PR NEO 0043 – Das Ende der Schläfer
eigenen Augen sehen würde … Quasi-unsichtbare riesige Regenwürmer, die durch Materie gleiten wie unsereins einen Nebelstreif.«
Betty bemerkte sein Zittern und den Glanz seiner Augen. »Sie haben recht. Dieses Bild allein ist es bereits wert, dass wir hier abgewartet haben.«
Aescunnar schien ihr nicht zuzuhören, denn er brabbelte vor sich hin, machte Notizen. »Durchdringt feste Materie … fliegt … dennoch kann er materiell werden … Lazan …« Er wandte den Kopf Betty zu. »Was meinen Sie? Beeinflussen die Lazan die Atomschwingungen ihres Körpers?«
»Ich glaube nicht, dass mich diese Frage wirklich interessiert.« Sie winkte ab. Ihr genügte es, die seltsame Majestät und Eleganz zu sehen, mit der sich diese unfassbar fremden Kreaturen bewegten.
Aescunnar ließ sich jedoch nicht beeindrucken. »Theoretisch muss es möglich sein, die Frequenz der Atomschwingungen eines Körpers so weit zu erhöhen, dass sie höher als die normaler Materie wird. Dann könnte dieser Körper normale Materie durchqueren – genauso wie zwei elektrische Signale von unterschiedlicher Frequenz zur gleichen Zeit durch denselben Draht fließen können.«
»Und Sie glauben, genauso verhält es sich bei den Lazan?«, erkundigte sich Betty.
»Reine Spekulation. Fällt Ihnen eine andere Erklärung ein?«
Betty schüttelte den Kopf. »Das überlasse ich lieber anderen. Ich versuche die Lazan zu verstehen, nicht sie zu erklären. Aber schauen Sie dort: Da kommen die Ramani!«
Die Ramani fluteten in die Höhle wie eine Prozession von verhungerten Raben, die sich auf Stelzen gestellt und in Mönchskutten gehüllt hatten. Betty Toufry staunte, als sie die kaum 1,40 Meter großen Wesen sah. In den Gedankenbildern Phyliors hatten die Ramani anders ausgesehen, wenngleich nur in Details – sie waren ihr größer vorgekommen, die Haut poröser, die Finger bedrohlich spitzer.
»Es ist lange her«, sagte einer der Ramani. Er ging als Fünfter in der Reihe. Seine vier Arme bewegten sich so ruckartig, dass es vollkommen unkoordiniert wirkte. Betty verstand ihn sofort, als sei durch Phyliors Erzählung eine Art Sprachverständnis auf sie übergegangen. Wenn es bloß so einfach wäre …
»Ich sehe, dass Cyra Abinas Plan tatsächlich funktioniert hat. Die Zeitlosen Siegel sind erloschen, unsere Stasiskammern haben sich geöffnet. – Phylior? Bist du irgendwo hier?«
Er stand da und lauschte einer Stimme, die nur er hören konnte, während die anderen Ramani sich langsam erkundend durch die Höhle bewegten.
»Ja, ich freue mich auch, dich wiederzusehen, kleiner Gräber. Hast du bereits Informationen für mich, wo wir die Herrin finden werden?«
Einer der Ramani trat dicht an Betty heran. Von unten spähten zwei gelbe Vogelaugen zu ihr hoch, die schnabelartige Nase zuckte und verriet Muskeln, Knorpel und Fleisch anstelle von Horn. Mit einer dreifingrigen, dürren Hand näherte er sich ihr, die Bewegung endete aber, ehe er sie berühren konnte. Zitternd bewegte sich die Hand entlang ihres Körpers.
»Fnard ekke hu? Jika grard kol?«, fragte er.
Seltsam. Wieso verstand sie den einen Ramani, den anderen aber nicht?
»Wenn ich das umrechne, befindet sie sich weniger als zwanzig Lichtjahre von uns entfernt. Es ist wirklich das erste Mal, dass du von ihr hörst?«
In diesem Moment fiel es Betty Toufry auf: Der Ramani, den sie verstand, war kein anderer als jener Korian Lafesh Hurimun Skarrat, der einst Phylior begegnet war! Vielleicht hatte sie speziell zu diesem Individuum eine besondere Verbindung. Das würde es erklären … Aber wenn der winzige injizierte Translator, der sich in ihr Nervensystem eingeklinkt hatte, die Sprache erst analysiert hatte, würde das keinen Unterschied mehr machen.
Ich habe Korian Lafesh Hurimun Skarrat gesagt, wer du bist, sagte in diesem Moment Phyliors Gedankenstimme. Er lädt dich ein, seine Gedanken zu besuchen.
Danke!, gab Betty zurück und versuchte, in telepathischen Kontakt zu dem Ramani zu treten. Die beiden sahen einander an, und dann, langsam, verneigten sie sich gegenseitig voreinander, als träfen sich zwei sehr formelle japanische Geschäftsleute zu einer Firmenübernahme.
Wären Sie bereit, uns gegen die Überlassung gewisser technischer Gerätschaften mit einem Raumschiff auszuhelfen?, fragte Skarrat, nachdem er sicher sein konnte, dass sie ihn verstand. Wir müssen unsere Herrin retten.
16.
Arktur I: Die Falle
Toreeads Nakatakora durchtrennte Kabel um Kabel, die von dem Kubus
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