PR TB 009 Invasion Der Puppen
Atem, als Kersh das Wort Vater aussprach. Rhodan tat, als
sei er nicht über Kershs Wissen überrascht.
„Das ist schwer zu sagen", meinte er. „Vermutlich
würden die Puppenträger den Befehl erhalten, euch zu
töten."
Einen Augenblick noch ruhten Kershs Blicke auf Rhodan, in seinen
Augen entstand ein eigenartiges Glänzen. Er rieb die Handflächen
an seinen nassen Kleidern. Dann machte er zwei Schritte auf den
Dachrand zu und sprang auf den Boden hinunter. Der Aufprall seiner
Füße war kaum hörbar.
„Kersh!" rief Borghese, die Gefahr einer Entdeckung
mißachtend. Der Junge war bereits im Nebel verschwunden.
Borghese starrte Rhodan an wie ein Verrückter.
„Was hat er vor?" fragte er außer sich. „Warum
ist er geflohen?"
Schweigend deutete Rhodan mit dem Daumen auf das Dach. Borghese
schloß die Augen. Ein dumpfer Laut kam über seine Lippen.
„Sie glauben, daß er in das Haus eingedrungen ist?"
„Ja", erwiderte Rhodan.
Borghese machte einen Schritt auf Rhodan zu und packte ihn an den
Schultern. Seine Augen waren schmale Schlitze. Ruhig hielt Rhodan
seinen wilden Blicken stand. „Sie haben ihn hierhergebracht!"
zischte Borghese.
„Lassen Sie mich los", verlangte Rhodan gelassen.
Borghese schien wie von Sinnen. Doch er lockerte den Griff und
ließ gleich darauf die Arme hängen.
„Sie haben nie viel von Ihrem Sohn gewußt", sagte
Rhodan. „Es fällt Ihnen schwer, ihn zu verstehen. Dabei
ist er wie Sie - und das ist alles, was fremdartig an ihm ist."
„Ich folge ihm", verkündete Borghese mit
plötzlicher Entschlossenheit. „Das wäre ein weiteres
sinnloses Opfer", sagte Rhodan. „Obwohl es gleichgültig
ist, wie wir unsere Niederlage hinnehmen."
Borghese trat an den Dachrand.
„Gehen Sie nicht", sagte Rhodan eindringlich.
Ohne ihn anzusehen, antwortete der Kolonist: „Er ist mein
Sohn." Mit diesen Worten sprang er vom Dach. Sekunden stand
Rhodan völlig bewegungslos da. Seltsamerweise war sein
Empfindungsvermögen fast ausgelöscht, er fühlte
überhaupt nichts, nur das eintönige Rauschen des Regens war
in seinen Ohren. Mit steifen Schritten ging er auf den
Entlüftungsschacht zu. Er wußte nicht, warum er den beiden
Männern von Quentins Planet nicht folgte. Er empfand weder
Verzweiflung noch Furcht. Es war, als erlebte er als unbeteiligter
Zuschauer ein schreckliches Geschehnis. Er wußte auch, warum
das so war. Sein messerscharfer Verstand hatte erkannt, daß er
am Ende angelangt war. Zwar konnte er noch über das Dach gehen
und einen Blick in den Entlüftungsschacht werfen. Doch diese
Aktion gehörte schon zum Schlußakt. Innerhalb kurzer Zeit
würde der Mensch Perry Rhodan zu existieren aufhören.
Rhodan umklammerte den Rand des Entlüftungsschachtes und
schob den Kopf unter den Regenkonus. Er dachte daran, daß er im
Jahre 1936 geboren war. Das bedeutete, daß er jetzt
dreihundertvierundsiebzig Jahre alt war.
Er hatte eine unglaublich lange Zeit gelebt. Gemessen an den
Geschehnissen im Universum hatte er in dieser Zeit nicht mehr als
einen Atemzug getan. Dabei schien das Jahr 1936 unvorstellbar weit
zurückzuliegen, es schien legendäre Geschichte zu sein und
war doch erst vor einer Sekunde verstrichen, wenn man die Zeit an der
Ewigkeit maß. Rhodan blickte in den Raum hinunter und sah Kersh
eintreten.
*
Kersh war stolz darauf, daß er die Angst vor den Puppen
überwunden hatte. Das, was er vom Dach aus gesehen hatte, war
nichts Unnatürliches. Es hatte ihn nur durch die völlige
Fremdartigkeit erschrecken können.
Noch wußte er nicht, was er im Innern des Gebäudes
unternehmen sollte - wenn es ihm überhaupt gelang, durch den
Eingang vorzustoßen. Das tatenlose Warten auf dem Dach - das
Warten auf sein Ende, erschien ihm jedoch wesentlich schlimmer als
ein direktes Vorgehen. Vielleicht gelang es ihm, irgend etwas zu tun,
was die Pläne der beiden verunglückten Tammater
durchkreuzen konnte. Ohne Hast glitt Kersh durch den Nebel auf den
Eingang zu.
Befriedigt stellte er fest, daß der Eingang unbewacht war.
Als er ihn fast erreicht hatte, näherten sich vier Befallene von
der anderen Seite. Als sie Kersh erblickten, blieben sie stehen und
streckten die Arme aus.
„Halt!" rief einer der Puppenträger.
Kersh schlüpfte durch den Eingang ins Innere des Gebäudes.
Warme Luft schlug ihm entgegen. Ein ätzender Geruch drang in
seine Nase, der gleiche Geruch, den er bereits auf dem Dach empfunden
hatte. Im Augenblick hielten sich neun oder zehn Männer hier
auf. Sie
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