigenen Körper bewusst? Hast du gelitten und die Erinnerung daran nach deinem Erwachen nur verdrängt? Bisher hatte er keine Antworten darauf gefunden.
Taivor lehnte sich auf die Unterarme, ließ sich aber gleich wieder mit einem Ächzen zurücksinken. »Welches Recht hätten wir, andere Wesenheiten einzusperren oder zu verletzen, nur weil wir nichts über sie wissen oder weil wir sie nicht verstehen?«
Natürlich konnte Goratschin dem Arkoniden nicht von der Erde erzählen, wo es über Jahrhunderte hinweg nicht darum gegangen war, welches Recht man besaß, sondern welches man sich nahm. Andersgläubige, Andersdenkende, Andersfarbige, Andersorientierte – sie machten einem Angst, also musste man gegen sie vorgehen. Wegsperren, misshandeln, umbringen. Egal. Und am besten redete man sich ein, es wäre gut, was man tat. Im Interesse der Allgemeinheit, der Forschung, der Volksgesundheit, des Schutzes der Jugend.
Von dem wenigen, was Goratschin durch Crest und Atlan da Gonozal über die Arkoniden des Großen Imperiums wusste, hatte er nicht geglaubt, unter ihnen welche mit einer so hohen moralischen Verantwortung anzutreffen. »Was haben Sie also vor?«, fragte er.
Taivor atmete erkennbar auf, auch Shyhats Körperspannung ließ nach. »Ich muss sehen, dass ich meinen Kontaktmann treffe. Er hat die Ausrüstung dabei, mit der wir in die Seelenbank eindringen können. Wenn sich die Gerüchte als wahr erweisen, wovon ich ausgehe, müssen wir eine Möglichkeit finden, die Seelen zu befreien, vielleicht die ganze Anlage zerstören.«
»Wer ist Ihr Kontaktmann?«
Der Arkonide lächelte unglücklich. »Das weiß ich nicht. Er sollte sich mit mir in Verbindung setzen. Gestern. Es kann sein, dass er bereits unverrichteter Dinge wieder abgeflogen ist.«
»Und wenn Sie ihn nicht finden?«
»Muss ich mir etwas ausdenken, wie ich den Auftrag allein erfüllen kann.«
»Langsam, langsam«, sagte Ishy Matsu. »Ich will euch großen Jungs nicht den Spaß am Planen verderben, aber wäre eine andere Frage nicht viel wichtiger? Wie sollen wir Ihnen helfen, Taivor, hier herauszukommen, wenn Sie nicht einmal gehen können? Wahrscheinlich fühlen Sie sich nur deshalb gut, weil Ihr Blut zur Hälfte aus Schmerzmitteln besteht.«
Taivor hob den Kopf und sah an sich hinab. Erst jetzt schien er zu bemerken, dass er bis auf ein paar Verbände nichts am Körper trug. Goratschin glaubte zu erkennen, wie sich seine Gesichtsfarbe leicht verdunkelte. Erröteten Arkoniden aus Scham? Eine weitere Lücke in Goratschins Wissen.
»Was ist mit meinem Raumanzug geschehen, nachdem man mich hier eingeliefert hat?«
Der Russe musste sich eingestehen, dass er sich darüber keine Gedanken gemacht hatte. »Als man Sie in dieses Zimmer schob, trugen Sie ihn noch. Bei der Erstversorgung durften wir allerdings nicht mit rein.«
Ishy nickte. »Später lagen Sie in diesem Tank mit Heilflüssigkeit. Ohne Anzug.«
»Kannst du dich erinnern, ob die Aras oder ein Robot ihn herausgebracht haben?«, fragte Goratschin die Japanerin.
Sie schüttelte den Kopf. »Das heißt, er muss irgendwo hier sein.«
Goratschin nickte ihr zu. Sie verstand und machte sich an einer der Wände an die Arbeit. Der Russe knöpfte sich die andere Wand vor. Er riss Türen und Fächer auf, schaute hinein, entdeckte nichts als Leere und schlug sie wieder zu.
»Ishy! Die hier geht nicht auf.«
Gleich stand die Japanerin an seiner Seite und erschuf mit ihrer Fähigkeit ein Bild des
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