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PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

Titel: PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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Diener, der sich bereits, einer viele Male geübten Routine folgend, halb abgewandt hatte, verharrte in der Bewegung. »Tatsächlich.?«
    Die Pupillen des Mannes hatten sich geweitet, sein Blick maß wie eine Kamera die Vorreiterin der Mongaal ab, verweilte schließlich auf der Peitsche, die sie an der Seite trug, der einzigen Waffe, die Besuchern von Rang in der Götzenstadt gestattet war.
    Argha-cha schenkte er keine Beachtung. Das Mädchen war erleichtert darüber. Der durchdringende Blick des Mannes erschien ihr obszöner als die Berührungen, die sich die jungen Männer ab und an bei den Mädchen des Clans heraus nahmen.
    »Unter diesen Umständen«, fuhr der Mann fort - jetzt streifte sein Blick doch das Mädchen - und zeigte ein Lächeln, das keines war, »sollten wir besser auf die sonst übliche Führung durch die Götzenstadt verzichten und euch ohne Umstände an das Ziel eurer Träume befördern. Folgt mir!«
    Der Diener führte sie in einen mit gegerbtem Tierhäuten abgehängten Gang. Wortlos beschleunigte er seine Schritte, sodass die beiden Mongaal in ihren schweren Rüstungen ihm nur mit Mühe folgen konnten.
    Der Weg schlängelte mal nach links, mal nach rechts, aber niemals mündete ein anderer Gang in ihn. Minuten zogen sich, wurden zu. Stunden? Argha-cha wusste es nicht zu sagen, sie verlor rasch jedes Gefühl für Zeit und Ort. Es war ohne weiteres möglich, dass der Diener, der gleichmäßig wie ein Roboter vor ihnen herging, sie im Kreis herumführte.
    Argha-cha wurde heiß, Schweiß rann ihr über das Gesicht, floß in ihre Augen und brannte. Mit einem Rumoren erinnerte sie ihr Magen daran, dass sie heute morgen vor Aufregung nichts herunter bekommen hatte.
    Das Mädchen sah zu ihrer Großmutter und erschrak. Ein Fremder hätte nichts Besonderes an ihr bemerkt. Natürlich, auch ihr rann der Schweiß herunter, aber ihr Schritt stand in seiner Beständigkeit dem des Dieners in nichts nach. Argha-cha, die Enkelin, kannte ihre Großmutter allerdings zu gut, um sich täuschen zu lassen. Etor-tais leerer Blick, das leise Röcheln, das sich in ihre Atemzüge mischte, die tiefe Furche, die sich zwischen ihren Augenbrauen abzeichnete - die Vorreiterin stand
    am Limit ihrer Möglichkeiten.
    Es war in diesem Augenblick, in den Gängen der Götzenstadt, weit weg von der schützenden Gemeinschaft des Clans, da Argha-cha ihre Großmutter als das wahrnahm, was sie tatsächlich war: eine alte Frau, der die Jahre zusetzten, deren Kräfte zusehends dahinschwanden und die vielleicht längst in einem un-geschmückten Grab zurück geblieben wäre, hielte sie ihr eiserner Willen nicht am Leben. Das Mädchen fragte sich, wie alt Etor-tai eigentlich war. Argha-cha hatte ihre Großmutter niemals gefragt, die Frage war ihr nicht wichtig erschienen, und niemand im Clan sprach jemals über das Alter der Vorreiterin.
    Etor-tai würde eines Tages sterben, vielleicht schon bald. Sie war nur ein Mensch, ihre Kräfte waren endlich. Die Erkenntnis traf das Mädchen wie ein Schlag. Ihr war, als würde sie vor einem dunklen Abgrund stehen. Ihre Großmutter war immer für sie da gewesen. Wie würde Argha-cha eines Tages ohne sie bestehen können?
    Das Mädchen versuchte immer noch eine Antwort auf diese Frage zu finden, als der Diener anhielt und auf eine Öffnung deutete, die in den Tierhäuten entstanden war.
    »Mir scheint, ihr seid jetzt so weit, dass ich euch den Götzen präsentieren kann.«
    Die Zwillingsgötzen! Nur noch wenige Augenblicke, und sie würde den Höchsten der Nodronen ins Antlitz blicken!
    Ungestüme Freude überkam Argha-cha, verdrängte die Sorge um ihre Großmutter, degradierte den beleidigenden Tonfall des Dieners zu einer Nichtigkeit, zur Laune eines missgünstigen Sklaven.
    Wortlos ging Etor-tai in die Knie und rutschte auf allen Vieren durch die Öffnung. Argha-cha tat es ihr gleich.
    Es war der rechte, der einzige Weg, sich den Götzen zu nähern. Niemand durfte sich anmaßen, ihnen auf Augenhöhe entgegenzutreten.
    Der Boden, über den Argha-cha kroch, war mit rauen Matten aus Pflanzenfasern ausgelegt. Sie stachen in die Handflächen des Mädchens. Ein kühler Luftzug erfasste die Mongaal. Argha-cha war er willkommen, er trocknete den Schweiß, der inzwischen an ihrem gesamten Körper klebte.
    Befanden sie sich im Freien? Spürte sie die Fallwinde des Gebirges der Stürme?
    Argha-cha wagte es nicht, den Kopf zu heben. Ihr Blickfeld war auf einige Quadratmeter der Matten und die Stiefelsohlen ihrer

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