PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds
sich kurz. Auch dem Arkoniden war sicher nicht entgangen, dass es keine Einladung war, sondern ein Befehl, verknüpft mit der unterschwelligen Drohung, sie wegen der Drogen doch länger festzuhalten. Dieser Lotse blieb weiterhin gefährlich. Und sie hatten noch immer keine Idee, was Khe'Rhil dazu treiben mochte, ihnen einen Stein nach dem anderen in den Weg zu legen.
»Dieses Schiff ist eine äußerst wertvolle Prise«, antwortete Atlan dem Lotsen. »Wir können es unmöglich einfach allein lassen, versiegelt oder nicht. Ich fühle mich durch die Einladung geehrt und werde kommen. Begleiten werden mich aber nur Sirran und Sibelh. Noika muss Evengor pflegen, und Lefkin wird auf das Schiff aufpassen.«
Der Lotse hob den Zeigefinger. »Eine Person kann bleiben. Wir konnten uns während der Durchsuchung überzeugen, dass der Sander Evengor Malek in der Lage ist, sich zu bewegen. Die Zeremonie wird nicht anstrengend sein. Er und seine Gefährtin können ihr also ohne Gefahr beiwohnen.«
Gefahr. Das war das Wort, das wie ein Gong in Rhodans Kopf schwang. Er bezweifelte die Worte des Lotsen. Diese ganze Einladung roch nach einer Falle.
Atlans Miene war wieder ausdruckslos. »Also gut«, sagte er. »Wir werden eine Person hierlassen. Wen, das werden wir noch unter uns ausmachen.«
»In etwa zwei Tontas kommen wir am Treffpunkt an. Bis dahin sollten Sie sich geeinigt haben.« Ohne eine weitere Antwort abzuwarten, drehte der Lotse sich um und verließ die Zentrale. In einer fließenden Bewegung stand Atlan auf und folgte ihm.
Rhodan wartete, bis Khe'Rhil sicher außer Hörweite war. Als er gerade den Kopf zu Belinkhar drehte, sagte sie: »Ich glaube nicht, dass etwas bei unserem Gespräch war, was uns verraten könnte. Er könnte sich höchstens wundern, warum wir Gha'essold mit so gutem Benehmen sind.«
»Wieso?«
»Ich bezweifle, dass es unter den Angehörigen dieser Zunft normal ist, dass sie untereinander über die Sterne philosophieren oder die formelle Anrede benutzen wie du gegenüber Crest.«
»Stimmt. Aber gut, es ist nicht mehr zu retten.« Rhodan zupfte einen Goldfaden von seinem Ärmel. »Ist es eigentlich normal, dass diese She'Huhan und ihre Regeln mit solchem Ernst betrachtet werden? Ich hätte nicht gedacht, dass etwas wie Sternengötter bei einer hoch technisierten Zivilisation noch solche Bedeutung haben könnte.«
Belinkhar zuckte die Achseln. »Vielleicht muss so etwas gerade dort an Bedeutung gewinnen. Je mehr man erforscht und beherrscht, umso klarer werden die Grenzen der Technologie und der Möglichkeiten, beobachtete Effekte nachzuvollziehen. Irgendwann kommt der Moment, da man die Existenz mächtigerer Wesen nicht mehr leugnen kann – wie auch immer man sie dann nennt.«
Rhodan dachte unwillkürlich an ES, dieses Wesen, von dem ihm selbst noch nicht richtig klar war, ob er es mit der Bezeichnung »Gott« belegen musste. Entsprach ein so mächtiges Wesen, das ewiges Leben verschenken konnte und selbst zweifellos unsterblich war, nicht bereits allen Kriterien dafür?
»Allerdings ist das bei den Lotsen schon etwas Besonderes«, fuhr Belinkhar fort. »Tatsächlich geben – soweit ich weiß – die meisten Arkoniden nicht viel auf die She'Huhan, sieht man von gelegentlichen Sprichwörtern und Flüchen ab. Aber wer stets so nah an der Leere lebt wie die Khe'Mha'Thir, wer darauf die ganze Kultur aufbaut, bei dem ist es nicht verwunderlich, wenn der She'Huhan der Leere mit etwas mehr Nachdruck als nur mit Lippenbekenntnissen verehrt wird, schätze ich.«
»Sie haben recht mit Ihrer Einschätzung, Belinkhar«, sagte Crest. »Anetis erfährt im restlichen Imperium von kaum jemandem Aufmerksamkeit, außer vielleicht ein paar Raumfahrern. Nur für die Lotsen ist er der wichtigste der Sternengötter.«
Verblüfft sah Rhodan zu dem Derengar. »Anetis ist ein She'Huhan? So, wie der Lotse über ihn gesprochen hat, dachte ich, er wäre einfach ihr oberster Lotse oder so etwas.«
»Er ist ein She'Huhan. Wie gesagt, nicht so beliebt wie Ipharsyn, Tormana oder sogar seine Gattin Qinshora, aber definitiv ein Mitglied des erlauchten Kreises der vierundzwanzig.«
Qinshora ... Er war sich sicher, diesen Namen schon gehört zu haben. Aber wann und in welchem Zusammenhang? Es wollte ihm nicht einfallen.
Rhodan schüttelte den Kopf. »Diese Leute und Götter verwirren mich immer mehr. Hoffen wir nur, dass das alles nicht noch zu Problemen führt – vor allem, weil wir drei Erdlinge so wenig von alldem
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