PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds
Anblick für ihn, die Sterne unverstellt durch Streulicht und atmosphärische Störungen betrachten zu können. Sie schienen auf einmal zum Greifen nah trotz der unzähligen Lichtjahre, die sie von den meisten von ihnen trennten.
Richtung Bug erkannte er nach etwas Suchen den verwaschenen Fleck, der ihr Ziel war: M 13, bei den Arkoniden bekannt als Thantur-Lok. Der Kugelsternhaufen mit seinen mehreren Hunderttausend Sternen war kaum besser zu erkennen als von der Erde aus, obwohl sie bereits fast zwanzigtausend Lichtjahre innerhalb der Scheibe der Milchstraße zurückgelegt hatten, um direkt unter ihn zu gelangen. Noch immer trennte sie ein weitgehend sternloser Abgrund vom Herzen des arkonidischen Reiches, der etwa genauso groß war wie die bereits zurückgelegte Strecke.
In Anbetracht der Tatsache, dass selbst Jahrtausende später niemand gerne den Sprung über diesen Abgrund ohne die Hilfe der Lotsen unternahm, war es erstaunlich, dass den Arkoniden nicht nur die Ausbreitung zur Milchstraßenebene gelungen war, sondern sie es sogar geschafft hatten, dort ein unter straffer Kontrolle stehendes Reichsgebiet aufzubauen.
»Man hört nie ganz auf zu staunen, wenn man dort hinausschaut.« Belinkhar sprach so leise, dass Rhodan sie fast nicht hören konnte. »In all den Jahren meiner Reisen habe ich das gelernt. Die Unendlichkeit des Weltraums, die überall herrschende Kälte und Schwärze lenken den Blick auf die wenigen leuchtenden Juwelen, die darin eingebettet sind und manchmal Inseln des Lebens erschaffen. Und man fragt sich, mit welchem Recht man sich je einbilden kann, irgendetwas davon zu besitzen.«
Rhodan lächelte die Mehandor an. Dass sie, die erfahrene Raumfahrerin, noch solche Gedanken pflegte, machte sie ihm noch sympathischer. Schon dass sie eine intelligente und attraktive Frau war, der er viel schuldete, hatte ihre früheren Koketterien nicht völlig wirkungslos an ihm abgleiten lassen. Je besser er sie nun kennenlernte, umso klarer wurde, dass sie mehr für ihn wurde als nur eine zeitweilige Mitstreiterin. In welche Richtung dieses »Mehr« gehen würde, konnte er jedoch selbst noch nicht recht abschätzen.
Unwillkürlich dachte er an Thora, Crests verschollene Ziehtochter. Auch mit ihr hatte es solche Ansätze gegeben, nachdem sie ihre anfängliche Ablehnung gegen den »Barbaren« endlich überwunden hatte. Und gerade als es so schien, als könnte sich langsam entscheiden, was aus ihnen werden würde, hatten die Dinge sich überschlagen. Das Auftauchen des Imperiumsverbands, der die Kapitulation der TOSOMA verlange, ihre versuchte Flucht, die zum Absturz des Schlachtschiffs auf Snowman und zu seiner Vernichtung führte. In einer kleinen Gruppe – Rhodan selbst, Thora, Julian Tifflor und Mildred Orsons und der Mausbiber Gucky – hatten sie sich auf der Eiswelt durchgeschlagen. Sie waren auf den verbannten Mehandor Orlgans und seine Kameraden gestoßen, und eine Zeit lang hatte es so ausgesehen, als hätten sie den Kommandeur des Imperiumsverbands, den Naat Novaal, hinters Licht geführt.
Doch dann war Thora zusammengebrochen. Ein Raubtier hatte die Arkonidin gebissen, und sein Gift hatte die Arkonidin gelähmt, ihre Atmung zum Erliegen gebracht. Thora wäre auf Snowman gestorben, wäre nicht buchstäblich aus dem Nichts Ernst Ellert auf den Plan getreten. Der Mutant, der kein Mensch mehr war und dessen Körper in einem Zustand unerklärlicher Stasis in einem Keller in Terrania lag, hatte Thora zusammen mit Rhodans Kameraden an einen unbekannten Ort mitgenommen. Rhodan selbst hatte sich Novaal gestellt, um Racheakte an den gefangenen Menschen zu verhindern.
Ellert hat versprochen, sie zu retten. Er muss Erfolg gehabt haben, sonst hätten wir nicht diese seltsame Botschaft bekommen können. Aber wie sollen wir herausfinden, wo sie ist ... und wie sollen wir ihr helfen? Atlan hat recht, das Epetran-Archiv muss an erster Stelle stehen. Verdammt, Thora ...
»Es sieht so aus, als müssten wir nicht lange auf den Start des nächsten Konvois warten«, unterbrach Belinkhar seine Gedanken. »Ich bekomme ziemlich viel Funkverkehr herein, und die Ortung registriert immer weitere Schiffe. Der Sammelpunkt liegt anscheinend weniger als eine Lichtstunde von hier entfernt.«
Die Mehandor saß auf dem Kommandantensessel. Ihr Gesicht wurde von einigen Datendarstellungen angeleuchtet, die sie aufgerufen hatte.
Rhodan zwang seine Gedanken ins Hier und Jetzt zurück. »Könnte es sein, dass die Lotsen deshalb so
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