PR Odyssee 4 Die Traumkapseln
wir könnten uns noch auf ein schnelles Glas treffen ...«
»Schrecklich gern, Prinzessin, aber meine Zeit ist wirklich knapp.«
»Ach komm, Tonk! Nur ganz kurz. Wer weiß, wann wir uns wiedersehen. Nur kurz etwas trinken und noch ein bisschen plaudern. Du hast mir so spannende Geschichten erzählt neulich! Weißt du noch, die von dem Gemüsehändler mit den vielen Frauen?«
Tonka starrt sie verständnislos an.
»Na, der mit den vielen Verflossenen!«, schiebt Pelmid nach.
Tonkas Gesicht hellt sich auf. »Ach ja, diese Geschichte!«
»Die würde ich zu gern noch einmal ausführlich hören«, sagt Pelmid.
Tonka gibt ein Lachen von sich. Aber ihre Augen sind ernst. »Bevor ich mich schlagen lasse«, sagt sie. Einen Moment lang sehen sich die beiden Frauen nur an. »Weißt du was«, sagt Tonka. »Ich ziehe meine Pause vor. Für die Mittagszeit ist eh eine Besprechung angesetzt. Dann können wir uns vorher noch kurz treffen.«
Pelmid gibt ihrer Freundin durch, wo sie sich gerade befindet.
»Hast du schon was zu lesen für den Flug?« »Nein?« »Ich bring dir was mit. Die Geschichte von dem Gemüsehändler. Die hält eine Weile vor.«
Pelmid setzt sich mit ihren Einkaufsbeuteln in die Passage. Hier herrscht künstliche Nacht. Außerhalb der Läden ist alles nur wenig beleuchtet von vereinzelten Hängelampen, vereinzelten Fackeln. Von unten angestrahlte Palmen rahmen alles mit kräftigen Pinselstrichen ein.
Pelmid nippt an ihrer Stutenmilch und schaut sich die Leute an. Da sind Männer in dunklen Gewändern. Im Licht der Fackeln blitzen Zierdolche und Zierstrahler auf. Ihre Rüstung beschränkt sich auf wenige, viel zu feine Lederstücke an Schultern und Wams. Es müssen Händler sein.
Da sind halbe Sippen, laut und überreizt, in jeder Hand zwei Einkaufsbeutel, die kleinen Kinder auf dem Rücken festgebunden. Touristen mit einer Tageskarte. Ab und zu kommen einzelne Frauen in wenig mehr als einer Jaffage vorbei. Sie sind zumeist sehr jung, sehr hübsch, und ihre dunklere Haut mit den Ritualtätowierungen weist sie als Angehörige eines eher rückständigen Clans aus, der eigentlich nicht das Geld haben dürfte, seine Töchter im Stern von Kion einzuquartieren.
Handelt es sich um Prostituierte, die es an den Kontrollen vorbeigeschafft haben?
Pelmid wirft einen Blick auf die Uhr. Jetzt könnte Tonka unten in der Rezeption angelangt sein. Sie lässt sich eine Pfeife bringen, raucht sie an. Wohltuende Bitterkeit legt sich in ihre Mundhöhle, akzentuiert durch die Frische der ätherischen Öle.
Tonka weiß, dass Axx sie schlägt. Das hat sie durchblicken lassen. Bei dem Gedanken, dass Tonka sie nicht einmal so zu sehen brauchte, dass Tonka sich denken kann, wie sie jetzt nackt aussieht, zieht sich Pelmid der Magen zusammen.
Tonka hat angedeutet, dass seinen früheren Geliebten etwas zugestoßen ist. Geliebten - was für ein falsches, falsches Wort. »Vielleicht fragst du dich einmal, was aus ihnen so geworden ist«, hat sie neulich im Glanz gesagt. »Oder geworden sein könnte.«
Geworden sein könnte, das klingt nach spurlos verschwunden. Deportiert? In ein Lager? Oder haben sie sich abgesetzt?
Pelmid verliert den Faden, verliert sich in einem Sumpf von erinnertem Schmerz, einem dumpfen Reigen von Schlägen, von Bissen, von . von .
Justiz. Tonka arbeitet bei der Justiz. Sie will Reiselektüre mitbringen. Eine Akte? Es muss um etwas strafrechtlich Relevantes gehen.
Du schwebst in Gefahr, hat sie gesagt.
Gewalt in der Liebe ist nichts strafrechtlich Relevantes. In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt. Wie hat es damals im Sexualkundeunterricht geheißen? Befriedigender Sex erfordert eine prekäre Balance zwischen Unterwerfung und Überhöhung.
Pelmid schnaubt. Den Teil mit der prekären Balance muss Axx Cokroide geschwänzt haben.
Axx Cokroide, wie er danach auf den Kissen lehnt, ihr ein Schamhaar ausreißt, daran riecht und es sich auf die Zunge legt. Und verspeist.
Axx Cokroide, wie er Varrn Vardak, Mozz und Wlenko über die Klinge springen lässt, drei treue Gefolgsmänner. Unter falscher Anschuldigung.
Axx Cokroide, wie er dem Justizminister das Hirn grillt, vor versammelter Mannschaft. Nachdem das Mandat ihn rechtlich unangreifbar gemacht hat.
Es kann nur um Mord gehen - für den im Justizministerium Beweise unter Verschluss liegen. Beweise, die Tonka ihr nun zeigen will? Pelmid sieht wieder auf die Uhr. Ihr Zeitfenster ist gleich zu. Und Tonka müsste längst da sein.
»Du schwebst in
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