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PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds

PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds

Titel: PR NEO 0046 – Am Rand des Abgrunds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Themsen
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in seinem Inneren abzulenken.
    Er hätte seinen Aktivator dafür gegeben, seiner Ziehtochter helfen zu können.
    Stattdessen saß er tatenlos in diesem uralten Schiff und starrte zum ungezählten Mal das bleiche Gesicht im Holo an. Er sah auf die von Überanstrengung gezeichneten Züge, das schweißfeuchte Haar, die vor Erregung tränenden Augen, unter denen dunkle Ringe lagen.
    Wer immer diese Worte hören mag – helfen Sie uns!
    »Wie denn, Thora?«, wisperte Crest. »Wie denn, wenn du nicht einmal sagst, wo du bist? Wie soll ich dir helfen?«
    Wie jedes Mal, nachdem er die Nachricht angeschaut hatte, hob er auch jetzt das Gerät zu seinen Augen und suchte verzweifelt nach etwas Kleinem, das er vielleicht bislang übersehen hatte. Einen Sensor, einen Vorsprung, eine Vertiefung – irgendetwas, das ihm den Rest der Nachricht offenbaren würde.
    Er erinnerte sich an den Moment auf Trebola, als das Spinnenwesen Je-Ron-Tia ihm zum ersten Mal das Holo vorgespielt hatte. Erst hatte er es für eine Sinnestäuschung gehalten, eine Illusion, der er durch seine eigene Hoffnung erlegen war. Dann war ihm klar geworden, dass es tatsächlich Thora war, die da sprach. Ernst Ellert hatte das Wort gehalten, das er Perry Rhodan gegeben hatte. Der Mensch, der längst kein Mensch mehr war, hatte seine Ziehtochter an einen Ort gebracht, an dem ihre Vergiftung geheilt worden war. Thora lebte.
    Aber wie lange noch? In was für eine neue Gefahr hatte Ellert sie gebracht? Oder war sie schon längst tot?
    Thora ... wie soll ich dir nur helfen? Sprich mit mir! Sag mir, wo du bist!
    Er spürte das Aufbranden seiner Gefühle, aber auch der warnende Impuls seines Extrasinns schützte ihn nicht davor. Sein geistiger Zwilling hatte die immer häufiger auftretenden Handlungsabfolgen schon längst analysiert und mit Namen belegt. Was jetzt folgte, war die Panikphase. Crest war ein Wissenschaftler, ein Derengar, ein Mann, der gelernt hatte, klar und strukturiert zu denken. Er konnte es dennoch nicht verhindern.
    Hektisch drückte er alle Kontakte, die sie auf dem Artefakt gefunden hatten, in ständig wechselnden, willkürlichen Folgen. Immer schneller und zugleich ungezielter wurden seine Bewegungen. Es dauerte länger als sonst, er bekam sich nicht wieder unter Kontrolle. Seine Hände zitterten, und das Artefakt entglitt ihm. Er versuchte, es zu fangen, und griff aber daneben.
    Mit einem hörbaren Knacken landete der zylindrische Gegenstand auf dem Boden. Etwas flackerte kurz in der Luft und erstarb wieder.
    »Nein«, wisperte Crest. »Nein ...«
    Wie eine turmhohe Welle baute sich die Angst vor ihm auf, den Gegenstand zerstört zu haben, der seine einzige Verbindung zu seiner Ziehtochter war. Starr sah er auf das Gerät hinunter und fürchtete, dass jede Bewegung, die er machte, um es wieder aufzuheben, die Ahnung zur Gewissheit machen mochte. Die Lähmung hielt an, bis ein Schrei ihn weckte, der so unmenschlich klang, dass es einen Moment dauerte, bis er begriff, dass er selbst ihn ausgestoßen hatte. Die Erkenntnis ernüchterte ihn schlagartig.
    Er atmete durch und wischte sich das salzige Sekret aus den Augen, das bereits als Rinnsal über seine Wangen sickerte. Hastig, bevor die Angst zurückkehren konnte, bückte er sich und hob das Artefakt auf. Er drehte es und sah eine neue, tiefe Schramme. Er berührte die Stellen, die bislang das Holo ausgelöst hatten.
    Nichts.
    »Nein. Nein. Neinneinneinnein ...« Crest schüttelte das Ding, klopfte dagegen, drückte erneut die Kontrollen. Nichts half. Endlich kam er an die Stelle mit der Schramme. Mehr aus Zufall berührte er einen Kontakt, über den sie hinwegführte und der eingerastet war. Etwas knackte. Ein feiner Metallspan sprang aus einer Ritze, und der eingedrückte Schalter kehrte in seine Ruheposition zurück. Crest starrte das Ding an, wendete es blitzschnell und berührte erneut die vertrauten Kontrollen.
    »Wer immer meine Worte hören mag ...«
    Der Derengar atmete auf. Er schloss die Augen und ließ das Artefakt in seinen Schoß sinken. Immer wieder glitten seine Finger darüber, als wolle er sich für die frühere Misshandlung entschuldigen. Stumm formten seine Lippen dabei die Worte mit, die er schon längst auswendig kannte.
    »Ich muss etwas tun«, sagte er laut, als die Botschaft zum Ende gekommen war. »Ich kann hier nicht nur herumsitzen, oder ich werde wahnsinnig.«
    Du kannst nichts tun, antwortete sein Gedankenbruder. Du weißt nicht, wo sie ist, und selbst wenn du es

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