PR NEO 0050 – Rhodans Weg
nicht erhöht, sondern lediglich für mehr Verwirrung gesorgt. Und Verwirrung, wusste Mercant aus bitterer Erfahrung, barg die Saat des Scheiterns in sich.
Nach und nach schlossen sich die Lücken zwischen den Punkten mit weiteren Punkten, als die Trupps ihre Ausgangsstellungen erreichten.
Eigentlich ist es eine einfache Sache, versuchte Mercant seine Aufregung zu bändigen. Wir müssen die Mutanten lediglich betäuben. Sie sind unbewaffnet. Und selbst wenn der eine oder andere eine Waffe gefunden haben sollte, kann er uns damit nichts anhaben!
Seine Einschätzung war korrekt, und gleichzeitig war dem ehemaligen Agenten bewusst, dass er sich in die Tasche log. Sie hatten es mit Mutanten zu tun, Menschen mit übersinnlichen Gaben. Gaben, mit denen ein Virus ein unberechenbares Spiel spielte.
Der letzte Trupp bezog Position. »Stealth-Funktion aktiviert lassen, alle übrigen Systeme herunterfahren!«, befahl Mercant. Novaal hatte gegen dieses Vorgehen protestiert, aber in diesem Punkt war Mercant hart geblieben. Überraschung war ihr wichtigster Trumpf. Das Risiko, dass die Anzugsysteme angemessen oder von einem Mutanten erspürt wurden, war gering, aber real. Mercant wollte es ausschließen.
»Los!«
Mercant stand auf und marschierte auf den Schirm zu. Er passierte ihn zusammen mit seinen Gefährten durch eine Strukturlücke, die sich augenblicklich wieder hinter ihnen schloss.
Einhundertfünf Naats taten es ihnen gleich, gelangten ohne Zwischenfall unter den Schirm.
»Weiter!«
Mercant musste sich beherrschen, sich nicht zu ducken. Seine militärische Ausbildung stammte aus einer anderen Ära, in der Deckung überlebenswichtig gewesen war.
Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen. Sie mussten langsam gehen, um nicht Asche aufzuwirbeln und sich damit zu verraten.
»Ein Mutant!«, rief Novaal.
Das Display von Mercants Helm reagierte augenblicklich, markierte einen Punkt in der Aschewüste Lakesides.
Ein dicker Mann in einem schwarzen Ledermantel rannte, als stünde sein Leben auf dem Spiel.
Monk!
Aber das ist unmöglich!, dachte Mercant. Monk sitzt in seiner Zelle, von einem separaten Schirm von der Außenwelt getrennt!
Monk stolperte, knallte in einer Aschewolke der Länge nach auf den Boden. Er rappelte sich hoch und rannte weiter.
Was tut Monk hier draußen?
»Er rennt in den Schirm!«, rief Iga. »Wir müssen ihn aufhalten, sonst verbrennt er darin!«
Jemand muss ihn befreit haben. Er ist ... Plötzlich verstand Mercant. Monk ist ein Antimutant! Deshalb ist es in den letzten Stunden so ruhig gewesen!
»Ich kümmere mich um ihn«, sagte Novaal.
»Nein!«, brüllte Mercant. »Nicht! Er blockiert die anderen Mutanten! Ohne ...«
Es war zu spät. Der grellweiße Strahl eines Paralysators langte nach Monk. Der Latino erstarrte in der Bewegung, als handele es sich um eine Maschine, der man die Energiezufuhr gekappt hatte, und stürzte in die Asche.
Sekunden später flammte der erste Glutball auf.
Sue war zurück im Konferenzsaal. Sie hockte auf dem kalten Boden, die Hände auf den Rücken gebunden – und an einen umgestoßenen Tisch.
Sid!, flehte sie stumm. Verdammt, wo steckst du? Ich brauche dich!
Ihr war klar, dass ihr Flehen wahrscheinlich unerhört bleiben würde, aber es tat gut, wenigstens in Gedanken etwas zu tun. Und irgendwo in ihr war noch die Hoffnung, doch gehört zu werden. Das Virus spielte mit ihnen. Wer sagte, dass es bereits ausgespielt hatte? Sid war vom Teleporter zum Telekineten geworden, Lekoche hatte seine Gabe unter Kontrolle bekommen und trotzte der Blockade Monks. Vielleicht konnte sie erreichen, dass ihre Gedanken gehört wurden. Nichts war unmöglich.
Ihr Blick fiel auf John Marshall. Hätte Sue nicht am eigenen Leib erlebt, welche Veränderung er hinter sich hatte, sie hätte keinen Verdacht geschöpft.
Marshall tat das, was ihn auszeichnete: Er kümmerte sich um andere. Der Mann, der Sue von der Straße geholt hatte, machte die Runde im Konferenzsaal. Die Mutanten hockten über den Raum verstreut in kleinen, eng aneinandergedrängten Gruppen, als suchten sie Schutz bei ihren Gefährten. Marshall ging von Gruppe zu Gruppe, sprach mit den Mutanten, hörte sich ihre Sorgen an, spendete Trost.
Sues Magen zog sich bei dem Anblick zu einem schmerzhaften Knoten zusammen. Sie kannte John Marshall. Seiner geballten Überzeugungskraft war nur schwer, wenn überhaupt zu widerstehen. Doch er setzte sie nicht zum Wohl der Mutanten ein, sondern um sie auf das
Weitere Kostenlose Bücher