PR TB 004 Sturz in Die Ewigkeit
dann
triumphierend auf einige Schriftzeichen.
"Sie haben vor anderthalb Stunden Ihre Wohnung verlassen,
Student Moras. Stimmt das?"
"Ja, das stimmt."
"Sie begaben sich zum Stadtblock AK-8 und überquerten
dann die Hauptfahrbahn, um auf die andere Seite zu gelangen. Sie
wissen doch, daß das verboten ist. Fußgänger haben
die vorgeschriebenen Unterführungen zu benutzen."
Ellert war für eine Sekunde verwirrt. Ja, er entsann sich,
die Straße überquert zu haben. Was war denn schon dabei?
Deshalb ein Polizeiaufgebot, um ihn zu verhören? Oder hatte er
den Fehler begangen, nicht genügend in Moras' Erinnerungen
geforscht zu haben?
"Es tut mir leid", sagte er und zuckte die Achseln. Er
wunderte sich über Glar Wandogs bestürztes Gesicht. "Ich
werde das nächste Mal darauf achten. Vielleicht war ich zu sehr
in Gedanken versunken ..."
"Ihre Gedankenlosigkeit ist die Ursache für den Tod von
mehr als zehn Menschen", sagte der Polizist scharf. "Als
Sie die Fahrbahn überquerten, unterbrachen Sie die Leitstrahlen
der automatischen Steuerung. Sechs führerlose Fahrzeuge stießen
zusammen. Sie konnten es nicht bemerken, weil das Unglück zwei
Häuserblocks weiter geschah, daher nehmen wir nicht an, daß
Sie flohen. Aber wir müssen Sie bitten, mit uns zu kommen."
Er wandte sich an den Astronomen. "Es wird notwendig sein, Ihren
Assistenten zu regulieren."
Wandog erschrak. Ellert konnte sich den Grund für diese
Reaktion nicht erklären, denn wenn er auch fahrlässig
gehandelt hatte, war er kein Verbrecher. Sie würden ihn nach dem
Verhör wieder laufen lassen müssen. Was war übrigens
"regulieren"?
"Ist das notwendig?" fragte Wandog. "Ist das
wirklich notwendig?" Er wurde plötzlich sehr lebendig. "Ich
werde nicht zulassen, daß mein Assistent einer so fragwürdigen
Prozedur unterzogen wird. Jeder von uns kann einen Fehler begehen,
jeder kann einmal etwas vergessen.
Moras wird in Gedanken versunken gewesen sein und hat nicht auf
seine Umg e-bung geachtet.
War es nicht so, Moras?"
Seine Stimme hatte eindringlich geklungen, fiel Ellert auf. Er
nickte mit dem Kopf.
"Natürlich war ich in Gedanken, sonst wäre ich
niemals über die Fahrbahn gelaufen." Er wußte immer
noch nicht, was "regulieren" war, aber der Reaktion des
Astronomen nach zu schließen, mußte es etwas Unangenehmes
sein. "Das bevorstehende Ereignis ..."
"Sie werden es, fürchte ich, im Sanatorium erleben, wenn
Sie bis dahin wieder bei Besinnung sind", sagte der Polizist.
"Unmöglich!" warf Wandog ein. "Ich benötige
meinen Assistenten bei den Beobachtungen. Ich werde mich sofort mit
dem Präfekten in Verbindung setzen."
"Tun Sie das, Wandog. Aber erst dann, wenn wir Ihre Wohnung
verlassen haben." Er sah Ellert-Moras an. "Kommen Sie
jetzt."
Trotz Wandogs Protest wurde Ellert aus der Wohnung geführt.
Ein wartendes Fahrzeug nahm sie auf, und in rasender Fahrt ging es
durch die breiten und menschenleeren Straßen der Stadt. Die
Gehsteige waren natürlich belebt, aber kein Mensch verließ
sie, außer an den in regelmäßigen Abständen
angelegten Unterführungen. Es wurde Ellert klar, daß er
für eine Sekunde diese Welt mit irdischen Maßstäben
gemessen hatte. Ein Fehler, der gefährliche Konsequenzen haben
konnte.
Und morgen schon sollte der sagenhafte Sternensprung stattfinden.
Bis dahin mußte er wieder frei und bei Glar Wandog sein. Auf
keinen Fall durfte er dieses Ereignis versäumen, das ihm
vielleicht einen Hinweis geben würde, wo - und wann
- er sich aufhielt.
Flucht?
Sie würde in diesem gut organisierten Staat wenig Sinn haben.
Es gab nur eine letzte Möglichkeit, wenn sie Moras wirklich
festhielten: Er hatte Moras bei vollem Bewußtsein übernommen,
er würde ihn auch nach Belieben wieder verlassen können.
Aber dann würde die Arbeit von neuem beginnen. Er würde
sich einen Brack suchen müssen, der an Moras' Stelle Glar Wandog
zum Observatorium begleitete, ohne Verdacht zu erregen. Ellert hatte
keine Ahnung, ob das möglich war.
Vielleicht ließen sie aber Moras auch früh genug wieder
laufen.
Der Polizeiwagen glitt schließlich in eine Einfahrt. Auf
einem Hof hielt er. Die Uniformierten gaben Ellert einen Wink.
"Wir sind da, Moras. Kommen Sie mit!"
Sie behandelten ihn höflich, aber mit äußerster
Bestimmtheit. Sie taten ihre Pflicht, und sie waren sich dieser
Tatsache bewußt.
Der Präfekt erwartete sie.
"Setzen Sie sich, Moras." Er räusperte sich, und
man sah ihm an, wie unangenehm ihm der Zwischenfall war. "Eine
dumme
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