PR NEO 0043 – Das Ende der Schläfer
Zeit war verstrichen, während Phylior sie an seinem Leben hatte teilnehmen lassen?
Sie sah eine kreisrunde Scheibe wie einen dunklen Heiligenschein um den Kopf des Mannes. Nein, kein Heiligenschein, sondern ein Gegenstand, mit dem er sein Gesicht beschattete.
»Cowboy…hut«, flüsterte sie, obwohl sie gar nicht flüstern wollte. Die Zunge lag schwer im Mund, aufgedunsen und irgendwie pelzig. »Sie … sind …«
»… Cyr Aescunnar, zu Ihren Diensten«, sagte der Mann und stützte sie sanft ab, sodass sie sich aufrichten konnte. »Und das dort ist die tapfere Mannschaft der NESBITT-BRECK, ein Teil davon zumindest.« Er nickte hinüber, wo Sid und Hollander lagen.
Betty sah ein halbes Dutzend Raumfahrer und ebenso viele Roboter, die sich um die Verletzten kümmerten. »Sind sie …?«, fragte sie.
»Sie leben, aber ich fürchte, dass wir die beiden nicht nur in klinischen Gewahrsam nehmen müssen. Immerhin haben sie ein Raumschiff gestohlen.«
Betty wollte aufbegehren, sich für Sid verwenden, aber Aescunnar nahm ihr den Wind aus den Segeln. »Ich werde darauf achten, dass sie sich rechtfertigen können. Sie kennen Sid, nehme ich an? Er ist nicht unbedingt der Verbrechertyp. Obwohl man das natürlich nicht wissen kann, wenn man kein Telepath ist«, schränkte er gleich ein. Als er merkte, was er da gesagt hatte, huschte ein Lächeln über sein Gesicht.
Er reichte ihr eine Plastikflasche. »Hier, trinken Sie. Wasser, Tafelwasserniveau zwar nur, aber ich denke, Sie können's brauchen. Tut mir übrigens leid, dass wir erst jetzt kommen, aber Mister Adams kann sehr eigen sein, wenn es um Sicherheitsfragen geht.«
»Sicherheitsfragen?« Sie nippte kurz an der Flasche, wartete, bis sie die Flüssigkeit einmal im Mund umhergespült hatte, schluckte und trank dann ausgiebig.
»Wir hatten ein bisschen Ärger mit der Positronik der ehemaligen Venus-Zuflucht im Orbit um die Erde.«
Betty begriff kein Wort.
»Adams und Bull sind einfach, nun, penibel geworden, könnte man sagen. Wittern überall Verrat und Betrug, wenn ich das mal so flapsig sagen darf. Als ob jemand die Positronik unserer guten alten NESBITT-BRECK ebenfalls hätte umprogrammieren können.«
»Wie lange haben Sie gebraucht, um hierherzukommen?«, fragte Betty schwach.
»Sie haben am 27. April Ihren Notruf gesendet, und jetzt haben wir den 28. April. Brauchen Sie es noch genauer? Nein, sagen Sie nichts. Warum glauben eigentlich immer alle, als Historiker müsse man gut mit Zahlen umgehen können?«
Sie unterdrückte ein Grinsen. »Danke, Cyr!«
»Ach, danken Sie nicht mir. Wenn es nach mir gegangen wäre … Ich hatte mir eigentlich geschworen, nie wieder einen Fuß auf diese Welt zu setzen. Ich war nur zufällig an Bord und konnte vorher nicht aussteigen … und außerdem bin ich schließlich der Experte für die Santor, nicht wahr?« Er sah sich mit betont grimmiger Miene um. »Kein Tweel? Kein Hetcher?«
Betty reichte ihm die halb geleerte Flasche zurück. Tatsächlich konnte sie Tweel nicht sehen, der sie hierher gebracht und bewacht hatte. Er war einfach verschwunden, als die Santor ihn nicht mehr gebraucht hatten.
»Hallo, Cyr«, sagte in diesem Moment ein gedrungener Ferrone, der vor einer Sekunde noch nicht da gewesen war. »Ich denke, es ist Zeit, dass ihr geht … dass ihr den beiden Verletzten folgt.«
Betty sah, wie der Trupp aus Helfern zusammen mit Sid und Maurice, die auf Schwebeliegen ruhten und scheinbar ohne Bewusstsein waren, die Höhle verließ.
»Sie sind also Hetcher oder das, was von ihm übrig ist?«, erkundigte sich Betty, während sie aufstand und sich zwischen Aescunnar und den neu Hinzugekommenen stellte.
»Ich bin eine Projektion der Santor«, sagte Hetcher ruhig. »Ich diene als Kommunikationsschnittstelle, aber Hetcher hat mich tatsächlich geprägt. Ich bin Hetcher, jedenfalls teilweise.«
Aescunnar senkte den Blick. »Ich möchte es gern glauben, aber …«
»Ich weiß.« Hetcher schenkte ihm einen ungewöhnlich sanften Blick. »Es ist schwer für dich zu begreifen, mein sterblicher Freund. Ich bin glücklich mit dem, was ich bin. Ich werde nie altern, nicht krank werden, nicht sterben.«
»Aber du wirst auch nicht leben«, hielt Aescunnar ihm entgegen. »Du wirst dich an- und ausknipsen lassen, ganz so, wie es die Santor möchten.«
»Das ist der Preis für unsere Verständigung. Kein allzu hoher Preis, würde ich sagen.«
Betty sah Aescunnars Finger zittern und sich ruckartig bewegen, als wolle er sie
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