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PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

Titel: PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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Zufriedenheit. Sie trug die Rüstung ihrer Großmutter, dieselbe, die seit Generationen von Vorreiter zu Vorreiter gereicht worden war. Jeder ihrer Träger hatte sie modifiziert, hatte sich selbst in das Erbe des Clans eingebracht, ihn gestärkt. Zu ihrer Überraschung passte Argha-cha die Rüstung.
    In einem Augenblick der Nachdenklichkeit fragte sich Argha-cha, was ihr eigenes Geschenk an den Clan sein würde. Doch der Gedanke - und die Schwere, die mit ihm einherging - verflog rasch im Wind, der mit ihren Haaren spielte, dem ausgelassenen Schnauben der Sturmtiere, die es genossen, ihre Muskeln spielen zu lassen, und der beinahe schmerzhaften Klarheit, mit der sie ihre Umgebung wahrnahm.
    Argha-cha sah, nein, erspürte die Welt mit ihren neu gewonnenen Sinnen. Ihre Augen nahmen sie in jeder Einzelheit wahr. Konzentrierte sie sich auf einen bestimmten Punkt, zoomte er heran, gab seine Geheimnisse wie unter den forschenden Linsen eines Mikroskops preis. Die Schatten, die in den Hauseingängen nisteten, zerstoben unter ihrem neugierigen Blick. Und mehr noch: Argha-cha stellte verblüfft fest, dass sie an viele Stellen zugleich blicken, jedes Mitglied ihrer Dreizehnerschaft zur selben Zeit im Auge behalten konnte.
    Ihr Verstand sagte ihr, dass sie diese neue Ebene der Wahrnehmung dem Gefechtssystem des Clans verdankte, aber derselbe Verstand war hilflos, wenn es darum ging, ihr zu erklären, wie das möglich war. Argha-cha blieb nur, ihren Gefühlen zu vertrauen, der mächtigen Präsenz, die sie spürte, die die Gesamtheit des Stammes über viele Generationen hinweg zu umfassen schien und sich ihr entwand, so sehr sie sie auch zu fassen versuchte.
    »Argha-cha!« drang eine Stimme zu ihr durch. »Was hast du vor? Wir reiten in den Tod!«
    Sie zweigte einen Teil ihrer Wahrnehmung, einen geringen nur, wie es der Situation angemessen war, ab und sah zu Echrod-or hinunter. Der GeschichteErzähler ritt neben ihr auf Chemlai. Er trug Argha-chas alte Rüstung, ohne Maske, und er war unbewaffnet. Argha-cha hatte es so entschieden. Ein Strahler in der Hand des kampfunerfahrenen Geschichte-Erzählers hätte eher die Dreizehnerschaft gefährdet als die Gegner.
    »Und woher willst du das wissen, erfahrener Krieger, der du bist?« fragte sie. Chemlai erinnerte Argha-cha an ein Spielzeug. Wie hatte sie ihn nur jemals für ein vollwertiges Sturmtier halten können?
    »Wer sind wir schon, dass wir versuchen, uns hiermit zu messen?« Echrod-or nahm eine Hand von Chemlais Hörnern und zeigte auf die Zeltbauten, die um sie herum in die Höhe ragten. Um ein Haar verlor der Geschichte-Erzähler das Gleichgewicht. Seine Hand suchte hastig wieder den Halt des Horns. »Wir sollten uns davonmachen, so lange es noch möglich ist!«
    Argha-cha schüttelte unwillig den Kopf. »Lass dich nicht vom Schein blenden, Geschichte-Erzähler.« Sie trieb die Fußspitzen in die Flanken ihres Sturmtieres, und einen Herzschlag später war der protestierende Echrod-or weit hinter ihr zurückgeblieben.
    Argha-cha bereute es fast, den Geschichte-Erzähler mitgenommen zu haben. Sie hatte gehofft, dass er ihr nützlich sein würde, er zu Einsichten käme, die ihr verborgen blieben. Stattdessen erging er sich in Gezeter. Sah er nicht das wahre Gesicht Kions? Dass die mächtige Fassade des Empires nur ein Lügengebilde war, ein Luftschloss?
    Ihre erste Wahrnehmung Kions, vor Tagen, als der Clan vor der Stadt eingetroffen war, hatte sie nicht getrogen: Die mächtigen Gebäude der Stadt waren Himmelszelte, dem Untergang geweiht. Aber sie - und der gesamte Clan - hatte es damals versäumt, daraus Schlüsse zu ziehen. Die Mongaal hatten vor Furcht erstarrt darauf gewartet, dass ein Blitz aus dem Himmel fahren und die blasphemische Skyline auslöschen würde. Und tatsächlich, ein Blitz, die Rebellen, war eingeschlagen und hatte Kion erschüttert.
    Doch nicht die Endzeit war angebrochen, die sich Argha-cha erhofft hatte, sondern lediglich ein Beben, das Kion, das Fundament des Empire, erzittern, aber nicht einstürzen ließ. Ein größerer, wilderer, entschlossenerer Sturm war dazu nötig.
    Die Mongaal würden dieser Sturm sein.
    Im Schatten eines Hauseingangs, der für sie kein Schatten war, registrierte Argha-cha eine Bewegung. Sie gab einen lautlosen Befehl, und einer der Krieger hob die Waffe, zielte und drückte ab. Der Hauseingang verglühte in einem Energiestrahl.
    Die Formation der Mongaal passierte den Ort der Verheerung, ohne ihren Ritt zu verlangsamen oder

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