PR Odyssee 4 Die Traumkapseln
»Sie. Geht es auch ein bisschen präziser?«
»Das ist Thura Mookmher. Erreks Mutter. Die Kühnreiterin von Koortane.«
»Dann muss er...«
»Der Traumfamnir von Koortane sein!«, unterbrach Perry mich. Mit drei, vier Schritten saß er neben der Frau auf dem Kutschbock. Thura Mookmher schnalzte, und der Zontar setzte sich schwerfällig in Bewegung.
»Das lasse ich mir nicht entgehen!« Ich sprang hinten auf. Fran und unsere Kolonisten taten es mir nach. Nur Peikade blieb, wo sie war.
»Komm!«, rief Shimmi, die die Beine hinten von der Ladefläche baumeln ließ, und klatschte neben sich auf die Holzbretter.
»Das ist ein weiter Weg auf einem harten Wagen«, antwortete Peikade, während wir uns von ihr entfernten. »Und das Wilde Land lässt uns ohnehin nicht ein. Komm doch lieber mit zu mir!«
Shim zuckte mit den Achseln und sprang ab. Sie winkte uns, dann verschwand sie mit Peikade zwischen den Zelten.
Wir machten ein paar Bemerkungen über Dinge, die wir am Wegrand sahen, wie Touristen bei einem Ausflug. Perry und Thura Mookmher vorn auf dem Kutschbock sagten kein Wort. Schließlich verfielen auch wir in Schweigen.
Wir wurden ganz schön durchgeschüttelt auf dem Karren. Befestigte Straßen gab es auf Koortane nicht.
»Also, tut mir Leid, Leute«, sagte Quart Homphé irgendwann, noch in Sichtweite der Zeltstadt. Er ließ sich vom Karren rutschen, schlug fast hin dabei und ging zurück.
Später machten wir an einem Owu Halt. Er stand am Kreuzungspunkt zweier Wege. Hinter uns war nur die Schnecke auf dem Berg noch auszumachen, nicht mehr der Berg. Thura Mookmher stieg ab und legte einen der Steine, die sie vorhin zwischen den Zelten aufgehoben hatte, oben auf den Owu.
Sie sah uns an. »Jeder, der an einem Owu vorbeikommt, tut gut daran, sich für die bislang erfolgreiche Reise zu bedanken. Dazu legt man dort eine Opfergabe, zumindest einen Stein vom Weg nieder. Dann bittet man um den weiteren guten Verlauf der Reise.«
Sie winkte uns vom Karren und drückte jedem von uns einen Stein in die Hand. Durch Opferhandlungen beim Owu soll sein Toongher, das darin niedergelassene Geistwesen, freundlich gestimmt werden.
»Gute Frau«, sagte Pratton Allgame. »Ist es wahr, dass wir in dieses Wilde Land, wie Peikade es nannte, gar nicht werden eintreten dürfen?«
»Das Wilde oder Unantastbare Land ist für jeden Rebellen tabu. Man muss schon die Schamanenkrankheit haben, um sich dort hinein zu wagen.«
»Die Schamanenkrankheit?« Allgame ließ den Stein durch die Finger tanzen wie eine Münze.
»Jenseits der Traumkapseln würde man sie, glaube
ich, Psychose nennen. Wahnvorstellungen.«
»In diesem Fall«, sagte Allgame, warf den Stein hoch, fing ihn auf und legte ihn mit einer eleganten Geste auf dem Owu nieder, »ziehe ich es vor, hier mit einem Dankeschön kehrt zu machen. Habe die Ehre, Kühnreiterin.« Er deutete eine Verbeugung an und machte sich auf den Weg zurück zur Stadt. »Das wird ein herrlicher Spaziergang!«, rief er noch und machte eine Geste zum Himmel. Blau spannte sich in alle Richtungen. Nicht eine Wolke, nicht ein rosa-orangenes Nachbild war zu sehen.
»Tja«, sagte Fran. Sie sah mich bedauernd an.
»Ach, komm«, sagte ich. »Das meinst du doch nicht im Ernst.«
Sie fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Ich weiß nicht. Ich ...« Sie sah Allgame nach. »Tut mir Leid, Reginald. Ich - kann nicht.« Sie lachte unsicher.
»Fran«, ermunterte ich sie. »Du bist Agentin des Terranischen Liga-Dienstes. Du lässt dich doch nicht von ein paar dunklen Worten vergraulen. Was ist los?«
Sie zuckte mit den Achseln.
»Ist es wegen deiner Höhlenphobie?« Sie hatte auf Quocht, unten in den Kavernen von Takuri, mitunter Probleme deswegen bekommen.
»Vielleicht. Ich kann es wirklich nicht sagen.«
»Ach, komm«, forderte ich sie erneut auf. »Wir gehen in keine Höhle rein. Versprochen.«
»Höre auf dein Gefühl, fremde Schwester«, sagte Thura Mookmher.
Ich warf ihr einen ausgesucht finsteren Blick zu.
»Bully«, sagte Rhodan. »Können wir?« Er saß schon wieder oben auf dem Kutschbock neben der Kühnreiterin.
Ich sah von meinem alten, meinem ältesten Freund zu der Frau, die ich liebte. Na toll. Ich legte meinen Stein auf den Owu. Am liebsten hätte ich ihn in die Gegend gepfeffert.
»Tut mir Leid, Fran«, sagte ich. »Ich will ihn sehen. Ich will eines von den Wesen sehen, die das hier fortwährend erschaffen.« Ich wies mit der Hand um mich. Ich hätte Fran gern einen Kuss gegeben,
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