PR Odyssee 01 - Die Kolonisten der Zukunft
in Frage kam, ignorierte er. Jetzt war weiß Gott nicht die Zeit für solche Überlegungen. Deshalb vergaß er Frans Bemerkung auch sofort wieder.
»Ich wollte sagen«, berichtigte sie sich, »dass jeder für sich selbst verantwortlich ist.«
Er reichte ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen. Sie kam aus eigener Kraft auf die Beine, ergriff dann aber doch seine Rechte und zog sich an ihm hoch. »Noch mal Danke, Bully.«
Er stand da wie vom Donner gerührt. Einer der mächtigsten Männer der Liga Freier Terraner, aber ihm fehlten die Worte. »Vergiss es«, brachte er endlich tonlos hervor. Er war ein Idiot. Hatte er sich nicht im Bus noch ausgemalt, wie es sein würde, Fran Imiths Nähe zu spüren? Und was tat er?
Irritiert blickte sie ihn an. »Wenn du meinst, Bully.«
»Fran...« Er stockte. Der Ordensturm der Wissenschaftler von Cor’morian schwankte. Was immer er hatte sagen wollen, es war vorerst unwichtig. »Du kannst Reginald zu mir sagen«, brachte er noch hervor. »Oder bleib bei Bully, wie es alle tun. Such dir’s aus. Aber jetzt müssen wir weiter.«
Kapitel 8
Wieder hatte Shim Caratech versucht, sich in die Höhe zu ziehen. Verbissen und mit alter Kraft hatte sie um jeden Zentimeter gekämpft, und sie hätte jubeln können, als sie wirklich weiter gekommen war als zuvor. Aber dann war sie erneut abgerutscht und hatte ihre Furcht und die Panik in sich hineingefressen.
Es gab keinen Öffnungsmechanismus. Nicht von dieser Seite aus. Und die Röhre war zu steil, sie würden niemals aus eigener Kraft entkommen.
So weit sie sehen konnte, herrschten Chaos und Zerstörung. Unaufhörlich krachten Trümmer aus der Höhe herab, Shim erkannte nicht, ob sie nur von einer Galerie stammten oder aus anderen Stockwerken. Vor wenigen Minuten war ein Feuersturm durch die Halle getobt, aber die Flammen waren schnell wieder erloschen. Stellenweise fiel feiner Regen. Offenbar funktionierten noch automatische Löschvorrichtungen. Dampf wogte auf und würde bald alles gnädig verhüllen.
Shim Caratech hatte keine Tränen mehr. Sogar ihr trockenes Schluchzen, das von unkontrollierten Zuckungen begleitet wurde, versuchte sie zu unterdrücken. Der Furcht folgte Trotz, die selbstverleugnende Gewissheit, dass ihr das Schicksal nichts anhaben konnte. »Wir müssen stark sein, Schikago, dann schaffen wir es auch. Wäre doch schlecht, wenn Tiana spürt, wie es um uns steht.« Sie musste reden, das half. Gegen die Einsamkeit und ihre Trauer. Und Schikago war ein guter Zuhörer, sie schnurrte leise und wohlig. Aber das lag daran, dass Shim den Korb geöffnet hatte und die Katze kraulte. Schikago konnte sich dann endlos dehnen und genüsslich alle viere von sich strecken. Shimmi wünschte sich, sie hätte auch jemanden gehabt, der ihr den Nacken kraulte. Ob Bren überhaupt schon mitbekommen hatte, dass sie fehlte? Und ihre Mutter, die das alles arrangiert hatte, würde ohnehin längst tausend Qualen durchleiden, nur weil Shim einmal nicht zu Hause war.
»Was meinst du, Schikago? Perry Rhodan wird uns retten; er sieht doch, wer fehlt, sobald der Bus starten soll.«
Sie belog sich selbst. Aber diese Lüge tat gut. Mechanisch grub sie ihre Finger in Schikagos Nackenfell. Ihre Gedanken eilten zurück zum Mars. Das Sicherheitspersonal auf dem Raumhafen hatte den Korb unter die Lupe genommen, nachdem die Streustrahlung des Antigravs angemessen worden war. »Zwei Personen sind für den Flug vorgemerkt.« Shim hatte ihren treuesten Augenaufschlag vor geführt und geantwortet: »Schikago und ich.«
»Wer ist Schikago?«
»Meine Katze.«
»Hier stehen die Namen Tiana und Bren Caratech.«
»Oh, Mist.« Sie hatte ihr Hemd abgetastet, danach die eng sitzende Hose, und die zunehmende Unruhe des Sicherheitsbeamten hatte ihr Verraten, dass ihr Styling perfekt war, auch wenn etwas mehr Fleisch auf ihren Rippen nicht geschadet hätte. Die Erleuchtung, dass sie den Datenträger an ihrer Haarspange befestigt hatte, war ihr gerade noch rechtzeitig gekommen.
Trotzdem hatte der Mann den Kopf geschüttelt. »Keine Katze.« Sein Standpunkt war unabänderlich erschienen und hätte ihr beinahe eine wenig freundliche Antwort entlockt. Wäre nicht, ja, wäre nicht urplötzlich diese markante Stimme hinter ihr erklungen.
»Gibt es Probleme?«
Im Herumfahren hatte Shim erkannt, wer da stand. Wie eine kleine Gottheit hatte sie ihn angestarrt, wohl wissend, dass auch er nur ein Mensch aus Fleisch und Blut war. Aber was für ein Mensch! Um fast eine
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