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PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

Titel: PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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Vielzahl von kleinen Läden, die über Laufbänder aus durchsichtiger Energie erreichbar waren. Überall standen Nodronen und feilschten lautstark um die Waren, zumeist Kleidung. Die Gebäude erinnerten in ihrer konischen Form an Zelte, und Quart stellte ernüchtert fest, dass von der klaren Ordnung, die das Holo Kions vermittelt hatte, nichts geblieben war. Innerhalb weniger Minuten hatte er in dem Gewirr der Zelthäuser die Orientierung verloren.
    Für Quart Homphé war der Marsch durch die Stadt ein Spießrutenlauf. Die Nodronen jagten ihm unbeschreibliche Angst ein - und zugleich bewunderte er sie mit der schmerzlichen Wehmut dessen, dem bewusst ist, dass ihresgleichen für immer unerreichbar bleiben würde.
    Die Nodronen waren prachtvolle Menschen. Sie gingen nicht durch die Straßen, sie paradierten. Selbst wenn sie müßig von einem Laden zum nächsten schlenderten, war ihre Haltung nie nachlässig. Eine innere Spannung hielt sie aufrecht, eine schrankenlose Selbstsicherheit, als könne jeder von ihnen es alleine mit dem Rest des Universums aufnehmen.
    Viele der Männer und Frauen trugen Uniformen. In ihrer Körperbetontheit ähnelten sie denen, die Quart und seine Begleiter trugen, aber sie hatten nichts von der Schlichtheit, mit der sich die Terraner begnügten. Zugegeben, sie waren aus grobem, schwarzem Stoff gewebt, doch die Brustpartien glitzerten in der Sonne wie Nester aus vielfarbigen Edelsteinen. Es waren Rangabzeichen, und ihrer Häufigkeit nach zu urteilen, musste das nodronische Militär zur Gänze aus hochdekorierten Offizieren bestehen.
    Die Zivilkleidung der Nodronen befleißigte sich eines Retro-Stils. Männer wie Frauen trugen lederne Reitstiefel, die bis an die Knie, oft auch über die Oberschenkel reichten und Quart Homphé eher an Strumpfhosen erinnerten, so naturgetreu bildeten sie die Beine ihrer Träger ab. In breiten Gürteln steckte die obligatorische Peitsche und diverse andere Gegenstände, die je nach persönlicher Vorliebe variierten. Fransenbesetzte Blusen und Hemden rundeten die Kleidung ab.
    Die nodronische Haarmode kannte offenbar nur zwei Ausprägungen: brutale Schlichtheit oder dekadente Extravaganz. Erstere, von Männern bevorzugt, äußerte sich in glatt rasierten Schädeln und sorgsam ungepflegten Dreitagebärten, Letztere war das unbestrittene Revier der Frauen - Haartürme, die sich anschickten, mit dem Gebirge der Stürme zu wetteifern.
    Quart Homphés Blicke saugten sich an den stolzen Gestalten fest. Die Nodronen bestachen durch ihre Erscheinung. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, ein Nodrone könne versagen, einem Problem nicht gewachsen sein. Der dicke Terraner wünschte, er könnte wie sie sein.
    Homphés Leben war ein einziger Kampf gegen das Vorurteil. Betrat der Holo-Künstler einen Raum mit Fremden, hatte man ihn bereits als Versager eingestuft, noch ehe er zur Begrüßung angesetzt hatte. Dagegen anzugehen war ein Ding der Unmöglichkeit. Eher hätte er Sonnensysteme versetzen können als das Urteil seiner Mitmenschen - abgesehen davon, dass ihm die Dinge, die er anpackte, auf derartig katastrophale Weise misslangen, dass er in seinen dunklen Stunden nicht umhin kam, ihnen zuzustimmen.
    Er, Quart Homphé, war der geborene Versager, wenn auch ein feinfühliger.
    Als Holo-Künstler betrachtete er es als seine Aufgabe, Dingen auf den Grund zu gehen, die Welt um sich herum mit wachen Augen wahrzunehmen. Er begnügte sich nicht damit, an der Oberfläche zu kratzen, sondern versuchte die verborgenen Feinheiten zu verstehen, die unbewussten Motivationen der Menschen. Nur auf diese Weise konnte er Kunstwerke erschaffen, die unter die Haut gingen, in den Menschen eine Saite zum Klingen brachte, von der sie bislang nichts geahnt hatten.
    Während Quart Homphé sich dem Selbstmitleid hingab, nahm der Künstler in ihm mit wachen Sinnen seine Umgebung wahr, analysierte und sezierte, was er sah. Und er sah Angst, die ihm Angst machte.
    Unter der Oberfläche unerschöpflicher Selbstsicherheit waren die Nodronen zutiefst verunsichert. Kein Nodrone konnte sich seines Ranges sicher sein. Ein Fehler, und man war als Affail abgestempelt, als Abschaum. Es galt, die eigene Stellung jeden Tag von neuem zu erkämpfen, auf der Hut zu sein vor möglichen Konkurrenten - jeder kam in Frage, selbst der engste Freund -, Verletzungen der eigenen Ehre zu erkennen und zu ahnden.
    Die Nodronen waren wie geladene und entsicherte Waffen - in Gefahr, jederzeit loszugehen.
    Homphé

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