PR Odyssee 06 - Die Lebensboten
hatte er nie abgestritten. Welches Tier bewegte sich schon so grazil und lautlos wie ein Stubentiger? So geschmeidig und doch unterschwellig gefährlich. Wer kannte nicht das Geräusch, das man langläufig als Schnurren bezeichnete? Ein Geräusch, das einem Wohlbefinden so richtig wohlig vermittelte.
Ja, eine Katze. Ein Fell auf vier grazilen Beinen. Mal einfarbig, mal getigert, mal fleckig. Kein Tier glich dem anderen. Und jede Katze ist auf ihre Art einzigartig. Wenn Katzen wollten, waren sie richtige Schmusetiger, wenn nicht. Dann sollte man ganz schnell das Tier in Ruhe lassen. Katzen waren halt Individualisten.
Genau wie Mausi. Sie hatte ebenfalls Charakter gehabt. Er wusste noch ganz genau, wie sie ausgesehen hatte.
Außen Kuh, innen Katze. Ein zartes, schwarzweiß geflecktes kleines Etwas mit schwarzem Schwanz und weißen Stiefeln. Wenn Mausi ihn anschaute, hatte er das Gefühl, ein Pirat mit Augenklappe sah ihn an. Die eine Gesichtshälfte war schwarz, die andere weiß. Obwohl sie zwei Jahre alt und kastriert war, als sie aus seinem Leben verschwand, erinnerte ihre Körperform damals noch immer an ein Jungtier.
Mausi war eigentlich die Katze seiner Eltern gewesen. Seine Eltern hatten sich getrennt, als er sieben Jahre alt gewesen war. Zwei Jahre später zog Mutters neuer Freund bei ihnen ein, und der hatte einen Hund, ein kleines, wuscheliges Fellknäuel, munter, immer zum Spielen aufgelegt, frech und vorwitzig.
Aber leider hatte die Katze keine Lust gehabt, ihr Heim gegen diesen kleinen Konkurrenten zu verteidigen. Wobei der Hund beim ultimativen Showdown sicherlich den Kürzeren gezogen hätte. Mausi hatte viel mehr die elegantere Lösung gesucht und sehr schnell neue Dosenöffner gefunden, ein älteres Ehepaar in der Nachbarschaft, das auch nur noch die Sorte Futter kaufte, die die
Katze am liebsten mochte.
Mausi hatte es gut gehabt. Ein neues Frauchen, das mehrmals am Tag überprüfte, ob der Platz an der Heizung auch wirklich warm war. Dafür lohnte sich der Stress mit dem Hund wirklich nicht. Obwohl sie gelegentlich kurz im alten Heim vorbeischaute und noch einmal zeigte, wo die Krallen saßen.
Und das Schlimme daran war: Quart hatte auch diesen Hund heiß und innig geliebt, mindestens genauso sehr wie Mausi. Er hatte um die Katze getrauert, sie aber, typisch für einen Siebenjährigen, schnell wieder vergessen.
Bis er dann die Katzenhaarallergie bekam, die ihn immer wieder an Mausi erinnerte. Von da an hatte er keine andere Wahl mehr gehabt, als Katzen endgültig zu meiden. Er hatte sich nie wieder auch nur in die Nähe von einer begeben.
Quart seufzte erneut. In einer Hinsicht irrte sich das kleine Gör vor ihm ganz gewaltig. Er warf seinen Eltern schon längst nicht mehr vor, dass sie sich getrennt hatten, als er noch ein Kind war. Auch er hatte aus einer früheren, gescheiterten Ehe zwei Mädchen, Billi und Patia, zehn und elf Jahre alt. Er hatte die beiden schon lange nicht mehr gesehen. Er lebte heute allein und litt unter der Trennung von seiner Familie, die gegen seinen Willen zu Stande gekommen war. Damals hätte er es noch einmal mit seiner Ex versucht, auch wenn ihm in letzter Zeit klar geworden war, dass es wohl sinnlos gewesen wäre.
Shimmi betrachtete ihn noch immer mit einem fragenden Gesichtsausdruck. Mühsam erinnerte er sich daran, was er zu ihr gesagt hatte.
»Was bedeutet das eigentlich, Ferrol-Katze?« fragte er.
»Wie meinst du das?«
»Schikago ist eine Ferrol-Katze. Und Ferrol ist doch der achte Planet der Sonne Wega, des ersten fremden Sonnensystems, in das Menschen vorgestoßen sind. Haben sich Ferrol-Katzen ursprünglich auf diesem Planeten entwickelt? Parallel zu denen auf der Erde also? Oder stammen sie eventuell von irdischen Katzen ab, die terranische Raumfahrer mal mitgebracht haben. sozusagen eingeschleppt. und sind dann reimportiert worden?«
»Hm.« Shimmi schaute etwas ratlos drein. »Schikagos Stammbaum gehört zum Besten, was man auf Terra so als Import bekommt. also kommt sie wohl aus dem Wega-System.«
»Ja, ich weiß. Und er reicht dreißig Jahre zurück und füllt einschließlich der Abbildungen ihrer Vorfahren und Geschwister einen kleinen Speicherchip.« Quart seufzte wieder laut und vernehmlich.
Schimmi griff unwillkürlich nach ihrer Tasche. Sie trug den Chip ständig bei sich. Er war mit einem kleinen Holoprojektor versehen, der den Inhalt etwa daumengroß darstellen konnte, wie Quart aus eigener Erfahrung wusste.
Sie kniff die Augen
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