PR Odyssee 03 - Das Energie-Riff
gedankliche Warnung. Er ahnte, dass er die Bilder einer überreizten Phantasie sah und dass nie geschehen würde, was ihm seine Gedanken vorgaukelten ...
Das Energie-Riff öffnete sich. Die Wächter marschierten durch breite Durchlässe, und hinter ihnen schwebten voll beladenc Gleiter. Die Gefangenen versammelten sich und lauschten der Ansprache Zait
Kissahs, der ihnen ein würdiges Leben mit ärztlicher Versorgung und gerechter Entlohnung versprach. Wächter und Gefangene verbrüderten sich für einen langen Augenblick, und dann begann Pembur-Station langsam wieder ihre vorherige, glanzvolle Bedeutung wiederzuerlangen. Omek stieß den Kameraden grob zur Seite. Der Wächter stolperte und riss einen Tisch, einen Sessel und zwei Männer zu Boden. Sie kamen auf die Füße, senkten die Köpfe und sprangen auf Omek los. Omek zog den Thermostrahler aus der Schutzhülle, aber seine Nachbarn packten seinen Arm und das Handgelenk. Er versuchte sich loszureißen, trat um sich und fühlte, wie sein Arm in die Höhe gedrückt und gerissen wurde.
»Lasst mich los! Ich zeig’s euch allen!«, schrie er.
Ein Schuss löste sich, fuhr in die Decke; brennende Trümmer krachten herunter. Ein Fetzen glühende Isolierung fiel auf Omeks Kopf und setzte sein Haar in Brand. Einer der Männer, die ihn festhielten, packte den Krug und leerte ihn über Omeks Kopf.
Dann sprangen sie ihn von allen Seiten an, rangen ihn zu Boden, und mitten im Getümmel peitschte ein Paralysatorschuss auf. Er verlor das Bewusstsein, sein Körper erschlaffte jäh. Jemand brüllte: »Bringt ihn in die Medostation! Ein Zwangsschlaf und kalte Duschen. Dann kommt er wieder zur Vernunft!«
»Bisher hat er sich doch immer vernünftig verhalten.«
»Sagt es dem Kommandanten. Kissah muß es wissen. Der Kerl war zu lange in der Sonne. Ist verrückt geworden.«
Ein Wächter fluchte. Der Kopf. Seine Haare! Das sieht ja schlimm aus! Vier Wächter hoben den schlaffen Körper auf und schleppten ihn zur Medoabteilung. Zwei Stunden vor Sonnenaufgang wachte Omek auf, spürte die Spezialsalbe auf seinem Schädel und dass er sein Haar verloren hatte. Schrittweise kam die Erinnerung an den vergangenen Abend wieder. Er verfluchte seine Ungeduld. Er hatte zu schnell zu viel erwartet; dafür erwartete ihn eine Disziplinarstrafe, deren Ausmaße er nicht kannte. Er stöhnte auf: Was hatte er in bester Absicht angerichtet!
Sheo Omek stand um Mittag, vor Dienstbeginn, als seine Kollegen gerade ihre Posten an den Strukturlöchern einnahmen, vor Zayt Kissahs spiegelnd sauber geputztem Schreibtisch. Kissah musterte ihn schweigend, mehrere Minuten lang. Das Gesicht des Kommandanten, das sich in der Platte brach, wirkte wie eine alte Kriegermaske aus hellem Holz. »Du hast die Wahl zwischen zwei Optionen«, sagte der Are’Imga scheinbar ruhig. Seine Stimme kam aus einem Abgrund der Enttäuschung und Verachtung. »Von Anfang an warst du pflichtbewusst, pünktlich und zuverlässig. Du hast die Situation von Pembur-Station zwar richtig gesehen, aber ... Änderungen lassen sich weder betrunken noch bewaffnet durchführen, schon gar nicht mit Beleidigungen. Die Männer wollen, dass du nachhaltig bestraft wirst.«
»Ich sehe ein, dass ich für meine Unbesonnenheit ge-straft werden muss«, entgegnete Omek mit gepresster Stimme. »Verliere ich mein Leben?« Die Antwort ließ ihm einen Schimmer Hoffnung. »Nicht notwendigerweise. Es gibt verschiedene Optionen. Du hast es mir zu verdanken, sagen wir ... aus alter Kameradschaft.«
»Welche Optionen, Oberst?« Omek spürte die Prellungen und Platzwunden der Prügelei dank des Medorobots kaum, ebenso wenig wie die Brandblasen seines kahlgeflämmten Schädels. Er hatte begriffen, dass er zur falschen Zeit zu weit gegangen war, als er den Stolz - die Menge, die ihnen verblieben war - der Kollegen herausgefordert hatte.
Kissah antwortete schneidend: »Diese beiden: Du gehst zu deinen Freunden hinaus und tauschst Clezmor-Schwämme gegen Wasser und Nahrungsriegel. Dann hast du, was du wolltest - Gleichheit und Brüderlichkeit.« Er legte die tiefbraun gebrannten Hände neben sein Spiegelbild flach auf die Platte. »Oder du bekämpfst deinen Stolz und trittst gegen einen Rebellen an. Hier. Im Sand der Rotunde. Bis zur Aufgabe.« Omek sah ein, dass ihm der Kommandeur eine Möglichkeit des Überlebens anbot. Er nickte schwer. »Ich kämpfe. Gegen wen?« Deine Kollegen bestimmen deinen Gegner. »Wann?«, fragte er. Seine Stimme drohte zu versagen.
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