PR Odyssee 01 - Die Kolonisten der Zukunft
einfach nur Katze. Ich werde sie mitnehmen, dann hat jeder was davon.« Shim beugt sich vor und küsst ihre Mutter auf die Wange, etwas, was sie schon eine Ewigkeit nicht mehr getan hat. »Danke, Tiana.« Auf dem Absatz dreht sie sich einmal um sich selbst. »»Mars!«, ruft sie. »»Shimmi kommt!«
»»Und was wird Jaki dazu sagen?«
Shim Caratech schnippt mit den Fingern und macht eine wegwerfende Bewegung.
Es gab nur den einen breiten Korridor, von dem zu beiden Seiten die Türen zu den Unterkünften abzweigten. Zur Rechten endete er an einer lichtundurchlässigen Glasfront. Aber vielleicht ging es dahinter weiter, und was Shim Caratech für ein bis zum Boden reichendes
Fenster hielt, war in Wirklichkeit der Übergang in einen anderen Gebäudetrakt.
Es war nur Neugierde, die Shimmi die Polarisierung ändern ließ; Schikago musste sich in die andere Richtung gewandt haben. Ihr Blick fiel hinab in eine Art Innenhof, eng, kahl und von der Sonne stiefmütterlich behandelt. Eigentlich war der Zwischenraum zum nächsten Gebäude nur ein düsteres Loch. Links von ihr rückte das andere Bauwerk noch näher heran und vermutlich verschmolzen beide Häuser im rückwärtigen Bereich sogar miteinander.
Shim wandte sich um. Hinter der Tür von Homphés Unterkunft hörte sie laute Stimmen. Einen Moment lang hielt sie an und lauschte angestrengt, konnte aber nichts verstehen.
Sie huschte weiter. Der Korridor knickte ab. Noch einmal dreißig Schritte entfernt führte der Antigrav-Lift nach unten. Bei der Ankunft hatte sie die Distanz mitgezählt - eine dumme Angewohnheit, aber sie konnte nicht einfach nur mit der Meute mitlaufen. Das hatte ihr schon immer Unbehagen bereitet.
Flüchtig dachte sie an das Echsenwesen am Empfang. Sie spannte die Muskeln an... aber der Korridor blieb auch hinter der Biegung leer. Ein Blick in die Liftkabine, Schikago war nicht da. Allerdings konnte sich die Ferrol-Katze nicht in Luft aufgelöst haben. Ein kläglicher Laut ließ Shimmi herumfahren. »Schikago!«, rief sie freudig, aber da war nicht einmal die Spur eines Fellbüschels. Sie verharrte unschlüssig.
Etwas polterte. Von wo das Geräusch kam, blieb Shim verborgen.
»Komm her! Sofort!« Verhaltener Ärger schwang in ihrer Stimme mit. Bren würde ihr den Kopf abreißen, wenn sie ohne die Katze zurückkam. Das würde das erste Mal seit langem sein, dass er von seiner Tochter wieder Notiz nahm. Und Tiana? Nun, sie hatte die Katze sowieso nicht haben wollen.
Shim ärgerte sich über ihre Gedanken. »Wo hast du dich verkrochen?«, rief sie scharf. Diesmal antwortete ein jämmerlicher Laut. Shim hielt den Kopf schräg - unschlüssig, ob dieses Klagen wirklich hinter der nächsten Tür hervordrang.
Alles war wieder ruhig. Bis auf knisternde Laute aus der Decke, die wohl von Versorgungsleitungen verursacht wurden. Argwöhnisch blickte Shim in die Höhe. Sie traute Schikago zu, dass sie einen Einstieg in die Schächte der Klimaanlage gefunden hatte.
Abermals hörte sie das klägliche Winseln. Sehr leise. In dem Zimmer wohnte keiner aus dem Liner. Vielleicht hatte ein Fremder das Zimmer bezogen und nicht bemerkt, dass ihm die Katze gefolgt war. Shim fragte sich, wie ein türkisblauer Blitz mit weißem Schwanz von Facettenaugen wahrgenommen wurde.
Bestimmt gab es einen Türmelder, sie hatte die Vorrichtung nur noch nicht entdeckt. Shim hob die Faust, zögerte, klopfte dann. Ihre Hand durchdrang die Tür wie einen Nebelhauch. Der halbe Unterarm verschwand, bevor Shim begriff. Einen Moment lang stand sie wie versteinert da, dann tastete sie mit der Linken nach vorne.
Es gab keine Tür. Was so aussah, war ein Hologramm, hinter dem sich alles Mögliche verbergen konnte. Shimmi steckte beide Arme bis zu den Ellbogen hinein und zog sie langsam wieder zurück. Nichts war geschehen, sie konnte die Finger wie zuvor bewegen. Entschlossener wagte sie einen zweiten Versuch. Sie stieß auf keinen Widerstand, und diesmal setzte sie auch einen Fuß nach vorne. Der Boden schien sich ohne Unterbrechung fortzusetzen. Shim holte Luft und machte einen, zwei Schritte nach vorn.
Ihre Umgebung veränderte sich jäh. Der schmale Gang vor ihr weitete sich nach wenigen Metern. Düsternis erfüllte den Raum, nur irgendwo im Hintergrund glommen mehrere schwache Lichtquellen. Sie offenbarten ein auf den ersten Blick undefinierbares Durcheinander. Ein Lebenserhaltungssystem, vermutete Shim.
Sie hörte jetzt Schikagos klägliches Jammern deutlicher. Es roch nach Staub
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