PR TB 004 Sturz in Die Ewigkeit
oder zu handeln, wie er es für richtig hält. Ist das
nicht die Hauptsache?"
Ellert verzichtete auf eine Fortführung des Gesprächs in
dieser Richtung. Er zeigte auf die Sternenkarten.
"Von unserer Welt aus gesehen - von der Erde aus gesehen -,
geht im Verlauf der Jahrtausende eine Veränderung am
Sternenhimmel vor sich. Die Stellung der Sterne verschiebt sich. Ist
das auch hier der Fall?"
"Wir nehmen es an. Es gibt Berichte, nach denen sich solche
Veränderungen beim Sternensprung bemerkbar machen sollen.
Jahrtausende, sagten Sie?"
"Mindestens!"
Ellert gewöhnte sich an den neuen Zustand. Es war ihm lieber,
mit dem Bewußtsein eines Gastkörpers "in Frieden zu
leben", ohne es ausschalten und unterdrücken zu müssen.
Er war so nicht allein, sondern konnte sich unterhalten und einen
Meinungsaustausch pflegen. Vielleicht hätte er bei Maros auch so
vorgehen sollen, aber dazu war es zu spät.
Die Nacht verging.
Am nächsten Vormittag wurde Wandog vom Präfekten
angerufen, der ihm triumphierend mitteilte, daß Maros in der
Tat unter Gedächtnisschwund gelitten habe. Nun sei alles wieder
in Ordnung.
Die fehlende Erinnerung habe man nicht ersetzen können, aber
mit Sicherheit würde sich Maros künftig im Straßenverkehr
disziplinierter benehmen. Er würde noch heute nachmittag
freigelassen werden.
Wandog bedankte sich und unterbrach die Verbindung.
"Wir hatten Glück, mein Freund", sagte er dann. Ein
heimlicher Beobachter hätte sicherlich an seinem Verstand
gezweifelt, wie er da so allein in seinem Zimmer saß und sich
mit einem Unsichtbaren unterhielt. "Man hat keinen Verdacht
geschöpft."
"Wie sollte man auch?" meinte Ellert. "Wäre es
mir allerdings nicht gelungen, mich von Maros zu lösen, hätte
es Komplikationen geben können. Das Vorhandensein zweier
verschiedener Bewußtseinskomplexe in einem Gehirn hätte
wissenschaftliche Aufklärung verlangt. Ich weiß nicht, zu
welchem Ergebnis man gelangt wäre."
"Sicher nicht zum richtigen", sagte Glar Wandog und
gähnte. "Ich bin müde und möchte schlafen. Was
werden Sie inzwischen unternehmen?"
"Eine seltsame Frage", gab Ellert zurück. "Ich
brauche nicht zu schlafen. Ich werde mich umsehen."
Wandog fragte nicht, was Ellert sich darunter vorstellte, sondern
legte sich zu Bett, um für die kommende Nacht ausgeruht zu sein.
Ellert verließ ihn, versetzte sich ins Observatorium und
versuchte anhand der herumliegenden Unterlagen und Sternenkarten,
soweit sie offen aufgeschlagen waren, Antworten auf einige seiner
Fragen zu erhalten.
Am Nachmittag kam Maros und stammelte einige Entschuldigungen. Sie
halfen ihm nicht viel, denn noch während er sprach, wurde er
erneut von Ellert übernom
men. Wieder wurde sein Bewußtsein völlig ausgeschaltet.
Er würde die Nacht des großen Wunders nicht erleben, aber
Ellert hatte sich vorgenommen, ihm eine neue Erinnerung zu geben. So
würde Maros die Gedächtnislücke nicht bemerken.
Niemand würde sie bemerken.
Im Observatorium war es nicht so ruhig wie sonst. Aus allen Teilen
des Landes waren die Astronomen und Wissenschaftler herbeigeeilt, um
das Ereignis an der Quelle bester Beobachtungsmöglichkeiten
mitzuerleben. Auch ein Vertreter des Präsidenten war anwesend.
Er begrüßte Glar Wandog mit größter
Freundlichkeit.
Dann brach die Nacht herein. Der Himmel war wolkenlos und
sternenklar. Durch Maros' Augen sah Ellert die Sterne, und er kannte
sie nun schon so gut wie damals die Sterne der Erde.
Als die Uhren Mitternacht zeigten, wurden die Besucher der
Sternenwarte nervös. In den Nachrichten wurde bekanntgegeben,
daß überall in den Städten die Brack auf den Straßen
standen und den Himmel beobachteten. Sie alle warteten auf das
Wunder, das geschehen sollte.
Wandog nahm die Augen vom Okular des Teleskops und beugte sich zu
Maros herab, der in der abgeschlossenen Kabine die Bildschirme der
Filmaufzeichnungen überprüfte.
"Sie müssen den Startknopf drücken, sobald ich das
Zeichen gebe. Kamera im Normallauf.
Weitwinkel. Der gesamte Himmel muß erfaßt werden. Nun,
wir haben es ja oft genug geübt."
"Alles bereit", gab Maros-Ellert zurück.
"Automatische Filmzuführung in Ordnung. Material für
zehn Stunden vorhanden. Von mir aus kann's losgehen."
Wandog gab keine Antwort. Er blickte wieder in das Teleskop,
bewegte unsicher seine rechte Hand und ließ sie dann plötzlich
sinken.
"Ich bin nicht sicher, aber schalten Sie ein. Die Sterne...
nein, sie bewegen sich nicht, wie wir es erwarteten. Sie
Weitere Kostenlose Bücher