PR Odyssee 01 - Die Kolonisten der Zukunft
Kunst endlich berühmt würde.
Warum war er nicht im Turm umgekommen? Das wäre die beste Lösung gewesen, nicht nur für die anderen, auch für ihn selbst. »Ich bin euch nicht mehr länger im Weg.« Er wusste nicht, ob er den Satz wirklich hervorgestoßen oder nur gedacht hatte, aber er kam wieder auf die Beine. Sie akzeptierten nicht einmal seine Krankheit, diese verfluchte Katzenhaarallergie. »Nicht nachweisbar«, hatten die Ärzte behauptet. Was wussten sie denn schon?
»Nicht nachweisbar«, hallte es unter seiner Schädeldecke. Dröhnend. Er riss die Hände hoch und presste sie gegen die Schläfen. Mit aller Kraft. Augenblicke später wurde es wieder besser.
Er hob den Creditchip auf und ließ ihn achtlos in seiner Hosentasche verschwinden. Der Translator erschien ihm weitaus wichtiger. Er streckte die Hand aus und legte das Plättchen vorsichtig auf die Handfläche. Irgendwer hatte einmal behauptet, dass er über eine besonders ausgeprägte Lebenslinie verfügte.
Eine Weile beobachtete er die winzige Scheibe, beobachtete, wie sie auf den Hautfalten balancierte, sobald er die Finger bewegte. Dann klatschte er sich die Hand auf die Wange, auf den erneut zuckenden Trigeminus. Das Ding haftete tatsächlich.
Die Brille... Brauchte er sie wirklich? Er hängte sich das geflochtene Band dann doch um den Hals, zupfte seinen Pullover zurecht und schlüpfte in die Schuhe.
Augenblicke später stand er in der offenen Tür, schaute vorsichtig nach rechts und links und huschte weiter. Alles war ruhig. Der Antigrav-Lift besaß zum Glück eine Kabine.
Sich einfach in einen leeren Schacht zu stürzen, hatte Quart nie behagt, das schaffte er, wenn überhaupt, nur mit geschlossenen Augen.
Als er langsam in die Tiefe sank, glaubte er von irgendwoher das Fauchen einer Katze zu hören. Entsetzt blickte er um sich, doch er war allein. Es gab in der Zukunft keines dieser grässlichen Biester.
Kapitel 15
Shim Caratech
»»Das kannst du nicht tun, Shimmi, du kannst ihn nicht einfach sterben lassen.« Sie reagiert nicht auf den Ruf. Doch im nächsten Moment geht die Nörgelei weiter. »»Ich sage dir, Shimmi, das ist falsch. Gib ihm noch eine Chance.«
Die Lippen fest zusammengepresst, wendet sie den Kopf und blickt Jaki durchdringend an. Eigentlich schaut sie sogar durch ihn hindurch. Sie will sich jetzt nicht mit ihm streiten, er hat sowieso Unrecht. Entweder siehst du das ein, oder du lässt es bleiben, denkt sie wütend. Aber red’ mir nicht ständig drein.
»Zwei Tage«, drängt Jaki weiter. »In zwei Tagen verändert er sich.«
»»Du veränderst dich doch auch nicht, oder?« Sie ist wütend. Was sie mit ihrem Y-Bakami macht, geht ]aki nichts an. Er kennt sich damit nicht aus, quatscht nur dumm daher, damit er überhaupt etwas sagt.
»»Das ist etwas anderes«, beharrt er.
Wortlos steht Shim auf und wechselt den Platz. Von den beiden Felsen aus hat sie ohnehin die bessere Sicht auf den kleinen Raumhafen. Der Anstieg ist schwierig. Lockeres Geröll bricht unter ihren Schuhen weg, aber dann schwingt sie sich auf die vorstehende Granitnase und lässt die Beine baumeln. Jaki steht fünfzehn Meter unter ihr und stemmt die Hände in die Hüften.
»»Komm runter!«, verlangt er.
»»Ich denke nicht daran. Erst mache ich die Charakterauswertung für heute.« Zwanzig Personen agieren inzwischen in ihrem Trivispiel. Nach den eingegebenen Parametern entwickeln sie sich auch dann weiter, wenn der kleine Holoprojektor abgeschaltet ist. Immer häufiger greift sie in die Entwicklung ein - und Jaki ist sauer, weil sie für ihn entsprechend weniger Zeit hat.
Eine der Spielfiguren, es ist Malcon Jussic, winkt ihr zu. »»Hallo, Shim«, hört sie ein leises Stimmchen aus dem Akustikfeld, »ein schöner Tag heute. Ich habe Cherry sterilisieren lassen.« Cherry ist der einzige Tiercharakter im Spiel, eine Katze, was sonst. Shim fragt sich in dem Moment, wie Malcon ausgerechnet auf die Idee verfallen sein kann, Cherry dürfe keinen Nachwuchs bekommen. Weiß er überhaupt, was ein Kater ist? Sie entsinnt sich nicht, das eingegeben zu haben. Entwickeln die Figuren mehr Eigenleben, als sie ihnen zugestanden hat?
Unter ihr poltern Steine. Jaki versucht tatsächlich, ihr zu folgen. Er kann es nicht, ist nicht gelenkig genug.
»»Bleib unten!«, herrscht sie ihn an.
»»Ich will mit dir reden.«
»»Morgen.«
»»Heute, Shimmi. Warum weichst du mir aus?«
Sie schweigt. Ihr Blick folgt einer in wenigen Kilometern Entfernung
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