PR NEO 0051 – Lotsen der Sterne
worum es dabei geht.«
Der Ara ging nicht auf seinen Einwand ein. »Außerdem vernachlässigen Sie Ihr Aussehen, Ihre Ernährungsweise kann ich nur als ungesund bezeichnen, und den Schlafmangel sieht jeder an den müden Augen.«
»Und? Ich bin ein freier Mann. Ich kann tun und lassen, was ich will.«
»Sie sind ein Lotse, und als solcher sind Sie für andere Menschen verantwortlich. Auch wenn Sie sich vor der Arbeit drücken, werden Sie doch manchmal gebraucht.«
»Habe ich bisher nicht gezeigt, dass ich fehlerfrei arbeiten kann?«
»Bisher«, echote Shafar. »Schon beim nächsten Mal könnte es anders sein. Aber das wird nicht passieren.«
In En'Imh keimte ein schrecklicher Verdacht. »Wie meinen Sie das?«
»Ganz einfach«, sagte der Ara. »Für den nächsten ganzen Tag müssen Sie ohne Verbindung zum Netz auskommen.« Shafar tippte kurz auf seine Schreibfolie, worauf En'Imhs Armbandkom zweimal piepste.
Der junge Lotse starrte auf das erlöschende Display des Koms. »Aber das können Sie doch nicht machen!«, rief er.
»Und ob ich das kann.« Shafars Grinsen wurde zu einer Grimasse. »Ich habe die Genehmigung von Anra'Thir'Nom. Wollen Sie sie sehen?« Der Ara hob die Folie hoch und hielt sie in En'Imhs Richtung.
Der Hohe Lotse! En'Imh war schockiert, aber beruhigt, dass der Ara wenigstens den Hohen Lotsen bei seinem Außennamen kannte, wie es sich für einen Nichtlotsen gehörte.
Auch auf die Entfernung erkannte En'Imh das Siegel von Khe'Rhil auf dem Display: 177 Sterne, die in drei konzentrischen Kreisen um eine stilisierte Darstellung von Hela Ariela angeordnet waren. So weit war Che'Den also gegangen.
En'Imh schlug die Hände vors Gesicht. »Ich bin nicht abhängig!«, stieß er verbittert hervor.
»Das werden wir ja sehen«, antwortete der Ara. »Wenn Sie morgen um die gleiche Zeit noch immer dieser Ansicht sind, wird Ihr Weg zurück in die Normalität etwas einfacher sein. Für heute jedenfalls sind Sie entlassen. Und vergessen Sie nicht: keine Netzverbindung für einen Tag!«
Der Sicherheitsgurt öffnete sich von selbst. Wie in Trance verließ En'Imh das Therapiezimmer.
En'Imh dachte gar nicht daran, sich Che'Dens Diktat zu beugen. Irgendwann würde er es seinem Bruder heimzahlen, und wenn es das Letzte war, was er tat.
Er legte die Hand auf den Türsensor seines Appartements im zweiundvierzigsten Stockwerk. Leise klackte das Türschloss. Das Schott fuhr zur Seite und gab den Weg in sein Reich frei.
Die Blenden vor den Fenstern waren halb geöffnet. Sie ließen so viel Licht der blauen Riesensonne Hela Ariela herein, dass seine Wohnung geradezu strahlte.
Als er eintrat, fiel sein Blick auf den Wandkalender. »Kein Netz«, stand da in großen Lettern.
Sie hatten es getan. Verdammt, sie hatten es tatsächlich getan! Shafar und Che'Den hatten ihn wirklich vom Netz genommen.
Immerhin funktionierte die batteriebetriebene Fernsteuerung für die Rollläden. Er wartete, bis das Surren verstummte, und öffnete die Augen. Im sanften Halbdunkel fand er nun alles, was er brauchte. Er grinste, wenn er nur an die dummen Gesichter von Che'Den und Shafar dachte.
Regel Nummer eins: Arbeite nie ohne Back-up!
En'Imh zog die Pneumoliege von der Wand weg und drückte auf einen der Hologramm-Rahmen, die an der Wand hingen.
Der altertümliche Rahmen schwenkte zur Seite. Dahinter blinkten die Kontrolllichter des Positronikknotens, der die beiden Appartements neben En'Imh versorgte. Davor leuchteten die Statusanzeigen einer Direktverbindung in beruhigendem Blau – und genau die war sein Ziel.
Er bückte sich zur Versorgungseinheit der Liege und koppelte das nutzlose Kabel von der Wand ab. Kabel ... Er liebte es, mit altmodischer Technik zu arbeiten; viele der sogenannten Experten kannten sich damit nicht mehr aus. Aus einem Fach kramte er seinen selbst gebauten Lichtkoppler, eine Mikropositronik samt Verbindungskabel und einem Dekodierelement, das die Grundverschlüsselung knackte.
En'Imh verband das Kabel mit dem Koppler, setzte das handtellergroße Ding an die Direktverbindung und drückte den Ein-/Ausschalter. Winzige Beinchen fuhren aus dem Koppler, um ihn an die richtige Position zu bringen. Es dauerte nicht lange, und der Stecker klickte leise, der die Liege und die daran angeschlossene Holosteuerung unsichtbar für den Stockwerksverteiler machte.
Regel Nummer zwei: Lege dich nie mit einem Positronik-Genie an! Es könnte sich an dir rächen.
Sorgfältig schloss er die Abdeckung und schob die
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