PR TB 004 Sturz in Die Ewigkeit
Hunderten von
Anschlüssen hielt, löste er sich aus Moras' Bewußtsein.
Ellert schwebte unsichtbar unter der Decke des Raumes und sah, was
weiter geschah. Er konnte es nicht verhindern.
Moras schlug die Augen auf. Voller Unglauben betrachtete er seine
Umgebung, bis sein Erstaunen in Entsetzen umschlug. Er begann zu
schreien.
Einer der Mediziner trat zu ihm.
"Aber, Moras, Sie haben sich bisher so vorbildlich verhalten,
daß wir keine Komplikationen befürchteten. Sie gefährden
die Prozedur, wenn Sie Widerstand leisten. Es liegt nur in Ihrem
Interesse, wenn wir so schnell wie möglich fertigwerden.
Außerdem hat der Präfekt höchste Eile befohlen. Also
beruhigen Sie sich."
Aber Moras beruhigte sich keineswegs.
"Was wollt ihr von mir? Präfekt? Was habe ich mit der
Polizei zu tun? Was wollt ihr mit mir anstellen?"
Der Mediziner runzelte die Stirn.
"Sie wissen genau, was geschehen ist und geschehen wird.
Regulation! Der Verkehrsunfall... "
"Welcher Verkehrsunfall?" brüllte Moras aus
Leibeskräften. "Wie komme ich überhaupt hierher? Ich
saß in meinem Zimmer... ich muß eingeschlafen sein. Nun
wache ich hier auf...!"
Der Mediziner beugte sich über ihn.
"Sie wachten hier auf? Sie haben doch eben noch um sich
geblickt, mich sogar angesehen. Sie haben nicht geschlafen. Sie
wurden in der Wohnung Glar Wandogs abgeholt und hierhergebracht. Sie
haben den Unfall zugegeben, den Sie durch das Überqueren der
Fahrbahn verursachten. Zehn Tote gehen auf Ihr Konto, Moras."
Moras begriff nun überhaupt nichts mehr. Ellert empfand
Mitleid mit ihm, als sie die Haube auf seinen Kopf senkten und die
Anschlüsse vornahmen. Moras wehrte sich nicht mehr. Apathisch
ließ er alles mit sich geschehen, als sei sein Lebenswille
gebrochen. Es beruhigte Ellert zu wissen, daß Moras keinen
Schaden erleiden würde. Vielleicht konnte er ihn später
sogar wieder übernehmen, wenn auch eine zweimalige Amnesie
auffallen würde. Aber sie mußte ja nicht auffallen.
Moras schloß die Augen. Bald kündigten ruhige Atemzüge
an, daß er eingeschlafen war. Die Prozedur nahm ihren Anfang,
und sie verlief völlig normal. Die Mediziner bemerkten nichts
Außergewöhnliches, aber sie hatten eine Erklärung
dafür gefunden, daß der junge Wissenschaftler einen so
groben Fehler begehen konnte. Er hatte teilweise sein Gedächtnis
verloren. Nach der Regulation-Prozedur würde auch das behoben
sein.
Ellert drang durch die Decke und Mauern und gelangte schließlich
ins Freie. Hoch über der Stadt orientierte er sich und schwebte
schon Minuten später in Wandogs Wohnung.
Der Astronom zog sich gerade an, um ins Observatorium zu fliegen.
Es war bereits später Nachmittag, und die letzte Nacht vor dem
großen Ereignis brach an.
"Ja, ich verstehe Sie", sagte Glar Wandog erschrocken,
als Ellert sich zwei Stunden später meldete. Es war schon dunkel
geworden, und am klaren Himmel standen die Sterne. "Sie sind
also gekommen, wie ich Ihnen riet?"
"Ihr Spruch war nicht ganz klar", erwiderte Ellert und
projizierte ein Lachen in das Bewußtsein des anderen. "Der
Polizeipräfekt zerbricht sich bestimmt noch jetzt den Kopf
darüber."
"Soll er", entgegnete Wandog und starrte gegen die
gewölbte Decke der Beobachtungskuppel.
"Und was nun?"
Es war eigentlich erstaunlich, wie schnell sich Wandog mit der
ungewöhnlichen Situation abgefunden hatte. Ellert ahnte, daß
er mehr Schwierigkeiten mit dem Astronomen gehabt hätte, wäre
Maros nicht gewesen. Der Assistent hatte als Anschauungsobjekt
gedient, und bevor Wandog sich Erinnerung und Bewußtsein nehmen
ließ, stimmte er lieber zu, daß Ellerts Geist "neben"
ihm einen Platz erhielt.
"Wir können zusammen beobachten, ohne uns zu hindern,
Wandog. Aber das Ereignis findet ja erst morgen statt. Bis dahin ist
Maros zurück. Ich hoffe, die Polizei läßt ihn nicht
überwachen.
Sie haben immerhin eine Gedächtnislücke festgestellt."
"Na, wenn schon! Das ist ein guter Grund für eine
Regulierung."
Das stimmte auch wieder. Man würde keinen Verdacht schöpfen.
"Werden Regulierungen auch in anderer Hinsicht vorgenommen?
Ich meine", fragte Ellert, "kann die Polizei auch
posthypnotische Befehle geben, die nicht nur das Verhalten im
Straßenverkehr betreffen? Etwa politischer Art?"
Wandog nickte. "Wenn es dem Staat dienlich ist. Niemand hat
etwas dagegen."
"Und die persönliche Freiheit? Was ist damit?"
"Die hat man auch nach der Regulation", entgegnete der
Astronom. "Jeder ist fest davon überzeugt, genau so zu
denken
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