PR NEO 0041 – Zu den Sternen
fast am Ende seiner Kräfte, sodass er das Vorhaben nicht umsetzen konnte. Auf dem Rückweg zur Luke schwitzte er derart stark, dass sich sein Helmvisier beschlug. Ohne Sicht und Orientierung schaffte er es nur knapp, zurück zur Luke zu finden.«
Rinkhel nickte. »Gut auswendig gelernt, de Vivar. Cernan hat dieses Erlebnis später in einem Buch ›The Spacewalk from Hell‹ betitelt. Wegen der fehlenden Haltepunkte sollte der Raumfahrer ausprobieren, ob er es schaffte, allein mithilfe der Nabelschnur zu manövrieren. Eine schlechte Idee. Nach kurzer Zeit verhedderte er sich bereits in den losen Schlaufen des Schlauchs und geriet in Schwierigkeiten. Ich zitiere.« Der Ferrone griff nach einer Folie und las: »Ich hatte überhaupt noch nichts getan und die Schlacht bereits verloren. Es war, als kämpfte ich mit einem Kraken. Ich hatte nicht den Hauch von Kontrolle über die Position oder Flugrichtung meines Körpers. Ich war völlig hilflos.« Wrinkle ließ die Folie sinken. »Ihm wurde heiß, sein Puls ging auf hundertachtzig hoch – ein Umstand, der de Vivar nicht unbekannt sein sollte. Nachdem sich sein Visier beschlagen hatte, krachte Cernan gegen eine Antenne und schaffte es, ein Loch in die äußere Lage seines Anzuges zu reißen. Aber er kam durch. Was lernen wir aus all diesen Schwierigkeiten bei den ersten Weltraumausstiegen von Menschen?«
Sid suchte nach einer passenden Antwort, fand aber keine, die all die erwähnten Ereignisse auf einen Punkt gebracht hätte.
»Weltraumausstiege stellen Raumfahrer vor Probleme, wenn sie nicht genügend darauf vorbereitet sind oder wenn ihr Material fehlerbehaftet ist«, sagte Hollander.
»Das stimmt, Kadett Hollander«, sagte der Ferrone mit einem grimmigen Lächeln. »Glücklicherweise sind die Menschen dank ihren Erkenntnissen aus siebzig Jahren Raumfahrt – und nicht zuletzt dank der ferronisch-arkonidischen Modernisierung ihrer Ausrüstung – heute in einer ungleich komfortableren Lage als damals. Die Raumanzüge haben einen Bruchteil des damaligen Gewichts und sind in der Lage, Fehler des Raumfahrers sofort zu korrigieren. Dennoch muss ein Kosmonaut auf alles vorbereitet sein. Und euer Training für die Schwerelosigkeit beginnt heute und hier.«
Major Rinkhel deutete auf das Becken. Gerade wurden zwei Kadetten an Leinen aus dem Wasser gehievt. Gegenseitig klatschten sie sich in die Hände. Offenbar hatten sie die Tests erfolgreich abgeschlossen.
»Das Training im Wassertank ist eine eher archaische Methode, um sich an die Bewegungsabläufe unter verminderter oder fehlender Schwerkraft zu gewöhnen«, erklärte Rinkhel. »Aber meine ferronischen Kollegen und ich haben entschieden, sie weiterhin anzuwenden. Nicht nur stehen uns Infrastruktur und Übungsanlagen bereits zur Verfügung, es schadet euch auch nicht, wenn ihr gegen den Wasserwiderstand ankämpfen müsst. Die echte Schwerelosigkeit werdet ihr dann ab nächster Woche im Antigravparcours erleben. Ich erkläre euch nun, wie das erste Training unter Wasser ablaufen wird.«
12.
3. April 2037
Zwanzig Minuten später wurden Sid und Hollander in ihren Raumanzügen ins Wasser hinuntergelassen.
Sid erblickte mehrere Objekte, die an den Wänden des Wassertanks befestigt waren. Scheinwerfer rissen sie aus der blauen, dumpfen Dunkelheit des Beckens.
Vier Taucher mit Scuba-Ausrüstungen schwammen mit eleganten Flossenschlägen auf sie zu. In regelmäßigen Abständen lösten sich Luftblasen aus ihren Mundstücken und stiegen in die Höhe.
Sid erkannte, dass an ihren Masken Kameralinsen eingebaut waren.
»Die vier Taucher sind meine Augen und verlängerten Arme«, erklang Rinkhels Stimme aus den Helmlautsprechern. »Sie werden euch nun austarieren.«
Zwei Taucher ergriffen Sid und drehten ihn in jede Richtung. Als keine Luftblasen mehr aus den Falten des Anzuges entwichen, stellten sie die Bewegungen ein. Dann befestigten sie mehrere rote und weiße Plastikmanschetten an den Armen und Beinen.
»Wer von euch kann mir das Auftriebsprinzip erklären?«, fragte Rinkhel.
Während Sid noch überlegte, erklang Hollanders Stimme. »Das archimedische Prinzip lautet: Die Auftriebskraft eines Körpers in einem Medium ist genauso groß wie die Gewichtskraft des vom Körper verdrängten Mediums«, ratterte der Kalifornier herunter.
»Korrekt. Trotz des Gewichts von Raumanzug und eurem Körper ist die mittlere Dichte kleiner als diejenige des verdrängten Wassers. Ihr erhaltet also Auftrieb – wie ein Ballon in
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