PR NEO 0042 – Welt aus Seide
Kaprisi häufig intensive Recherchen in den Datennetzen des Turms und der Station betrieb. Er ließ sie gewähren, weil sie diese Aufgaben weit besser erledigte als er und dabei gelegentlich auf interessante Kleinigkeiten stieß, die sie nach Arkon melden konnten. Zu einer Beförderung oder gar Versetzung hatte es allerdings bislang noch nicht gereicht.
Statt einer Antwort rief sie den heimlichen Mitschnitt der Audienz wieder auf und legte die beiden Eier übereinander. Obwohl das genaue Aussehen von Vidaarms Zepter unter der schützenden Tarnseide nur zu erraten war, so war es doch offensichtlich, dass die Konturen beider Schmuckstücke exakt deckungsgleich waren.
»Ein interessanter Zufall«, befand er.
»Da bin ich mir nicht sicher«, widersprach Kaprisi. »Es sei denn, du würdest es einen Zufall nennen wollen, dass auch dieses Objekt sich allen Scans der Sicherheitskontrolle entzog.«
»Wieso hat die Kontrolle dann ...«
»Weil die Scans einfach nichts angezeigt haben«, kam der Roboter seiner Frage zuvor. »Das System ist aber nicht darauf programmiert, Alarm zu schlagen, wenn nichts angezeigt wird. Etwas wird normalerweise immer angezeigt.«
»Das heißt ...«
»Wir wissen im Moment noch nicht einmal mit Sicherheit, aus welchem Metall dieses Gerät besteht. Es könnte sich um Titan handeln, aber die Daten sind ungenügend.«
Quetain Oktor schwieg nachdenklich. Das war in der Tat ungewöhnlich.
»Und das ist noch nicht alles«, fuhr Kaprisi mit einer gewissen Zufriedenheit, wie ihm schien, fort. Sie setzte die Bildgeschwindigkeit herauf und lenkte seine Aufmerksamkeit auf die bunt zusammengewürfelte Gruppe von Reisenden, die dem Arkoniden folgte. Sie bestand aus verschiedenen Humanoiden, deren Heimatwelt Oktor nicht zuordnen konnte: einer Mehandor, einem schwarz bepelzten Primitiven und einem weiteren Arkoniden in einem olivgrünen Overall, der dank seiner athletischen Figur und seines langen Haars deutlich imposanter als sein Landsmann wirkte. Der Fürsorger verfolgte, wie sie der Reihe nach die Sicherheitskontrolle passierten.
»Dieser Arkonide trägt ebenfalls etwas unter seinem Raumanzug versteckt, was auf unsere Scans nicht anspricht«, sagte Kaprisi. »In seinem Fall mag es sich tatsächlich um einen Zufall handeln, doch die Sachlage ist ... ähnlich.«
»Da Tarnseide als Erklärung hier aber ausscheidet, wäre deine Theorie wohl widerlegt, oder nicht?«
Kaprisi ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Das lässt sich ohne eine genaue Untersuchung jedes dieser Objekte nicht abschließend sagen.«
Zufrieden beugte sich Oktor vor und studierte das Bild. Es kam nicht häufig vor, dass Kaprisi nicht weiterwusste. »Mit welchem Schiff kamen die Fremden?«
»Mehandorwalze HETH-KAPERK, Passagierschiff. Reiseziel Hela Ariela. Zwischenstopp aufgrund eines Maschinenschadens. Sie legen zur Stunde ab, um das Schiff in die Werft zu fliegen.«
Quetain Oktors Herz begann schneller zu schlagen.
»Ruf ihren Kapitän! Ich will ihre Passagierdaten. Außerdem alles, was die internen Sensoren und die Tiefschlafeinheiten an biometrischen Daten gesammelt haben. Wie sieht es mit ihren Individualsignaturen aus?«
»Die Standardprozedur würde selbstverständlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, aber die ersten Momentaufnahmen der Station registrierten keine Übereinstimmungen in der Datenbank.«
»Und wo sind sie jetzt?«
»An Bord eines Shuttles zur Oberfläche. Sie müssten jeden Augenblick den Raumhafen erreichen.«
»Also gut.« Quetain Oktor lächelte grimmig. »Lernen wir sie auf die altmodische Art kennen.«
»Und die wäre ...?«
»Lad sie zum Essen ein! Der Kapitän soll meine besten Grüße bestellen.«
Da zog ein hektisches Blinken neben ihm seine Aufmerksamkeit auf sich.
Quetain Oktor erbleichte. »Ist das etwa das, was ich denke?«
Kaprisis Blick ging ins Leere, als sie in Sekundenschnelle Kontakt zur Positronik aufnahm. Dann drehte sie sich zu ihm um.
»Das Sektorenkommando ruft über Hyperfunk. Sie haben eine Nachricht für dich.« Sie legte den Kopf schief, als glaubte sie selbst nicht recht, was sie hörte. »Von Sergh da Teffron – der Hand des Regenten. Er wünscht dich zu sprechen.«
6.
Je-Ron-Tia
Je-Ron-Tia hatte keine Probleme gehabt, die Anlegestelle des walzenförmigen Schiffes zu finden. Wie erwartet, war es voller Fremder gewesen – wunderbarer, unverständlicher, verständnisloser Fremder, die sich aus dem Bauch des Schiffes ins Sternennetz ergossen. Doch nichts hätte
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