PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise
Betäubung. Der BIN verfügte zweifellos über die geeigneten Mittel ...
Der Malaie lächelte. Seine Augen waren schmal, der Blick undurchschaubar. »Dafür bin ich da.« Er machte sich nicht die Mühe, ins Auto zu schauen, als er sagte: »Wie ich bereits gesehen habe, sind Sie fündig geworden. Was können wir für Sie tun?«
»Wir brauchen einen geschlossenen Raum ohne jedes Glas.«
»Ohne ...«
»Kein Fenster, keine Spiegel, keine Flaschen, kein ...«
Der andere winkte ab, strich ein imaginäres Staubkorn von seiner Schulter. »Nicht das geringste Problem.« Er klang nicht so, als würde er sich über diese Forderung wundern. Allerdings stellte er auch sonst keine Emotionen zur Schau.
»Wir bringen die Frau dorthin«, erklärte Stagge. »Danach lassen Sie uns bitte allein.«
Nur ein kleines Nicken, mehr nicht. »Selbstverständlich. Falls Sie Hilfe benötigen ...«
»Vielleicht später«, sagte Tschubai. Hoffentlich nicht. Womöglich konnten sie diese ganze Misere mit Erklärungen bereinigen. Wenn er Ailins selbst in der Ohnmacht noch schmerzverzerrte Gesichtszüge anschaute, bezweifelte er das allerdings. Er gab sich außerdem nicht der Illusion hin, dass O und seine Leute sie tatsächlich allein ließen; zweifellos würden sie jedes einzelne Wort mithören. Das war ihm jedoch zunächst einmal gleichgültig.
Über ihnen flog ein Vogel und krächzte; Tschubai dachte unwillkürlich an die Teile des zerstückelten Mynahs, die zu Boden klatschten. Er schloss die Augen, versuchte die Bilder loszuwerden.
Nur die Zukunft zählte. Er fragte sich allerdings, ob sie das Richtige taten oder ob sie diese offenbar verzweifelte junge Frau nicht hätten sich selbst überlassen müssen. Wer gab ihnen das Recht, sich in ihr Leben einzumischen? Sie hatten nur ein Gespräch führen wollen, ehe die Dinge aus dem Ruder gelaufen waren.
Das ließ sich nun nicht mehr ändern. Vielleicht war es aber noch nicht zu spät, wieder alles in Ordnung zu bringen.
Warum nur glaubte er nicht daran?
Die vierte Stimme:
Kein Vertrauen mehr
Irgendwann während des Infernos:
Es war ein Fehler zu springen, das weiß ich jetzt.
Genauso, wie es ein Fehler gewesen war, all die Zeit über jemandem zu vertrauen, der nicht so ist wie ich. Wie wir.
Denn nun zeigt sich, wer wir sind: die Verratenen.
Und ich bin der Erste, der den Preis dafür bezahlt. Ich frage mich, was mit mir geschehen ist, doch ich finde die Antwort nicht. Sue Mirafiore hält meinen Kopf fest. Ich kann nicht nach unten sehen. Was ich dort fühle, liegt irgendwo zwischen Schmerz und einem großen Nichts.
Ein Käfer krabbelt davon.
Neben Sue kauert der Junge, Sid, und er starrt auf den Käfer. »Sue, was hast du ... was ...?«, fragt er, aber sie unterbricht ihn, und ihre Stimme überschlägt sich: »Ich bin kein Gott, Sid! Ich kann es nicht tun!«
Ich verstehe nicht, was sie damit meint, doch ich spüre ihre Hände. Sie hält mich fest, und die Berührung ist warm: ein Trost. Eine Träne rollt über ihr Gesicht.
Dann kommt die Dunkelheit, in der mein Name verweht: Tako Kakuta.
4.
Exodus: Der Auszug
Terrania, 12. Mai 2037, 4.13 Uhr Ortszeit
Allan D. Mercant schaute Iga Tulodzieky an. Was für eine Nacht, dachte er. Sie hätte anders verlaufen können. Oder sollen. Kaum etwas wünschte er sich mehr.
Das Pod in seiner Hand schien Tonnen zu wiegen. Er hatte soeben die Unterhaltung mit Dr. Frank Haggard beendet. Sie war kurz und präzise gewesen wie alle Gespräche, die wirklich Veränderung brachten.
Haggard hatte ihm bedrückende Dinge berichtet. Verrückte Dinge. Dinge von einem Mutanten, André Noir, der von sich behauptete, auf Paralleluniversen zugreifen zu können, und doch in ihrer Welt gestorben war.
Von einem Brief, den Haggard an sich selbst geschrieben hatte und dessen Inhalt er vor der Lektüre nicht kannte. Visionen von kranken, Amok laufenden Mutanten, die die Kontrolle über sich verloren.
Nun drängte die Zeit, aber einige Sekunden musste sich Allan D. Mercant gönnen, ehe er alles in die Wege leitete. Er schuldete diese Zeit sich selbst. Und Iga. Und vielleicht auch dem Projekt, das vor ihm lag.
Exodus.
Unter diesem Tarnnamen lag ein kompletter Plan schon lange bereit – ausschließlich in Mercants Kopf. Er hatte gehofft, niemals auf diese Überlegungen zurückgreifen zu müssen. Es würde alles andere als einfach werden.
Er schob den Gedanken daran beiseite. In wenigen Minuten wollte er sich darum kümmern, mit sämtlicher
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